Heiße Küsse unter kühlen Tannen (SANDRINE) (German Edition)
gibt sich mit der Zeit«, beruhigte Jocelyn sie. Sie löffelte ihr Schälchen Pudding leer und tupfte sich dann mit ihrer Ser viette sorgfältig die Mundwinkel ab. »Ich werde Sie jetzt noch ein wenig im Hotel herumführen, damit Sie erst einmal das Wichtigste kennenlernen. Sehr viel Zeit habe ich allerdings nicht mehr, da ich bald wieder an die Rezeption muss.«
»Nicholas wollte mir nach dem Lunch sowieso das Hotel zeigen«, sagte Jody rasch. »Ich brauche also Ihre Zeit gar nicht in Anspruch zu nehmen.«
Eine kleine Unmutsfalte erschien zwischen Jocelyns dünnen Augenbrauen.
»Nicholas hat keine Ahnung von allem«, erklärte sie ziemlich schroff. »Außerdem wäre es besser, Sie würden sich von ihm ein wenig distanzieren. Mr. und Mrs. Belvedere sehen es nicht gern, wenn ihr Sohn sich allzu intensiv mit dem Personal abgibt.«
Jody wollte auffahren, biss sich jedoch noch rechtzeitig auf die Lippen. Es war ziemlich albern, was die Managerin anführte. Sie sollte sich von Nicholas zurückhalten, weil sie nicht standesge mäß für ihn war? War sie vielleicht eine Wilde aus dem Busch, die man gerade die Schuhe der Hotelgäste putzen lassen konnte?
In ärgerlichem Schweigen nahm Jody alles auf, was Jocelyn ihr zeigte. Doch so recht bei der Sache war sie nicht. Sie dachte an Nicholas und daran, wie sich ihr Zusammensein hier im Hotel wohl in Zukunft gestalten mochte. Würden sie sich nur heimlich treffen können, immer mit dem Hintergedanken, dass sie bloß nicht von seinen Eltern erwischt wurden? Wie absurd!
Als sie im Westflügel angelangt waren, wo sich die verschiedenen Geschäfte des Hotels befanden, schaute Jocelyn besorgt auf die Uhr.
»Ich fürchte, wir müssen unsere Besichtigungstour für heute abbrechen, Miss Hollander«, sagte sie. »Ich muss wieder an die Rezeption zurück, damit Mr. Blakeley zum Lunch gehen kann. Wir machen morgen weiter.«
In diesem Moment kam Nicholas um die Ecke geschlendert. Er hatte sich ebenfalls umgezogen und trug nun einen grauen Anzug, in dem er zwar sehr attraktiv, aber auch sehr fremd auf Jody wirkte. Als er Jody erblickte, blitzte es in seinen dunklen Augen erfreut auf.
»Hallo, die hübschen Damen«, sagte er, sah dabei jedoch nur Jody an. »Unterwegs bei der Hotelbesichtigung?«
»Nur eine Blitztour«, erklärte Jocelyn. »Jetzt muss ich leider wieder an die Rezeption.«
Nicholas nahm Jodys Arm. »Dann werde ich ihr den Rest zeigen«, meinte er strahlend. »Bis später, Jocelyn.«
Jocelyn rang sich ein säuerliches Lächeln ab. »Viel Spaß noch«, wünschte sie. Dann eilte sie auf ihren hohen Absätzen davon.
»Na, wie gefällt dir unser Hotel?«, wollte Nicholas wissen, als er und Jody weitergingen.
»Ich bin wirklich beeindruckt«, erwiderte sie ehrlich. »Alles ist so stilvoll und gediegen. Man fühlt sich fast wie in einer ande ren Welt.«
»Ja, etwa im Europa des achtzehnten Jahrhunderts«, pflichtete Nicholas ihr bei. »Meine Familie kommt ursprünglich aus Frankreich, deshalb auch der schlossartige Baustil und die kunstvolle Ausstattung.«
Jody ließ ihren Blick über die holzgetäfelten Wände, die Messinglampen und den verschwenderischen Blumenschmuck schweifen.
»Ich finde dieses Hotel hier noch imposanter als das in Banff«, meinte sie. »Es kommt mir auch wesentlich größer vor.«
»Das ist es auch. Ich persönlich fühle mich hier ebenfalls wohler. Banff ist mir zu überlaufen.«
»Ja, das stimmt«, gab Jody ihm Recht.
Sie genoss es, an Nicholas' Seite dahinzuschlendern und sich von ihm das Hotel zeigen zu lassen. Er hielt sich auch zurück und umarmte sie nicht mehr vor allen Leuten. Es schien, als wäre er mit seinem Anzug auch in eine andere Haut geschlüpft. Man konnte ihm jetzt durchaus den Juniorchef abnehmen, doch Jody hatte der unbekümmerte Tramper, der mit Rucksack und Staffe lei unterwegs gewesen war, ebenso gefallen.
Aus einem der Aufzüge kam gerade eine kleine Gruppe älte rer Herren, die in ein Gespräch vertieft waren.
»Der Große mit den weißen Haaren und der pinkfarbenen Krawatte ist mein Vater«, flüsterte Nicholas Jody zu. »Ich werde dich später noch mit ihm bekannt machen.«
Jody fand, dass der hoch gewachsene Mann sehr kühl und distinguiert wirkte. Er würde wahrscheinlich ebenso wenig begeistert wie seine Frau sein, wenn er hörte, dass sein
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