Heiß
französischen Kolonien. Hitler würfelte Europa durcheinander und mischte damit selbst für Afrika die Karten neu.
Während um ihn herum die Eingeborenen wuselten, Karren mit Kisten und Säcken schoben, niedere Steigen mit Früchten und Ballen von Textilien übereinanderstapelten und sich laut rufend und lachend unterhielten, überschlugen sich in Majors Kopf die Gedanken. Die Fracht im Bauch der Schiffe, die nun auf den Hafen von Dakar zuhielten, war wohl weltweit einmalig. Als er mit London telefoniert hatte, konnte er es gar nicht glauben, dass die Handvoll Schiffe nicht in Casablanca anlegen würden, sondern nach Dakar umgeleitet wurden. Allerdings hatte sich die Situation mit jeder Stunde kompliziert. Die Deutschen mussten wohl ebenfalls Wind von dem Transport erhalten haben, weil mit einem Schlag neue Gesichter in Dakar auftauchten. Hochgewachsene, blasse junge Männer, die versuchten, im Hintergrund zu bleiben und sich doch wie die neuen Herren in Französisch-Westafrika aufführten und mit Geld um sich warfen.
Das Licht lockte die Motten, dachte Majors bitter.
Kein Wunder, angesichts der wertvollen Fracht.
Jetzt stellte sich Majors die Frage, wie er den Deutschen die Suppe versalzen könnte, bevor es zu spät war, ohne dabei selbst enttarnt zu werden. Er war nun seit fast einem Jahr in Dakar, leitete die inoffizielle Außenstelle des Service und saß doch nach den erschreckenden Entwicklungen in Europa auf gepackten Koffern. An manchen Tagen fragte er sich, ob er England jemals wiedersehen würde. Es beruhigte ihn, dass wenigstens Miranda in Sicherheit war. Wie lange es ihm gelingen würde, seine Fassade als umtriebiger Textilkaufmann noch aufrechtzuerhalten, stand in den Sternen.
Obwohl es noch früher Vormittag war, brannte die Sonne vom wolkenlosen Himmel und trieb die Quecksilbersäule des Thermometers an der Commanderie Du Port, der Hafenkommandantur, in die Nähe der Dreißig-Grad-Marke.
Nur die zahlreichen Soldaten, die plötzlich wie aus dem Nichts aufgetaucht waren, sich an den strategisch wichtigen Stellen postiert hatten und nun aufmerksam die Umgebung betrachteten, störten das friedliche und doch geschäftige Bild.
Majors wischte sich mit einem Taschentuch den Schweiß von der Stirn und beobachtete die Uniformierten aus dem Augenwinkel. Seit der Eroberung Frankreichs durch die Deutschen und dem damit verbundenen Regierungswechsel, war er als englischer Staatsbürger Persona non grata in den französischen Kolonien.
Und das war noch maßlos untertrieben.
Lediglich der Tatsache, dass er an den richtigen Stellen die passenden Summen bezahlte und die Franzosen ganz offensichtlich diplomatische Probleme in den politisch plötzlich so instabilen Kolonien vermeiden wollten, war es zu verdanken, dass er noch in Dakar war.
Trotzdem war Majors vorsichtshalber untergetaucht.
Seine offizielle Ausweisung war nur mehr eine Frage der Zeit. Würden ihn die Behörden danach noch hier erwischen, würde er als feindlicher Spion erschossen werden.
Die Zeit zerrann Majors also zwischen den Fingern. Die Geschichte würde ihm keinen Aufschub gewähren, das wusste er. Die Entscheidung in Europa rückte mit dem Fortgang des Krieges und Hitlers Expansionspolitik immer näher. Bald würde England alleine gegen den Rest des Kontinents stehen.
Und jetzt noch diese Schiffe.
Die vergangenen Monate hatte Majors genutzt, um seine Suche nach den Sieben Säulen zu intensivieren. Dank seiner Vorarbeit in Ägypten und der Aufzeichnungen von Shaw hatte er rasch große Fortschritte erzielt und das Gebiet eingegrenzt. Doch er musste sich auch eingestehen, dass er ohne die Hilfe dieses jungen Franzosen, den er eines Tages im Café des Palmiers getroffen hatte, niemals so weit gekommen wäre. Alphonse Cannotier, der trotz seiner fünfundzwanzig Jahre Wolof und noch einige der Eingeborenendialekte sprach, war für den Colonel ein Geschenk des Himmels gewesen. Der junge Mann mit der Kamera, wie ihn Majors getauft hatte, war der Sohn eines der höchsten französischen Verwaltungsbeamten des Landes. Hochgebildet, mit scharfem Geist und einer genialen Auffassungsgabe, war Cannotier nicht nur ein leidenschaftlicher Fotograf, sondern auch ein Kenner der Geschichte Westafrikas. Sein Fernstudium der Sciences techniques an der Universität von Lyon hatte er in Rekordzeit und mit Auszeichnung abgeschlossen.
Majors war stets aufs Neue verwundert, was Cannotier alles wusste.
Dann, eines Tages, hatte dieser ihm gestanden, dass er ein
Weitere Kostenlose Bücher