Heiß
stundenlanger Vernehmung und Taktiererei schließlich den Ausschlag gegeben. Thomas Calis hatte den Bildschirm des Laptops aufgeklappt und ihn einfach in von Strömborgs Richtung gedreht. Dann hatte er die Mails aufgerufen und war seiner Aversion gegen das gepanschte chemische Gebräu zum Trotz zum Kaffeeautomaten gepilgert, um sich einen angeblich doppelten Espresso zu holen und es Kriminalrat Klapproth zu überlassen, den Punkt zu machen.
Als er zurückgekommen war, einen bitteren Geschmack im Mund, der eher dubiosen als bohnentechnischen Ursprungs war, hatte von Strömborg resigniert. Kreutzers Aufzeichnungen, die Fotos, das Kennzeichen des Bentleys, das der Legionär notiert hatte … In Verbindung mit den DNA -Analysen und dem chemischen Gutachten war die Beweiskette erdrückend. Kreutzers Gedächtnisprotokolle von den beiden Besprechungen vor dem Auftragsmord hatten schließlich den Ausschlag gegeben: Von Strömborg hatte nach einem Telefonat mit seinen Anwälten und auf deren Anraten zugestimmt, mit der Polizei zusammenzuarbeiten.
Nach einer Pause von einer Stunde waren Trapp, Klapproth und Calis zur Vernehmung von von Strömborg erschienen. Nachdem Calis dem nun äußerst gesprächigen Schweden mehr als eine halbe Stunde zugehört hatte, ohne ihn zu unterbrechen, war er aufgestanden, hatte Trapp ein Zeichen gegeben, dem Kriminalrat zugenickt und das Büro verlassen. Augenblicke später stand die Oberkommissarin neben ihm auf dem Flur.
»Machen wir uns gleich auf den Weg?«, fragte sie, »oder holen wir uns noch einen Haftbefehl?«
Calis schüttelte den Kopf. »Keine Umwege. Womöglich riecht unsere Zielperson Lunte, und wir stehen vor verschlossenen Türen und einem leeren Haus. Wir nehmen unsere Waffen mit und fahren gleich. Ich will kein Risiko eingehen.«
Als sie an dem Kollegen am Empfang vorbeieilten, rief der ihnen nach. »Ich habe hier Autoschlüssel für Sie! Von der Spurensicherung. Die brauchen den Bentley nicht mehr. Was soll ich …«
»Immer nur her damit«, unterbrach ihn Calis und schnappte sich die Schlüssel, bevor Trapp etwas sagen konnte. »Ob wir noch eine Runde damit drehen oder er gleich ins Depot geht, ist auch schon egal. Die Spuren sind bereits ausgewertet, also was soll’s?«
Ohne auf den alarmierten Gesichtsausdruck der Oberkommissarin zu achten, die zu Protest ansetzen wollte, eilte Calis mit einem verschmitzten Grinsen zu der Limousine und ließ sich in die Polster des Fahrersitzes gleiten. Als Trapp einstieg und die Beifahrertür zuzog, sagte Calis: »Willkommen im Club der schnellen Ledersessel. Und immer schön lächeln, wenn es blitzt. Klapproth kommt dann sicher einfacher damit klar.«
Leise lachend startete er den Bentley, schaltete die Scheinwerfer ein und rollte aus dem Hof des Polizeipräsidiums. Die Oberkommissarin überlegte kurz, schmunzelte dann und lehnte sich in ihren Sitz zurück.
»An bestimmte Dinge wird er sich gewöhnen müssen«, meinte sie dann leichthin. »Du hast recht, man sollte ihn nicht zu sehr verwöhnen.«
»Dann habe ich diesmal dein Einverständnis für eine zügige Fahrweise?«, erkundigte sich Calis mit einem lausbübischen Grinsen.
Trapp nickte. »Eile ist geboten, Herr Kollege, wir sollten also nicht trödeln.«
»Dachte ich mir’s doch«, gab Calis zurück und drückte aufs Gas. Der Bentley machte einen Satz nach vorne wie eine hungrige Raubkatze und brauste los.
Der Fahrer der Kawasaki war seit Paris nur auf der linken Spur der Autobahn gefahren. Wann immer es der Verkehr zuließ, hatte er die Geschwindigkeitsbegrenzungen ignoriert. Zweimal war er in eine Radarfalle geraten, hatte die roten Blitze in Kauf genommen, weiter beschleunigt und nur zum Tanken angehalten.
Das Autobahnkreuz Alzey flog an ihm vorüber. Dank der späten Stunde nahm der Verkehr ab, obwohl die ersten deutschen Großstädte immer näher kamen. Mainz, Wiesbaden, Frankfurt – sie hatten das dicht besiedelte Rhein-Main-Gebiet erreicht. Zwei Lkws trugen auf einem kerzengeraden Teilstück ein Elefantenrennen aus, und anstatt das Tempo zu drosseln, schoss die Kawasaki nach kurzem Abbremsen zwischen den beiden Lastern hindurch, und der Fahrer gab wieder Gas. Das Manöver brachte ihm ein anerkennendes Schulterklopfen von seinem Beifahrer ein. Mit etwas Glück würden sie einen neuen inoffiziellen Rekord für die Strecke Paris-Frankfurt aufstellen.
Drei Kilometer weiter war ihr Glück zu Ende. Flackerndes Blaulicht am Horizont, zahllose Warnblinkanlagen und
Weitere Kostenlose Bücher