Heiß
Indira Gandhi, New Delhi/Indien
»Willkommen in Indien, Mr. Finch!«
Der Unteroffizier in der eleganten Uniform der indischen Luftwaffe mit den drei Winkeln auf den Epauletten hatte vorschriftsmäßig die Kappe unter den Arm geklemmt und salutierte zackig. Die makellosen, kerzengeraden Bügelfalten wurden nur noch von dem gestärkten blütenweißen Hemd übertroffen, während der schwarze Schnurrbart mit den auf Hochglanz polierten Schuhen um die Wette glänzte.
John Finch wartete nur mehr auf die Salutschüsse, die in wenigen Sekunden über dem Airport erklingen mussten.
»Mein Name ist Sergeant Arman Prakash, und ich habe den Auftrag, Sie so schnell wie möglich zum Luftwaffenstützpunkt Hindon Air Force Base zu bringen, und ich möchte nicht drängen, Sir, aber wir haben nicht viel Zeit und sollten deshalb unverzüglich zum Wagen gehen.«
Prakash feuerte seine Sätze mit der Geschwindigkeit einer Maschinenpistole ab, und Finch hatte Mühe, seinem indischen Englisch zu folgen. Oder seinem englischen Hindi. Während der Pilot noch darüber nachdachte, hatte der Sergeant bereits wieder durchgeladen und schoss verbal eine Breitseite aus der Hüfte. Dabei sah er Finch mit leuchtenden Augen erwartungsvoll an.
»Ich hoffe, Sie hatten einen guten Flug, und ich darf Ihnen versichern, Sie haben ganz schön viel Bewegung in die Mannschaften gebracht, wenn ich das so sagen darf, Sir, weil jede Menge Techniker und fliegendes Personal die letzten vierundzwanzig Stunden durcharbeiten mussten, zumindest munkelt man das auf der Basis. Ich bin zwar nicht eingeweiht in die Aktion, weil sie unter höchster Geheimhaltungsstufe läuft, aber …«
Finch schnitt den Redefluss mit einer Handbewegung ab. »Sergeant, Sie haben selber gemeint, wir müssten uns beeilen. Wo steht Ihr Wagen?«
Prakash nickte eifrig. »Völlig richtig, Sir, völlig richtig. Soll ich Ihr Gepäck holen lassen?«
Der Pilot schüttelte den Kopf. »Ich habe nur meinen Seesack, und der ging als Handgepäck gerade noch durch. Vorteil der Upper Class. Machen wir uns also auf den Weg.«
Als Finch aus dem klimatisierten internationalen Terminal ins Freie trat, traf ihn nicht nur die brütende Hitze von 32 Grad wie der sprichwörtliche Schlag ins Gesicht. Vor ihm, am Rande des Vordachs, parkten zwei Range Rover mit dem Abzeichen der Luftstreitkräfte an den Türen und rotierendem Blaulicht auf dem Dach, flankiert von sechs Motorradfahrern auf schweren japanischen Motorrädern. Drei martialisch aussehende Soldaten in Tarnanzügen, bis an die Zähne bewaffnet, eilten Prakash und Finch entgegen und drängten andere Fluggäste dabei erbarmungslos zur Seite, um eine Gasse zu bilden.
Finch verzog missbilligend das Gesicht und hielt den Sergeant am Ellbogen zurück.
»So viel zu einer unauffälligen und dezenten Art, Gäste vom Flughafen abzuholen«, zischte er ihm zu. »Fehlt noch, dass Sie die lokale und internationale Presse bestellt haben. Halten Sie das für eine gute Idee? Ich nämlich nicht. Jetzt weiß so ziemlich jeder, egal ob es ihn interessiert oder nicht, dass ich in Indien bin.«
Prakash zuckte unbeeindruckt mit den Schultern. »Anordnung vom Oberbefehlshaber des Western Air Command in Abstimmung mit dem Air Marshall der Indischen Luftwaffe, Sir. So schaffen wir die vierundvierzig Kilometer nach Hindon in der Hälfte der Zeit. Normalerweise braucht man rund um Delhi mehr als eine Stunde, aber so können wir sicher sein …«
»Ist ja gut, ist ja gut«, murmelte Finch ergeben, ließ den immer noch redenden Prakash los und eilte, eskortiert von den drei Soldaten in Kampfanzügen, zum ersten Geländewagen und stieg ein. Hinter sich hörte er, wie der Sergeant ins Fahrzeug kletterte.
»… und Zeit ist etwas, das Sie nicht haben, wie mir mitgeteilt wurde«, beendete Prakash seine Tirade, schloss den Wagenschlag , lächelte Finch an und klopfte mit der flachen Hand gegen den Vordersitz.
Im selben Augenblick ertönte von draußen das Röhren der schweren Motorräder, die sich vor die Wagen setzten. Sirenen heulten auf, Blaulichter zuckten, und dann wurde Finch in die Polster gepresst, als der Range Rover hinter der Eskorte auf dem vierspurigen Zubringer in Richtung Stadt beschleunigte. Selbst als sie die Autobahn nach Delhi erreicht hatten und der Verkehr stärker wurde, pendelte die Nadel des Tachometers unverändert bei 90 Meilen in der Stunde, und der Fahrer machte keinerlei Anstalten, vom Gas zu gehen. Energisch schaufelte die Motorradeskorte eine
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