Heirs of Kilronan 01 - Geheimnisvolle Versuchung
wer weiß, was passiert wäre, wenn ich nicht ...«
Aidan unterbrach ihn mit einem kühlen, humorlosen Lächeln. »Wenn du nicht mit ihr gekommen wärst, würdest du jetzt ans Packen denken, um dem neuen Earl hier Platz zu machen.«
Jack erschauderte. »Sag nicht so was, Mann.«
»Auch wenn ich es nur ungern zugebe, hast du mir doch mit deiner Einmischung die Haut gerettet. Und dafür danke ich dir.«
»Dann ist also alles verziehen?«
»In dieser Hinsicht, ja.« Aidan drehte eine letzte, steife Runde durch das Zimmer, weil die alte Verletzung an seinem Schenkel wieder pochte. Am Fenster blieb er stehen und schob die Vorhänge beiseite, um in den Garten hinunterzublicken, als könnte er die Dunkelheit durchdringen und sehen, was hinter dem schwachen Lichtschein seiner Kerze lag.
Die Nacht atmete wie ein gigantisches Tier. Aidan erschauderte, als er an die Kreatur namens Lazarus dachte, an den leeren, mitleidlosen Blick, mit dem sie zuschlug, aber auch an das seltsame Bedauern, das für Sekundenbruchteile darin erschienen war.
Was für ein Satan musste das sein, der einen Mann aus den Gebeinen seines früheren Lebens wiedererschuf? Und was für eine Hölle musste diese Existenz für jemanden sein, der sich von der Hexerei eines Wahnsinnigen geknechtet sah?
»Hast du über Helenas Vorschlag nachgedacht? Wirst du das Tagebuch den Amhas-draoi anvertrauen?«
Aidan grinste. »Sie ist also schon Helena für dich?« Aber dann verhärtete sich sein Blick, und sein Kinn ließ eine grimmige Entschlossenheit erkennen. »Nein. Das Tagebuch bleibt bei mir.«
Jack trat zu ihm ans Fenster. »Diese Kreatur ist immer noch da draußen, Aidan. Und du hast gehört, was Helena sagte – dieser Lazarus wird nicht aufgeben. Außerdem weißt du nicht, was dieses verfluchte Buch noch mehr anrichten wird, bevor alles vorbei ist. Es muss einen guten Grund geben, warum Brendan so versessen darauf ist.«
»Nicht Brendan!«, fauchte Aidan.
»Du hast gehört, was Helena ...«
»Ich habe sie ein überzeugendes Argument vorbringen hören, ja. Aber es war nicht überzeugend genug, um mich umzustimmen. Brendan ist kein Schwarzer Magier, der lebende Albträume aus toten Körpern heraufbeschwört.«
»Ich weiß, dass du es nicht glauben willst«, sagte Jack. »Aber es macht Sinn. Denk doch nur an Brendans Verschwinden so kurz vor dem Mord an deinem Vater. An seine fortgesetzte Abwesenheit nach so vielen Jahren. Und wer sonst hätte wissen können, dass dein Vater ein Tagebuch führte?«
Aidan hatte sich schon selbst durch all diese Argumente durchgekämpft und war zu Schlussfolgerungen gelangt, die er seinem skeptischen Cousin jetzt zu erklären versuchte. »Wenn er das Tagebuch wollte, warum hat er es dann nicht einfach mitgenommen, als er verschwand? Warum sollte er sechs Jahre warten, um es sich zu holen? Oder warum kommt er nicht einfach selbst und bittet mich darum? Er ist mein Bruder und kein Fremder. Er müsste wissen, dass ich es ihn lesen lassen würde, so lange er will. Er braucht nicht zu töten, um daranzukommen.« Aidan schüttelte den Kopf. »Jemand anderes steckt dahinter. So muss es einfach sein.«
Mit einem widerstebenden Achselzucken stimmte Jack den Überlegungen seines Cousins zu.
»Nein, ich behalte das Tagebuch. Cat und ich haben bisher nicht einmal richtig die Oberfläche angekratzt.«
»Und wie gedenkst du lange genug am Leben zu bleiben, um die Übersetzung zu beenden?«
Auch das hatte Aidan sich schon überlegt. »Indem ich weggehe«, antwortete er prompt. »Von jetzt an hast du Kilronan House ganz für dich allein.«
»Wie schön! Du lässt mich also hier, um deinen unerwünschten, untoten Besucher fernzuhalten?«, versetzte Jack mit einem grimmigen Lächeln. »Ich werde versuchen, meine Begeisterung zu bezähmen.«
Die Steifheit frisch gestärkter Laken. Das beruhigende Gewicht einer warmen Decke. Das Gezwitscher von Vögeln draußen vor dem Fenster. Der schwache Duft von Pimentöl. Das waren Cats erste Eindrücke beim Erwachen.
In einem Zimmer, das in strahlenden Sonnenschein getaucht war, öffnete sie die Augen, blinzelte gegen die grelle Helligkeit, als sie sich umsah, und versuchte, die jüngsten Ereignisse zu rekonstruieren.
Wie überall in Kilronan House, wies auch dieses Schlafzimmer Anzeichen für den Geldmangel seines Besitzers auf. Nichts wirklich Schlimmes, nur eine allgemeine Atmosphäre chronischer Vernachlässigung – Stuckdecken, die eine Reparatur benötigten, ein feiner, langer Sprung
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