Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Heiße Beute

Heiße Beute

Titel: Heiße Beute Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Janet Evanovich
Vom Netzwerk:
verschwunden waren. Man war allgemein der Meinung, dass Dotty und ihre Familie das Haus irgendwann in der Nacht verlassen haben mussten.
    Keine Dotty. Kein Hund. Keine Jeanne Ellen. Mittlerweile konnte ich das Gefühl in meinem Magen genauer bestimmen: Panik. Angst. Mit einer Spur Übelkeit von dem Kater.
    Ich ging zurück zu meinem Wagen vorm Haus und blieb noch eine Weile sitzen, erst mal musste ich das alles innerlich verarbeiten. Ich schaute auf die Uhr, und mir fiel auf, dass bereits eine Stunde vergangen war. Wahrscheinlich gab ich mich unbewusst der Hoffnung hin, Dotty würde zurückkehren. Gleichzeitig wusste ich, dass das nicht passieren würde.
    Als ich neun Jahre alt war, durfte ich mir einen Wellensittich kaufen. Auf dem Nachhauseweg von dem Tiergeschäft öffnete sich das Türchen des Käfigs, und der Vogel entflog. Hier war es genauso: Ich hatte das Gefühl, dass ich die Tür aufgelassen hatte.
    Ich schaltete den Motor an, fuhr zurück nach Burg und begab mich schnurstracks zum Haus von Dottys Eltern. Mrs. Palowski machte mir auf, und Dottys Hund kam aus der Küche wild kläffend auf mich zugerannt.
    Ich zauberte mein breitestes und gekünsteltes Lächeln für Mrs. Palowski auf meine Visage. »Hallo«, sagte ich. »Ist Dotty da?«
    »Die haben Sie gerade verpasst«, sagte Mrs. Palowski. »Sie hat heute Morgen Scotty vorbeigebracht. Wir passen auf ihn auf, solange Dotty und die Kinder in Urlaub sind.«
    »Ich muss sie unbedingt sprechen«, sagte ich. »Haben Sie eine Telefonnummer, unter der man sie erreichen kann?«
    »Nein. Sie sagte, sie wollte mit einer Freundin los. Zu einer Hütte irgendwo im Wald. Sie wollte sich melden, hat sie gesagt. Ich könnte ihr eine Nachricht übermitteln.«
    Ich gab Mrs. Palowski meine Karte. »Sagen Sie Dotty, ich hätte eine sehr wichtige Information für sie. Und richten Sie ihr aus, sie möchte mich anrufen.«
    »Dotty ist doch nicht in Schwierigkeiten, oder?«, fragte Mrs. Palowski.
    »Nein, nein. Die Information betrifft eine Bekannte von Dotty.«
    »Sie meinen Evelyn, nicht? Ich habe gehört, Evelyn und Annie werden vermisst. Das ist wirklich traurig. Evelyn und Dotty waren früher mal enge Freundinnen.«
    »Sehen sie sich heute noch?«
    »Seit Jahren nicht mehr. Evelyn lebte nach ihrer Heirat sehr zurückgezogen. Ich glaube, mit Steven an ihrer Seite war es schwierig für sie, den Kontakt zu Freundinnen zu halten.«
    Ich bedankte mich bei Mrs. Palowski und kehrte zurück zu meinem Wagen. Ein drittes Mal las ich mir den Bericht über Evelyn durch. Von einer geheimen Hütte im Wald war darin keine Rede.
    Mein Telefon zirpte. Ein Anruf. Und was erhoffte ich mir? Ganz oben auf meiner Wunschliste stand eine Verabredung. Als Nächstes kamen neue Informationen über Soder oder ein netter Plausch mit Evelyn.
    Als Letztes auf meiner Liste rangierte ein Anruf von meiner Mutter. »Hilfe«, sagte sie.
    Dann kam meine Oma ans Telefon. »Du musst herkommen und dir das ansehen«, sagte sie.
    »Was?«
    »Das musst du mit eigenen Augen sehen.«
    Das Haus meiner Eltern ist nur fünf Minuten von mir entfernt. An der Tür erwarteten mich schon meine Mutter und meine Oma. Sie traten zur Seite und wiesen mich ins Wohnzimmer. Dort saß meine Schwester, vielmehr hing sie im Lieblingssessel meines Vaters. Sie hatte ein zerknittertes Baumwollnachthemd und pelzbesetzte Pantoffeln an. Die Wimperntusche von gestern hatte sie sich nicht abgewischt, sie war nachts im Schlaf verschmiert. Das Haar war wild und strubbelig. Eine Kreuzung aus Meg Ryan und Beetlejuice, bravem Mädchen aus Kalifornien und transsilvanischem Vampir. In der Hand hielt sie die Fernbedienung fürs Fernsehen, die Augen klebten am Bildschirm, verfolgten eine Spieleshow. Der Boden um sie herum war übersät mit Einwickelpapier von Schokoriegeln und leeren Blechdosen. Unsere Anwesenheit kümmerte sie gar nicht. Sie rülpste und kratzte sich am Busen, schaltete um auf einen anderen Kanal.
    Das also war meine perfekte Schwester, die Heilige Valerie.
    »Ich sehe da so ein Lächeln in ihrem Gesicht«, sagte meine Mutter zu mir. »Aber es ist überhaupt nicht komisch. Seit sie ihre Arbeit verloren hat, führt sie sich so auf.«
    »Heute morgen mussten wir um sie herum Staub saugen«, sagte Grandma. »Ich bin etwas zu nahe herangekommen, und beinahe hätte ich eine ihrer Häschenpantoffeln mitgesaugt.«
    »Sie ist depressiv«, diagnostizierte meine Mutter.
    Wer hätte das gedacht.
    »Wir haben uns gefragt, ob du ihr vielleicht

Weitere Kostenlose Bücher