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Heiß

Heiß

Titel: Heiß Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerd Schilddorfer
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Bhutto, Präsident Musharraf oder General Zia-ul-Haq – Juan hatte allen die Hände geschüttelt und eloquent die Sache der Kalash vertreten. Sein Urteil wurde von den lokalen Clans ebenso bedingungslos akzeptiert wie von der Distriktregierung, seine Klugheit weithin geschätzt.
    Gewalt war für den großen, weisen Mann der Kalash nie eine Option gewesen, sondern nur ein Weg ins Verderben. Die Entwicklungen in Pakistan und die verlustreichen Kriege in Afghanistan hatten ihm recht gegeben. Frustriert von der Unbelehrbarkeit der Mächtigen dieser Welt hatte er sich immer öfter in die Wälder zurückgezogen, wo er schweigen und doch Zwiesprache halten konnte mit all dem, was ihm heilig war, fern vom Trubel der großen Politik und den Fernsehkameras.
    Der alte Mann fuhr fast zärtlich mit der Hand über das Holz, aus dem sein wichtigstes Werk entstehen sollte. Er hatte lange darüber nachgedacht, abgewogen und überlegt, fast drei Jahre hatte er sich dafür Zeit genommen. Waren seine Symbole und Figuren bisher verständlich für alle gewesen, die sich mit der Geschichte der Kalash beschäftigt hatten, so musste er nun vorsichtiger sein. Juan wollte nicht zu viel verraten, das würde er sich niemals verzeihen. Nein, dieses Werk musste subtiler sein, unterschwelliger, und durfte seine Botschaft nur den Eingeweihten offenbaren.
    Selbst wenn die Sprache der Kalash irgendwann in naher Zukunft ganz verstummen sollte.
     
    Die fünf Männer in ihren schmutzigen, traditionellen Umhängen und ausgebleichten Turbanen lagen hinter einigen Felsbrocken in Deckung. Zwei von ihnen beobachteten durch Feldstecher die kleine Hütte am Waldrand, während die anderen drei die Umgebung sicherten, den Finger am Abzug ihrer Kalaschnikows. Ehemals rote Tücher, die durch den jahrelangen Gebrauch in den Bergen des Hindukusch ockerbraun geworden waren, verhüllten ihre Gesichter bis auf die Augen.
    Auf ein Zeichen ihres Anführers sprangen sie auf, schnelle, lautlose Schatten zwischen den Steinen. Der Hang senkte sich gleichmäßig zur Talsohle hin, in der Ferne konnte man den kleinen Ort am Fluss erkennen und ein paar Frauen, die unbekümmert plaudernd beisammen standen. Doch die Entfernungen täuschten in der klaren Luft der Berge. Bis ins Tal war es ein Fußmarsch von mehr als sechs Stunden.
    Doch die Männer hatten ein ganz anderes Ziel.
    Als sie im dichten Wald unter den Zweigen der ersten Bäume angelangt waren, atmeten die fünf auf. Der schwierigste Teil ihres Einsatzes war geschafft. Die großen Eichen boten einen hervorragenden Schutz gegen Entdeckung, das karge Moos dämpfte ihre Schritte.
    Niemand sollte sie kommen sehen.
    In diesen Bergen war es zwar wahrscheinlicher, einem Schneeleoparden zu begegnen als einem anderen Menschen. Aber gerade bei den Kalash, den Kindern der Natur, musste man vorsichtig sein. Sie verstanden es, Spuren zu lesen und die Warnrufe der Vögel zu deuten. Sie waren eins mit der Natur.
    Ein leiser Pfiff ertönte, und die vier Männer wandten die Köpfe. Ihr Anführer hatte aus einer Tasche seines Umhangs ein hochmodernes GPS -Ortungssystem gezogen und die Route zur Hütte berechnet. Nun wies er stumm in den Wald und trabte los. Es war nicht mehr weit.
    Sie konnten die Axtschläge schon hören, bevor sie die Lichtung sahen. Gebückt, jede Deckung ausnutzend, näherten sich die fünf Männer vorsichtig der Hütte. Zwischen den Zweigen der Büsche erkannten sie den alten Mann, der auf ein Stück Holz einschlug und ihm so eine bestimmte Form gab. Gruppen von großen, dunklen Figuren mit Pferden und mützenartigen Kopfbedeckungen standen um die Lichtung, wie eine Einheit von stummen und unbeweglichen Wächtern, die von den Waldgeistern verwünscht worden waren und nun jahraus, jahrein den Gezeiten trotzen mussten.
    Der Anführer steckte das GPS -Gerät wieder in seine Tasche und holte seinen Feldstecher hervor. In aller Ruhe beobachtete er den Bildhauer, verglich im Geiste dessen Gesicht mit den Fotos, die er vor fünf Tagen in einem Hotel erhalten hatte. Kein Zweifel, der alte Mann war Shah Juan.
    Doch noch erhob er sich nicht, sondern wartete geduldig. Er wollte ganz sichergehen, dass der Alte allein war. Das Letzte, was sie jetzt brauchen konnten, waren Zeugen, das hatte ihm sein Auftraggeber unmissverständlich klargemacht. Alles musste schnell, glatt und erfolgreich verlaufen, bevor sie mit den richtigen Informationen wieder zurückkehrten.
    Auf der Lichtung vor der Hütte machte Shah Juan eine kurze Pause,

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