Heiße Nächte in Mexiko - Roberts, N: Heiße Nächte in Mexiko
ihnen konnte sicher wissen, ob das so stimmte. Im Moment war es auch nicht wirklich wichtig. „Wie auch immer Sie da hineingeraten sind … jetzt stecken Sie mit drin. Und wer immer Jerry umgebracht hat … der Mörder glaubt, dass Sie etwas wissen. Mich können Sie sicherlich leichter davon überzeugen, dass Sie völlig ahnungslos sind, als diese Leute. Ich denke also, für Sie wird es Zeit, darüber nachzudenken, ob Sie nicht doch lieber mit mir kooperieren wollen.“
„Woher soll ich wissen, ob Sie den Mann nicht vorbeigeschickt haben, nur um mir Angst einzujagen?“
Ruhig und kühl sah er sie an. „Stimmt, das können Sie nicht wissen. Ich könnte Ihnen natürlich jetzt sagen, dass es keineswegs meine Angewohnheit ist, Männer anzuheuern, um Frauen zu ermorden, aber niemand kann Sie zwingen, das zu glauben. Ich könnte Ihnen auch sagen, dass mir leidtut, was Ihnen zugestoßen ist.“ Zum ersten Mal wurde sein Ton ein wenig weicher. Er hob eine Hand und strich ihr das Haar aus dem Gesicht, rieb mit dem Daumen leicht über ihren Wangenknochen. Wie die Muschel erschien sie ihm fragil, wunderschön und versehrt. „Ich könnte sagen, dass auch ich lieber nichts damit zu tun haben würde, lieber einfach gehen und alles wieder so haben würde, wie es noch vor ein paar Wochen war. Doch das kann ich nicht. Wir beide können es nicht. Und deshalb sollten wir uns gegenseitig helfen.“
„Ich will Ihre Hilfe nicht.“
„Das habe ich schon verstanden. Setzen Sie sich, ich mache Ihnen etwas zu essen.“
Sie wollte von ihm zurückweichen. „Sie können nicht hierbleiben.“
„Ich bleibe. Morgen werde ich meine Sachen aus dem Hotel herüberbringen.“
„Ich sagte …“
„Ich miete das Zimmer“, unterbrach er sie und drehte sich um, um in die Schränke zu schauen. „Ihre Kehle muss rau sein und schmerzen. Eine Hühnersuppe ist da wohl das Beste.“
Sie riss ihm die Konservendose aus der Hand. „Ich kann mir allein etwas zu essen machen. Und ich vermiete Ihnen das Zimmer nicht.“
„Ich weiß Ihre Großzügigkeit zu schätzen.“ Er nahm ihr die Dose wieder ab. „Aber umsonst kann ich hier nicht wohnen. Außerdem würde ich das Ganze lieber auf einer geschäftlichen Ebene halten. Zwanzig Dollar die Woche, das scheint mir ein angemessener Preis zu sein. Sie sollten das Angebot annehmen“, fuhr er fort, bevor sie etwas sagen konnte. „Denn ich bleibe, so oder so. Und jetzt setzen Sie sich.“ Er drehte sich um und suchte in den Schränken nach einem Topf.
Sie wollte wütend sein. Zorn würde ihr helfen, andere Emotionen unter Verschluss zu halten. Sie wollte ihn anbrüllen, wollte ihn packen und mit Gewalt aus ihrem Haus werfen. Stattdessen setzte sie sich, weil ihre Knie nachgaben und ihre Beine sie nicht länger tragen wollten.
Was war aus ihrer Unabhängigkeit und Selbstbestimmung geworden? Zehn Jahre lang hatte sie jede Entscheidung selbst getroffen, jede einzelne, die sie und ihr Leben betraf. Zehn Jahre lang hatte sie weder um Rat noch um Hilfe gebeten. Jetzt hatte irgendetwas anderes die Kontrolle über- und ihr die Entscheidungen abgenommen. Etwas, von dem sie weder wusste, was es war, noch wie sie es benennen sollte. Sie war in ein Spiel verwickelt, dessen Regeln sie nicht kannte.
Sie schaute auf ihre Hand und sah die einzelne Träne auf dem Handrücken. Hastig wischte sie sich die anderen vom Gesicht, die unablässig aus ihren Augen strömten. So angestrengt sie es auch versuchte, sie konnte die Tränen nicht zurückhalten. Also noch etwas, auf das sie keinen Einfluss mehr hatte.
„Meinen Sie, Sie kriegen Toast herunter?“, fragte Jonas, als er die Dose in einen Topf leerte. Als sie nicht antwortete, wandte er sich zu ihr hin. Sie saß steif und blass am Tisch, Tränen rollten ihr ungehindert übers Gesicht. Er fluchte unter angehaltenem Atem und drehte sich wieder um. Es gab nichts, was er für sie tun konnte, sagte er sich. Dann jedoch trat er an den Tisch, zog sich wortlos einen Stuhl heran, setzte sich neben sie und wartete.
„Ich dachte, er würde mich umbringen.“ Ihre Stimme brach, und sie presste die Hände an die Wangen. „Ich spürte das Messer an meinem Hals und dachte, dass ich jeden Moment sterben würde. Ich hatte solche Angst. Oh Gott, ich habe solche Angst!“
Er zog sie sanft an seine Brust und ließ sie weinen. Vielleicht spülten die Tränen ja ihre Angst fort. Er war wirklich nicht daran gewöhnt, Frauen zu trösten. Die, die er kannte, waren alle viel zu schick,
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