Heisse Affaere in Cornwall
sie wahrgenommen hatte, als sie sich geliebt hatten: Das war sicher nur ein Nachhall ihres Helfersyndroms gewesen.
Rye King brauchte niemanden, der sich um ihn kümmerte oder auf ihn aufpasste. Das hatte er mit seinem verschlossenen Gesichtsausdruck mehr als deutlich gemacht, als sie ihm auf unbeholfene Art Trost angeboten hatte.
Schnell stand Maddy auf und hob ihre auf dem Boden verstreute Kleidung auf. Sie zog sich an, strich sich mit den Fingern durchs Haar und schlich in die Küche, um ihre Jacke zu holen. Auf dem Weg zur Haustür hörte sie aus Ryes Büro seine Stimme. Vermutlich war er gerade mitten in seiner Telefonkonferenz. Sie würde ihm einfach schnell zuwinken und dann gehen – und sich dabei ganz natürlich verhalten, auch wenn es ihr unendlich schwerfiel.
Denn die neue Maddy Westmore war praktisch veranlagt, selbstbewusst und unabhängig. Auf keinen Fall würde sie sich selbst in eine emotionale Zwangslage bringen.
Vorsichtig schob sie die Tür auf und sah Rye, der ihr den Rücken zuwandte und den Lautsprecher des Telefons angestellt hatte. Sie zögerte. Einerseits wollte sie nicht stören, andererseits wollte sie nicht einfach gehen, ohne sich zu verabschieden. Denn auf keinen Fall sollte Rye glauben, dass der vergangene Abend sie durcheinandergebracht hatte.
„Ich kann nächste Woche nach Kalifornien kommen“, teilte Rye seinem stellvertretenden Geschäftsführer John Clements mit. In den vergangenen zwei Wochen hatte er sich endlich wieder seiner Arbeit gewidmet und gemerkt, wie ihm all das seit dem Unfall gefehlt hatte: die schwierigen Entscheidungen, das berauschende Gefühl, das eigene Unternehmen wachsen zu sehen … Nach dem Unfall hatte er so viel verpasst. Nun brannte er darauf, wieder aktiv ins Geschehen einzugreifen. Allerdings hatte er keine große Lust, wie früher ständig von einem Standort zum nächsten zu fliegen. Doch diesmal ließ es sich nicht vermeiden: Er musste sich persönlich ein Bild von einer bestimmten Niederlassung machen.
Rye versuchte, sich nicht anmerken zu lassen, wie angespannt und gereizt er war. Er hatte die halbe Nacht wach gelegen. Aus irgendeinem Grund hatte es ihn unruhig gemacht, Maddys zarten warmen Körper neben sich in dem alten Bett zu spüren.
„Werden Sie von Kalifornien aus nach London zurückkehren?“, fragte Clements jetzt.
„Vermutlich“, erwiderte er widerstrebend, denn er konnte seine Rückkehr nicht mehr viel länger aufschieben. „Inzwischen bin ich ja wieder vollständig genesen.“ Zumindest so sehr, wie er es je sein würde. „Und es gibt nichts, das mich hier hält.“ Jedenfalls nichts, mit dem er nicht fertig werden würde.
Als er das Gespräch beendete, hörte er hinter sich ein leises Klopfen.
„Entschuldige bitte die Störung.“ Maddy stand im Türrahmen. Sie trug ihre leicht verknitterten Sachen vom Vorabend, sah sehr sexy und ein wenig blass aus.
Ihr Anblick weckte sofort wieder ein übermächtiges Verlangen in Rye. Meine Güte, King, ermahnte er sich. Solltest du deinen Appetit nicht langsam im Griff haben?
„Du störst doch nicht“, sagte er.
„Ich … ich muss los, weil ich vor meiner Schicht im Café noch duschen und mich umziehen möchte.“
Dusch doch hier, mit mir! Sofort verdrängte Rye diesen Gedanken, denn Maddy lenkte ihn ohnehin viel stärker ab, als er es sich je vorgestellt hätte. Am Vorabend hatte sie ihm sogar Dinge entlockt, die er noch nie jemandem erzählt hatte. Er musste endlich aufhören, sich von seinen Hormonen steuern zu lassen.
„Gut. Danke für das Abendessen gestern.“ Er zögerte. „Ich werde heute Abend wahrscheinlich nicht kommen können“, zwang er sich dann zu sagen.
Maddy lächelte ungewohnt fröhlich. „Kein Problem.“ Und schon war sie weg.
Am liebsten wäre er zum Fenster gegangen und hätte ihr nachgeblickt. Doch die Sache mit ihr war schon viel zu intensiv geworden. Sich einen Abend nicht zu sehen, würde ihnen guttun. Sie mussten sich beide etwas abkühlen.
In einer Woche musste Rye nach Kalifornien. Und bis dahin würde er alles beenden, was ihn noch an Cornwall band.
„Was hast du heute zusammengebrutzelt?“, flüsterte Rye Maddy ins Ohr und legte ihr die Arme um die Taille.
Sie lächelte und genoss das Gefühl seines warmen Körpers an ihrem Rücken. „Essen, das der Seele guttut – und ein bisschen scharf ist.“
Als sie aus dem Fenster in den düsteren Abend blickte, erschien der Sommer unendlich weit weg. Bald würde es Dezember sein. Im Garten
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