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Heiße Hüpfer

Heiße Hüpfer

Titel: Heiße Hüpfer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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Flecken zeigten, sondern auch
    schwarze. Er griff nach einem Stock und löste ganz vorsichtig den Hut
    vom Kopf des Toten.
    Eine kleine, achtbeinige Kugel aus dunklem Pelz sprang daraus hervor
    und biß in den Stock, der sofort zu qualmen begann. Rincewind legte ihn
    behutsam beiseite, nahm den Hut und lief fort.

    Ponder seufzte.
    »Ich möchte keineswegs deine Autorität in Frage stellen, Erzkanzler«, sagte er. »Ich meine nur: Wenn sich ein riesiges Ungeheuer ganz
    plötzlich in ein Huhn verwandelt, so sol te man diesen erstaunlichen
    Vorgang nicht zum Anlaß nehmen, das Huhn zu essen.«
    Der Erzkanzler leckte sich die Finger. »Welche Reaktion hältst du für
    angemessen?« fragte er.
    »Nun, ich hätte das Geschöpf… untersucht«, erwiderte Ponder.
    »Genau das haben wir«, meinte der Dekan. »Es war gewissermaßen
    eine Autopsie.«
    »Und eine sehr gründliche noch dazu«, sagte der Professor für
    unbestimmte Studien zufrieden und rülpste. »Entschuldigung, Frau
    Al esweiß. Möchtest du viel eicht noch ein wenig von der Br…« Er
    bemerkte Ridcullys strengen Blick und verbesserte sich. »… vom
    vorderen Teil des Huhns, Frau Allesweiß?«
    »Wir haben herausgefunden, daß es keine Gefahr mehr für Zauberer
    auf Besuch darstellt«, erklärte der Erzkanzler.
    »Ich bin nur der Ansicht, daß sich eine richtige Untersuchung nicht nur
    darauf beschränken sol te, nach einem Salbei-und-Zwiebeln-Busch
    Ausschau zu halten«, sagte Ponder. »Ihr habt gesehen, wie schnel sich
    das Geschöpf verändert hat, nicht wahr?«
    »Und?« fragte der Dekan.
    »So was kann nicht natürlich sein.«

    » Du behauptest doch immer wieder, daß sich Dinge auf ganz natürliche Weise in andere Dinge verwandeln, Stibbons.«
    »Aber nicht so schnell!«
    »Hast du den Vorgang der Evolution jemals beobachtet?«
    »Natürlich nicht. Niemand kann…«
    »Na bitte«, sagte Ridcully in jenem Tonfall, der darauf hinwies, daß er
    diesen Punkt für erledigt hielt. »Viel eicht haben wir eine ganz normale
    Geschwindigkeit erlebt. Ich habe bereits erwähnt, daß es durchaus einen
    Sinn ergibt. Warum sol te sich irgend etwas ganz langsam in einen Vogel
    verwandeln? Eine Feder hier, einen Schnabel dort… Man sähe ziemlich
    komische Geschöpfe, oder?« Die anderen Zauberer lachten. »Das
    Ungeheuer dachte vermutlich: Oh, es sind zu viele; ich sol te mich besser
    in etwas verwandeln, das ihnen gefällt.«
    »Und uns schmeckt«, fügte der Dekan hinzu.
    »Eine sehr vernünftige Überlebensstrategie«, kommentierte Ridcully.
    »Zumindest bei Vegetariern.«
    Ponder rol te mit den Augen. Mit seinen Gedanken schien immer al es
    in bester Ordnung zu sein. Er hatte einige der alten Bücher gelesen und
    wirklich lange darüber nachgedacht, woraufhin sich hinter seiner Stirn eine Theorie formte, die aus vielen glänzenden Einzelteilen bestand. Und
    wenn er sie dann in Worte kleidete, erreichte sie sofort die Fakultät, und es dauerte nicht lange, bis einer der Zauberer eine wirklich dumme Frage stel te, auf die er derzeit leider keine Antwort wußte. Wie konnte man
    angesichts solcher Denkweisen irgendwelche Fortschritte erzielen? Wenn
    es irgendwo einen Gott gab, der »Es werde Licht« oder etwas in der Art
    sagte, so würden diese Zauberer erwidern: »Warum denn? Für uns war die Dunkelheit immer gut genug.«
    Alte Männer – darin bestand das Problem. Die alten Traditionen
    erfül ten Ponder nicht unbedingt mit Begeisterung, denn inzwischen lag
    sein zwanzigster Geburtstag schon einige Jahre zurück, und er bekleidete
    einen einigermaßen wichtigen Posten, wodurch er für die Grünschnäbel
    in der Universität gewissermaßen zur Zielscheibe wurde. Oder geworden
    wäre, wenn die Bürschchen nicht jede Nacht damit verbracht hätten, an
    Hex herumzubasteln.

    Ponder war nicht daran interessiert, in der Fakultätshierarchie
    aufzusteigen. Er wäre damit zufrieden gewesen, wenn die Zauberer
    endlich einmal zuhörten, anstatt immer nur zu sagen: »Gute Arbeit,
    Stibbons, aber das haben wir schon einmal versucht, und zwar ohne
    Erfolg« oder »Vermutlich fehlen uns dafür die Mittel«. Am schlimmsten
    war: »Heute gibt es einfach keine ordentlichen Hier-Nomen-einsetzen
    mehr. Erinnert ihr euch an den alten ›Spitzname‹-Zauberer-der-vor-
    fünfzig-Jahren-starb-und-von-dem-Ponder-bestimmt-nie-etwas-gehört-
    hat? Er kannte sich mit Hier-Namen-einsetzen aus, jawohl!«
    Ponder hatte den Eindruck, daß die Stiefel vieler Toten über ihn
    hinweggingen.

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