Heiße Hüpfer
Weisheit
interpretiert wurden. Ponder sah wesentlich mehr Sinn darin, jemanden
für klug zu halten, der jung und dürr war und außerdem eine Brille trug.
»Bist du damit fertig?« fragte er, als sie die Stufen hinaufgingen und
sich dem blauen Schimmern näherten.
»Im großen und ganzen ja«, erwiderte der Gott. »Mein bisher größtes
Werk. Im Vergleich dazu wirken Elefanten geradezu banal. Allerdings
müssen noch viele Detailarbeiten erledigt werden. Wenn du glaubst,
dazu fähig zu sein…«
»Es wäre mir eine Ehre«, sagte Ponder.
Der blaue Dunst befand sich jetzt direkt vor ihnen. Die vielen Funken
darin deuteten auf etwas Wichtiges hin.
»Gibst du den Wesen irgendwelche Anweisungen, bevor du sie
freiläßt?« fragte Ponder aufgeregt.
»Nur die eine oder andere«, antwortete der Gott. Er hob eine faltige
Hand, und die blaue Kugel begann zu schrumpfen. »Sie kommen auch
ganz gut allein zurecht.«
»Natürlich, natürlich«, sagte Ponder. »Und wenn sie irgend etwas
Falsches anstel en, könnten wir sie mit einigen Geboten auf den rechten
Weg zurückführen.«
»Das ist eigentlich gar nicht nötig«, entgegnete der Gott. Das blaue
Leuchten verschwand, und sichtbar wurde die Krone der Schöpfung.
»Ich halte sehr einfache Instruktionen für ausreichend. Zum Beispiel
›Such dir einen dunklen Ort‹. Etwas in der Art. Na bitte! Perfekt, nicht
wahr? Welch ein Geschöpf! Dieser Bursche wird selbst dann noch
existieren, wenn die Sonne erlischt und wenn die Meere austrocknen.
Darauf kannst du dich verlassen… Hal o? Ponder?«
Der Dekan befeuchtete einen Zeigefinger und hob ihn. »Der Wind
kommt von Steuerbord, ahoi«, sagte er.
»Ist das gut?« fragte der Oberste Hirte.
»Vielleicht, könnte durchaus sein. Hoffen wir, daß uns das Schiff zu
diesem Kontinent bringt. Ich habe genug von Inseln.«
Ridcully schnitt durch den Stiel des Schiffes und warf das Ende über
Bord.
Oben am Mast erzitterten die trompetenförmigen Blumen im Wind.
Das Blatt-Segel knarrte und schwang langsam in eine andere Position.
»Ich wäre bereit gewesen, dies für ein Wunder der Natur zu halten«,
sagte der Dekan. »Wenn ich nicht die Person kennengelernt hätte, der es
seine Entstehung verdankt. Dadurch verliert alles seinen Reiz.«
Zauberer waren von Natur aus nicht besonders abenteuerlustig, aber
sie wußten, daß es bei Forschungsreisen und dergleichen auf
ausreichenden Proviant ankam – aus diesem Grund lag das Schiff
ziemlich tief im Wasser.
Der Dekan griff nach einer natürlichen Zigarre, zündete sie an und
schnitt eine Grimasse. »Nicht besonders gut«, sagte. »Noch grün.«
»Wir müssen eben lernen, mit gewissen Entbehrungen fertig zu
werden«, erwiderte Rincewind. »Was machst du da, Oberster Hirte?«
»Ich bereite ein Tablett für Frau Allesweiß vor. Mit einigen
ausgewählten Dingen.«
Die Zauberer sahen zu dem improvisierten Sonnensegel am Bug. Frau
Al esweiß hatte nicht in dem Sinne darum gebeten, nur wie beiläufig
erwähnt, wie heiß es in der Sonne sei. Was die Zauberer sofort zum
Anlaß nahmen, Stöcke zurechtzuschneiden und Palmwedel miteinander
zu verknüpfen. Vielleicht war nie zuvor soviel intellektuelle Energie in
die Konstruktion einer Sonnenblende gesteckt worden, was vermutlich
erklärte, warum sie so sehr wackelte.
»Eigentlich bin ich jetzt dran«, sagte der Dekan kühl.
»Nein, Dekan, du hast ihr den Fruchtsaft gebracht, fal s du das
vergessen haben sol test«, meinte der Oberste Hirte und zerschnitt einen
Käse in hübsche Häppchen.
»Es war nur ein kleiner Fruchtsaft!« erwiderte der Dekan scharf. »Und du willst ihr ein ganzes Tablett bringen. Du hast sogar eine
Kokosnußschale mit Blumen hinzugefügt!«
»Frau Allesweiß mag so etwas«, sagte der Oberste Hirte ruhig. »Aber
sie meinte, es sei noch immer recht warm. Du könntest ihr mit einem
Palmwedel Luft zufächeln, während ich diese Weintrauben für sie
schäle.«
»Erneut muß ich auf die elementare Ungerechtigkeit hinweisen«,
betonte der Dekan. »Im Vergleich mit dem Schälen von Weintrauben ist
das Fächeln mit einem Palmwedel eine eher unbedeutende Tätigkeit.
Und zufälligerweise bekleide ich einen höheren Rang, Oberster Hirte.«
»Glaubst du, Dekan? Und was veranlaßt dich zu einer solchen
Meinung?«
»Das ist keine Meinung, Mann! Es steht in der Fakultätssatzung!«
»Und von welcher Fakultät sprichst du?«
»Bist du ebenso übergeschnappt wie der Quästor? Ich
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