Heiss Glüht Mein Hass
die Hand. Christine war … die Eine gewesen. Er vermisste sie.
Aber ich mag mein Leben, wie es ist.
Obwohl er sich manchmal tatsächlich wünschte, er hätte jemanden zum Reden. Zum Teilen. Und natürlich, das musste er auch zugeben, war da der körperliche Aspekt. Es war lange her, seit er mit einer Frau zusammen gewesen war. Lauren hätte ihn nicht daran erinnern müssen.
Er hatte nie einen Ersatz für Christine gesucht, denn keine Frau konnte sie ersetzen. Sie hatte Schönheit in sein Leben gebracht und seine Seele berührt. Aber sein Körper hatte Bedürfnisse. In den ersten Jahren nach Christines Tod hatte er geglaubt, er könne diese Bedürfnisse diskret bei Frauen stillen, die nicht an längerfristigen Beziehungen interessiert waren. Aber er hatte schnell festgestellt, dass solche Wesen auf dieser Erde nicht existierten.
Jede Frau, die ihm versprochen hatte, keine Ansprüche zu stellen, keine feste Bindung anzustreben, hatte irgendwann genau das getan. Und er hatte jede Einzelne verletzen müssen, weil er zu dem stand, was er von vornherein gesagt hatte.
Dummerweise bedeutete keine Ansprüche plus keine Verletzungen auch, dass es keinen Sex gab. Also hatte er keinen Sex mehr gehabt. Nicht schön, aber auch nicht der Weltuntergang, wie alle immer taten. Immerhin konnte man sich in Disziplin üben. Was er beim Militär gelernt hatte, konnte ihm nun gute Dienste leisten. Er mochte sein Leben. Sein ruhiges Leben. Aber heute kam ihm die Ruhe intensiver vor als sonst.
Er stellte Christines Bild wieder auf den Nachttisch und zog die Schublade auf, in der er seit elf Jahren unter einem Stapel Geburtstags- und Vatertagskarten das Buch versteckt hielt. Behutsam holte er es hervor und strich zärtlich mit dem Daumen über den Einband. Es war nicht größer als seine Handfläche, und doch ganz Christine. Ihr Wesen. Das Buch öffnete sich auf der Seite, die er am häufigsten aufschlug. Sie hatte das Gedicht einfach »Wir« genannt:
Zarter Spross aus goldnem Grün
biegsamer Stamm und erste Blätter
zu frisch, um existent zu sein.
Engelshaarwurzeln
Fest in der Faust eines schroffen Felsens,
den Schatten schützen,
der den Wind zurücktreibt
und es umklammert
und Regentropfen landen sanft
wie ein Kuss.
Geschmiegt gegen das stopplige Felsengesicht,
entfaltet sie ihre Wedel
und trinkt das Morgenlicht.
Genährt durch sein Mineralienherz,
wächst sie im Leben, das er ihr gibt, üppig heran,
bis niemand mehr weiß, wer wen gerettet hat.
Ihr Blätterdach nun das Dach über seinem Kopf
Seine steinerne Schlucht nun ihr innerster Grund.
Ein leises Klopfen an seiner Tür jagte seinen Puls in die Höhe. Er schob das Buch wieder unter die Karten und kam sich augenblicklich albern vor. Es war nur ein Buch. Kein böses Geheimnis, das man hastig verstecken musste.
Nein. Es war nicht nur ein Buch. Es war eine Erinnerung.
Meine.
»Komm rein.«
Lauren steckte den Kopf durch die Tür und sah ihn betreten an. »Tut mir leid, Reed. Ich bin zu weit gegangen.«
»Schon gut. Belassen wir es einfach dabei.«
»Okay, dann … gute Nacht.« Sie drückte die Tür sanft zu, und er seufzte.
Dann musste er plötzlich leise lachen, denn aus dem Nichts tauchte das Bild von Mia Mitchell vor seinem inneren Auge auf, wie sie auf Zehenspitzen Nase an Nase mit diesem arroganten Junganwalt gestanden hatte. »Böse Buben namens Bubba«, murmelte er. Irgendwie konnte er sich nicht vorstellen, dass eine Dichterlesung das Richtige für eine erste Verabredung war. Mitchell würde bestimmt etwas Handfesteres vorziehen. Football. Hockey. Dann schüttelte er den Kopf.
So ein Unfug.
Er würde sie nicht fragen.
Mit Mia Mitchell gab es keine erste Verabredung. Sie war definitiv nicht sein Typ. Er sah zu Christines Bild hinüber.
Sie
war sein Typ. Seine Frau war anmutig und elegant gewesen, und wenn sie etwas im Schilde geführt hatte, hatten ihre Augen gefunkelt. Mitchell war frech und direkt, und jede ihrer Bewegungen zeugte von Energie und Kraft. Wenn sie sprach, musste man nichts interpretieren, nichts deuten. Die Frau redete ohne Umschweife.
Sein Blick blieb an der Schublade hängen, in der das Buch lag. Die Worte darin waren Christines Innerstes gewesen. Und auch seins. Er konnte sich nicht vorstellen, dass eine Frau wie Mia Mitchell das zarte Gleichgewicht von Wort und Emotion zu schätzen wusste. Nicht, dass Mia dadurch ein schlechterer Mensch war. Und nicht, dass es irgendeine Bedeutung hatte. Sie hatten eine befristete berufliche
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