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Heiß

Heiß

Titel: Heiß Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerd Schilddorfer
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ansonsten Gegenstände anzuhäufen, die ihr in die Finger kamen.
    Sie ging es systematisch an. War eines der hohen Zimmer vollgeräumt, dann wurde es einfach abgeschlossen und die Sammlung im nächsten fortgesetzt. Da ihre Wohnung den gesamten ersten Stock eines Patrizierhauses beim Olivaer Platz einnahm, konnte Louise in Ruhe jahrzehntelang ihrer Leidenschaft frönen, bevor sie sich platzmäßig einschränken musste. Bevor sie, von Altersschwäche gezeichnet, die letzte Woche ihres Lebens im Krankenhaus verbrachte, hatte sie nur mehr in der Küche und einem kleinen Kabinett gehaust. Der Rest der Wohnung, angefüllt mit Schätzen aller Art, war kaum mehr betretbar gewesen.
    Die Erben rieben sich angesichts der traurigen Mitteilung vom Ableben der etwas spleenigen alten Dame erwartungsvoll die Hände, und Thomas Calis musste sich eingestehen, dass auch er keine Ausnahme bildete. Als er hörte, dass seine Lieblingstante das Zeitliche gesegnet hatte, war er mit einem Gefühl freudiger Erwartung zu Frank Lindner, seinem Chef, gegangen, hatte sich einen freien Tag genommen und war schließlich beschwingt zur Testamentseröffnung geradelt.
    Die Enttäuschung war umso größer gewesen, als der Notar das Schriftstück verlesen hatte und Thomas Calis’ Name nicht gefallen war. Louise hatte alle bedacht, ihn aber offenbar vergessen! Die Sammlung alter Meister ging an ihren jüngeren Bruder Leon, die Bibliothek an Cousine Marianne und die Biedermeier- und Jugendstilmöbel an Tante Sophie, der Schmuck an Rosemarie, der Inhalt des Kabinetts an ihren Neffen Walter … und so ging es weiter.
    Seitenlang.
    Als der Notar das Testament endlich verlesen hatte, griff er gierig nach einem Glas Wasser, das auf dem modernen Schreibtisch stand, leerte es mit einem Zug und holte danach tief Luft. »Ach ja, da haben wir noch einen Zusatz«, murmelte er, als er einen angehefteten und gestempelten kleinen Zettel entdeckte, der dem Testament beigefügt war. »Meinem Neffen Thomas Calis vermache ich den Kleingarten in Berlin-Charlottenburg, den mein seliger Mann damals nach dem Krieg erworben hat. Ich weiß, dass er somit in die besten Hände kommt.«
    Der Notar blickte suchend auf und schaute direkt in die verständnislosen Augen des völlig vor den Kopf gestoßenen Erben.
    »Kleingarten?«, hörte Calis sich krächzen, »Laubenpieper? Is’ nicht wahr …«
    Niemand aus der Familie hatte ihm gratuliert.
    Kein bisschen Neid hatte sich in den Augen der Angehörigen abgezeichnet, nur stummes Mitleid. Bis dato hatte niemand gewusst, dass Louischen ein Grundstück in einer Kleingartenanlage mit dem bezeichnenden Namen »Sonntagsfrieden« am Goslarer Ufer ihr eigen nannte. Nun war es also in die treusorgenden Hände von Lieblingsneffen Thomas Calis übergegangen.
    Geschah ihm recht.
    Mit der schüchternen Frage: »Gibt es vielleicht die Möglichkeit, die Erbschaft auszuschlagen?«, war Calis schließlich völlig zum Paria geworden. Die entrüsteten Blicke der übrigen Verwandtschaft, verbunden mit einem entsetzten, kollektiven Kopfschütteln, hatten ihn an den Sessel genagelt.
    Von diesem Zeitpunkt an hatte ihn keines der übrigen Familienmitglieder mehr beachtet.
    So hatte Thomas Calis alles verdrängt: die Testamentseröffnung, Tante Louise, den Kleingarten, die Akte Sonntagsfrieden. Er hatte sich in die Arbeit gestürzt, war mit Alice, seiner neuen Freundin, auf einen Kurzurlaub nach Marienbad gefahren und hatte bei seiner Rückkehr einen knallgelben Zettel mit einer Telefonnummer auf seinem Schreibtisch vorgefunden. »Dringender Rückruf«, stand darauf, dann eine Nummer und »unverzüglich!«.
    Was dann kam, sollte er nicht so schnell wieder vergessen. Ein entrüsteter Vorsitzender des Kleingartenvereins »Sonntagsfrieden« hatte ihm im Laufe eines eher einseitig geführten Gesprächs ein klares Ultimatum gestellt: »Der Garten mit der Nummer 9 / 54 , den Sie von Ihrer Tante geerbt haben, muss bis zur Eröffnung der Saison 2011 am Ostermontagabend auch tatsächlich einer zivilisierten Grünfläche ähnlich sehen und nicht einer zugewachsenen Deponie mit einem halb verfallenen Haus. So etwas ist unserer Gemeinschaft unwürdig! Hier gibt es Regeln und Pflichten, Richtlinien und Satzungen! Wir haben mit Rücksicht auf den angegriffenen Gesundheitszustand Ihrer Tante und des hohen Alters beide Augen zugedrückt, aber nun ist die Schonfrist vorbei. Sie glauben wohl, nur profitieren zu können?«
    »Wovon?«, hatte Thomas Calis halbherzig

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