Heiße Hüpfer
der…«
Neilette zerrte an einer weiteren Tür, die sich zu öffnen weigerte. »Das haben wir ebenfalls vermutet. Aber mein Vater wandte sich an alle hiesigen Stämme und erhielt die Auskunft, hier hätten nie irgendwelche heiligen Zeremonien oder dergleichen stattgefunden. Sie sprachen nicht von einem heiligen Ort, sondern von einem unheiligen. Ein Stammesoberhaupt besuchte den Premierminister im Gefängnis und meinte zu ihm: ›Kumpel, deine Leute können alles ausgraben und über den Rand der Scheibenwelt werfen, kein Problem.‹«
»Warum besuchte er den Premierminister im Gefängnis?«
»Wir verhaften alle unsere Politiker, sobald sie gewählt sind.«
»Weshalb?«
»Das spart Zeit.« Neilette drehte einen Knauf, aber die Tür blieb geschlossen. »Verdammt! Und die Fenster sind zu hoch…«
Der Boden erzitterte. Metall knarrte irgendwo in der Dunkelheit. Staub bewegte sich in sonderbaren kleinen Wellen.
»Oh, nicht schon wieder «, stöhnte Neilette.
Nicht nur der Staub bewegte sich. Kleine Geschöpfe hasteten hin und her, wichen Rincewinds Füßen aus und krochen unter der verschlossenen Tür durch.
»Die Spinnen fliehen«, sagte Neilette.
»Hab nichts dagegen«, meinte Rincewind.
Eine neuerliche Erschütterung ließ die Mauern knirschen.
»So schlimm ist es nie zuvor gewesen«, sagte Neilette. »Ich schlage vor, wir besorgen uns eine Leiter und versuchen, durch ein Fenster zu klettern.«
Über ihnen löste sich eine Leiter von der Wand und bildete wenige Sekunden später ein metallenes Puzzle auf dem Boden.
»Dies ist vielleicht nicht der geeignete Zeitpunkt, um eine solche Frage zu stellen«, sagte Rincewind. »Du bist nicht zufällig ein Känguruh, oder?«
Weit über ihnen quietschte Metall, und das Quietschen schwoll an wie ein Schrei, der von anorganischem Schmerz kündete. Rincewind sah auf und beobachtete, wie sich die Kuppel der Brauerei in hundert herabfallende Glasfragmente verwandelte.
Zu der herabregnenden Splitterflut gehörten auch einige Lampen, und ihr Licht fiel auf die grinsende Miene des Roo-Bier-Känguruhs.
»Truhie!« rief Neilette. »Öffne dich!«
»Nein…«, begann Rincewind, doch die junge Frau zerrte ihn mit, und dicht vor sich sah er den hochgeklappten Deckel…
Die Welt wurde finster.
Weiter unten spürte Rincewind Holz. Vorsichtig klopfte er daran. Auch vor ihm war Holz. Und an der Seite…
»Ent schul digung.«
»Wir sind im Innern der Truhe?«
»Warum nicht? Auf diese Weise sind wir letzte Woche aus Känguhli entkommen! Weißt du, ich glaube, es könnte eine magische Truhe sein.«
»Hast du eine Ahnung, was alles hier drin gewesen ist?«
»Nun, ich weiß zum Beispiel, daß Letitia ihren Gin in Truhie aufbewahrt hat.«
Rincewind tastete behutsam nach oben.
Er argwöhnte, daß Truhe mehr als nur ein Drinnen hatte. Vielleicht ähnelte sie der Schachtel eines Zauberkünstlers: Man legte einen Cent in eine Schublade und schloß sie – wenn man sie anschließend wieder öffnete, war die Münze verschwunden. Als Kind hatte Rincewind eine solche Schachtel geschenkt bekommen und fast zwei Dollar verloren, bevor er der Sache überdrüssig wurde und das blöde Ding wegwarf…
Seine Finger berührten etwas, das ein Deckel sein mochte, und drückten ihn nach oben.
Sie befanden sich noch immer in der Brauerei. Das brachte eine gewisse Erleichterung mit sich, wenn man bedachte, wo man enden konnte, wenn man in die Truhe geriet. Es grollte nach wie vor, und dem sehr unangenehmen dumpfen Donnern gesellte sich ein Scheppern und Klappern hinzu, als Teile aus rostigem Metall mit mörderischer Absicht herabfielen.
Das große Känguruh-Schild stand in Flammen.
Im aufsteigenden Rauch zeichneten sich spitze Hüte ab.
Anders ausgedrückt: Rauchkringel wanden sich um Löcher in der Luft, und diese Löcher wirkten wie die dreidimensionalen Silhouetten einer Gruppe von Zauberern.
Rincewind trat aus der Truhe. »Oh, nein, nein, nein«, ächzte er. »Ich bin erst vor einigen Monaten hier eingetroffen. Es ist nicht meine Schuld!«
»Sie sind wie Geister«, sagte Neilette. »Kennst du sie?«
»Nein! Aber sie stehen mit den Erdbeben in Zusammenhang! Und mit etwas, das man ›Nässe‹ nennt, was auch immer es damit auf sich haben mag!«
»Das ist doch nur eine alte Geschichte. Wie dem auch sei, Herr Zauberer: Vielleicht ist es deiner Aufmerksamkeit entgangen, daß sich dieser Raum mit immer mehr Rauch füllt! Wo ist das Loch in der Wand, durch das wir hereingekommen
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