Heiße Naechte im Strandhaus
nur von der Hand in den Mund zu leben. So viel Naivität gehörte bestraft. Damals hatte sie natürlich noch keine Ahnung gehabt, dass er in Wirklichkeit steinreich war – weil er das sorgfältig vor ihr verheimlicht hatte, aus Angst, sie könnte versuchen ihn auszunehmen.
Gut, aber im Moment sollte er ruhig glauben, dass es ihr nur ums Geld ging. Dass ihr sein Angebot bei Weitem nicht ausreichte. Weil das immer noch besser war, als sich erneut lächerlich zu machen und zuzugeben, dass sich in ihren versehentlich ausgesprochenen Worten nur ihre Sehnsucht nach einer richtigen Familie ausgedrückt hatte. Mutter, Vater und Kind, die sich liebten und immer füreinander da waren, dieser ganze kitschige Liebe-fürs-Leben-Quatsch! Er würde ihr ins Gesicht lachen.
Menschen wie er unterstellten anderen automatisch immer nur das Schlechteste. Für eine schlichte Seele wie sie war es unmöglich, sich diesen zynischen Blick auf die Menschheit zu eigen zu machen. Deshalb wäre es reine Zeitverschwendung, es auch nur zu versuchen.
„Du musst dein Verhalten ändern“, rügte er sie in eisigem Ton. „Du hast dein Bestes versucht, aber du hast es vermasselt. Also hör endlich auf, dich wie ein verwöhntes Gör zu benehmen, das gerade dabei ist zu lernen, dass man im Leben nicht alles bekommen kann. Ich erwarte, dass du dich während deines Aufenthalts in meinem Londoner Haus höflich und entgegenkommend benimmst und meine Haushälterin Peggy Powell und ihren Mann Arnold mit der ihnen gebührenden Achtung behandelst.“ Er warf ihr aus dem Augenwinkel einen Blick zu, bevor er trocken fortfuhr: „Wenn du willst, kannst du ja durchaus reizend und charmant sein – aber das lässt du dir teuer bezahlen, wie sich jetzt herausstellt.“
Francesco runzelte ungehalten die Stirn. Warum hatte er das jetzt gesagt? Hatte er nicht beschlossen, die Vergangenheit ruhen zu lassen? Warum musste er jetzt wieder damit anfangen? Schon wieder ein Fehler, erkannte er wütend. In ihrer Gegenwart machte er offenbar ständig Fehler.
„Das lasse ich mir teuer bezahlen?“, wiederholte sie empört. „Ich fasse es nicht, wirklich! Außerdem, bei deinem vielen Geld merkst du es vermutlich nicht mal, dass du für mein Baby bezahlst.“
„Für unser Baby.“ Francesco lockerte seinen Griff, mit dem er das Lenkrad fest umklammert hielt. Die emotionalen Kosten hatte sie nicht in Rechnung gestellt. Daran hatte sie wahrscheinlich noch gar nicht gedacht. Typisch für Leute wie sie – die dachten immer nur an Geld.
Als sie nun nach einer größtenteils schweigsam verlaufenen Fahrt ihr Ziel endlich erreichten, spürte Anna Erleichterung in sich aufsteigen, die allerdings gleich darauf wieder in Nervosität umschlug.
Das elegante Regentschaftshaus, vor dem er jetzt anhielt, lag in einem einschüchternd vornehmen Londoner Stadtteil. Das hätte sie sich denken können. Obwohl das nicht der eigentliche Grund für ihre Nervosität war.
Würden Peggy und Arnold Powell sie wie eine streunende Katze behandeln, die ihr Arbeitgeber irgendwo aufgelesen hatte? Oder wie ein Mädchen aus der Gosse?
Das wäre unerträglich. In diesem Fall würde sie den ersten Zug nach Hause nehmen.
„Komm“, forderte Francesco sie ungeduldig auf, während er mit ihrem Koffer in der Hand voranging. Anna folgte ihm mit rebellisch aufeinandergepressten Lippen. Offenbar konnte er es gar nicht erwarten, sie endlich in die Obhut seiner Dienstboten zu geben. Was natürlich nicht überraschend war. Es tat nicht weh – warum auch, wo sie ihn doch ebenfalls lieber gehen als kommen sah? Und weshalb war ihr dann trotzdem zum Heulen?
Das liegt nur an den Schwangerschaftshormonen, versuchte sie sich einzureden, während sie, ihre Tränen wegblinzelnd, zuschaute, wie sich die schwarz lackierte Eingangstür öffnete. Auf der Schwelle stand eine winzige Frau in einem gestärkten schwarzen Kleid. Das grau melierte Haar trug sie jungenhaft kurz geschnitten, aber ihr herzliches Willkommenslächeln machte das strenge Erscheinungsbild wett.
„Bitte entschuldigen Sie meine Verspätung, Peggy, aber ich wurde aufgehalten.“
Die Wärme, die in seiner Stimme mitschwang, kannte Anna nur zu gut. Sie hatte sie früher oft gehört. Und als sie sah, wie er seiner Haushälterin kurz einen Arm um die schmalen Schultern legte, fühlte sie sich plötzlich schmerzhaft ausgeschlossen.
Da drehte er sich aber auch schon zu ihr um und sagte: „Peggy, ich möchte Ihnen Anna Maybury vorstellen, ich habe sie Ihnen
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