Heiß wie der Steppenwind
Dussowa sprang auf, aber der Kleine war schneller, griff nach ihrem gelbseidenen Morgenrock und hielt sich daran fest, als sei's eine Rettungsleine.
Wen wundert's, daß der Morgenrock das stumme Ringen nicht überstand und mit einem häßlichen knirschenden Laut zerriß? Plötzlich stand die Dussowa entblößt da, in herrlicher Schönheit, ein weißes Gebirge der Lust, so schien es Godunow, der über die Dielen kugelte und einen Fetzen gelber Seide wie eine eroberte Fahne schwenkte. Einem jagenden Wolf gleich sprang er blitzschnell wieder auf die Beine, senkte den Kopf und stieß in das weiße Fleisch hinein. Er traf die Dussowa genau in den Magen, sie schwankte, fiel über das Bett, rang nach Luft und zerkratzte Marko die Glatze, als er über sie hüpfte wie ein Hund über eine Hündin.
Marianka Jefimowna wehrte sich, wie eine Frau sich wehren kann, mit Beißen, Stoßen, Tritten, Faustschlägen, aber sie verlor kaum ein Wort dabei. Eine Dussowa schreit nicht um Hilfe.
»Du ekelhafte Qualle!« keuchte sie später und hieb ihm zwischen die Augen.
Mit einem ächzenden Laut, so voll aus der Tiefe, daß Marko für ein Wimpernzucken innehielt, streckte sich die Dussowa endlich und schlang die Arme um den Körper des Zwerges. »Das ist dein Tod«, stammelte sie, während er sich wie toll auf ihrem Fleisch benahm. »Das wirst du nicht überleben …«
Erst beim Morgendämmern verließ sie ihn, huschte in ihr Zimmer, schleuderte den zerfetzten Morgenrock in die Ecke und stellte sich vor den Spiegel. Noch bebte ihr Körper, die Kratzspuren auf ihrer Haut begannen sich aufzuwölben und brannten wie mit Pfeffer bestreut.
»Es hat dir sogar Spaß gemacht«, sagte die Dussowa mit schrecklicher Dumpfheit. »Was ist aus dir geworden …« und sie bespuckte ihr Spiegelbild.
Z WÖLFTES K APITEL
Sadowjew war durchaus nicht erfreut, als unverhofft Dr. Pjetkin vor seinem Haus hielt und sich von einem schauerlich knatternden Motorrad schwang. Sie saßen gerade um den Tisch zum Abendessen, Anna Sadowjewa hatte mit Speck angereicherten Hirsebrei und würzige Gurken aufgetragen, der Kwass duftete im Tonkrug, und es war alles in allem ein geruhsamer Abend geworden, nachdem sich Sadowjew in seiner Eigenschaft als Vorsitzender der Dorfproduktionsgenossenschaft den ganzen Tag geärgert hatte über die Uneinsichtigkeit seiner Genossen. Und gerade jetzt, als sich Sadowjew ausstreckte, die Beine unter den Tisch reckte und den ruhigen warmen Abend genoß, ratterte es draußen auf der Straße wie ein verrostetes Maschinengewehr und knallten schaurig einige Fehlzündungen.
Sadowjew sprang auf und rannte ans Fenster. »Wer hat hier ein Motorrad?« schrie er, als wenn die Frauen darauf eine Antwort geben könnten. »Nur der Bezirkssekretär. Er fehlt mir noch zu meinem Glück! Anna, versteck die Gurken, der Kerl frißt wie ein Stier im Winter.«
Er zog seine gestrickte Jacke an, setzte das runde Käppchen auf den Schädel und zog die Spitzen des langen Schnurrbartes durch die Finger. Dabei ging er im Geiste noch einmal alles durch, was in den letzten Monaten im Dorfsowjet besprochen worden war. Sadowjew seufzte tief und blickte seine Frau Anna traurig an und schlich sich wie ein geprügelter Hund vor das Haus.
Dort stieß er auf dem Weg zum Flechtzaun auf Dr. Pjetkin, der seine Maschine angebunden hatte wie ein Pferd. Sadowjews Miene verfinsterte sich noch mehr. »Sie sind mit dem knatternden Ungeheuer gekommen?« fragte er. Breitbeinig stellte er sich Pjetkin in den Weg. »Was wollen Sie, Genosse?«
»Ich hatte versprochen, wiederzukommen«, sagte Pjetkin fröhlich.
»Ach so. Ja.« Sadowjew rührte sich nicht vom Fleck. »An eingehaltene Versprechungen haben wir uns noch nicht gewöhnt.«
»Wenn es möglich ist, möchte ich Dunja sprechen.«
Das ist wieder so ein gemeiner hinterhältiger Satz, dachte Sadowjew. Wenn es möglich ist … natürlich ist das möglich. Sie müßte schon auf dem Mond sein oder begraben, um auf diese Frage mit einem Nein zu antworten. Er überlegte, wie man ausweichen könnte, aber so schnell fand er keinen Ausweg, und so nickte er mit finsterer Miene zum Haus hin. »Wir essen gerade. Haben Sie Hunger, Genosse? Dürfen wir Sie einladen? Hirsebrei mit Gurken.«
Er drehte sich um, stampfte auf seinen krummen Reiterbeinen zum Haus, stellte sich in den Vorraum und brüllte: »Besuch! Igor Antonowitsch! Annuschka, hol die Gurken wieder hervor!« Dann half er Pjetkin aus dem Mantel und ärgerte sich, daß Dunja die
Weitere Kostenlose Bücher