Heiße Nächte in Mexiko - Roberts, N: Heiße Nächte in Mexiko
noch vernünftige Erklärungen für die Tatsache, dass sie sich langsam und unaufhaltsam immer mehr in ihn verliebte.
Es wurde Zeit, dass sie es sich eingestand. Denn erst wenn man etwas als Wahrheit anerkannte, konnte man sich dem auch stellen. Und erst wenn man sich der Wahrheit stellte, war man in der Lage, eine Lösung zu finden. Nach dieser Regel hatte sie schon immer gelebt, schon vor der größten Krise in ihrem Leben. Die Regel besaß noch immer Gültigkeit.
Also gut, sie liebte ihn. Oder war zumindest auf dem Weg dorthin. Sie war nicht länger naiv genug, um zu glauben, dass Liebe alle Antworten lieferte. Er würde sie verletzen, daran zweifelte sie nicht. Er würde ihr das eine rauben, das sie seit zehn Jahren mit Argusaugen hütete. Und wenn er ihr Herz erst in Händen hielt – was würde es ihm bedeuten? Liz schüttelte leicht den Kopf. Auch nicht mehr, als solche Dinge jedem anderen bedeuteten.
Jonas Sharpe war auf einer Mission, und sie war nur Mittel zum Zweck für ihn, um sein Ziel zu erreichen. Auf seine geduldige, abwartende Art war er skrupellos. Sobald er erledigt hatte, wofür er hergekommen war, würde er sie nicht mehr brauchen. Er würde ihr den Rücken kehren, sein altes Leben in Philadelphia wieder aufnehmen und keinen einzigen Gedanken mehr an sie verschwenden.
Manche Frauen sind anscheinend dazu verdammt, sich immer in die Männer zu verlieben, die sie am meisten verletzen können, dachte Liz düster. Dann zwang sie sich, alle Gedanken aus ihrem Kopf zu verdrängen. Sie zog sich aus und stieg in den neuen Badeanzug. Dennoch suchte Jonas’ Bild sie heim, schlüpfte durch die Barrieren, die sie aufgestellt hatte. Immer wieder Jonas …
Vielleicht, wenn sie mit Faith redete, wenn sie mit dem wichtigsten Menschen in ihrer Welt sprach … vielleicht würde sie die Dinge dann wieder klarer sehen. Impulsiv griff Liz nach dem Telefon neben ihrem Bett und wählte die Nummer. Faith musste längst von der Schule zu Hause sein, überlegte Liz. Freudige Erwartung erfasste sie, als sie das melodische Wählgeräusch vernahm und dann endlich der Rufton erfolgte. Sie saß auf dem Bett und lächelte schon voller Vorfreude.
„Hallo?“
„Mom.“ Liz verspürte doppelte Freude. „Liz hier.“
„Liz!“ Rose Palmer erging es ebenso wie ihrer Tochter. „Wir hatten gar nicht damit gerechnet, von dir zu hören. Dein Brief ist gerade heute Morgen mit der Post angekommen. Es ist doch hoffentlich nichts passiert, oder?“
„Nein. Nein, alles in Ordnung.“ Nichts war in Ordnung. „Ich wollte einfach nur ein wenig mit Faith plaudern.“
„Oh Liz, das tut mir leid. Faith ist gar nicht hier. Sie hat doch heute ihren Klavierunterricht.“
Die Enttäuschung wollte sie überwältigen. Liz riss sich zusammen. „Ach ja, daran hatte ich nicht gedacht.“ Tränen wollten aufsteigen, sie drängte sie zurück. „Sie geht gern zum Klavierunterricht, nicht wahr?“
„Sie liebt es! Du solltest sie spielen hören. Erinnerst du dich noch, als du Klavierunterricht hattest?“
„Ich hatte immer zehn Daumen an zwei linken Händen.“ Es gelang ihr zu lächeln. „Ich wollte dir noch für die Fotos danken. Faith ist so groß geworden, sie sieht schon richtig erwachsen aus. Mom … freut sie sich schon darauf, wieder nach Hause zu kommen?“
Rose hörte die Sehnsucht heraus, fühlte den Schmerz. Nicht zum ersten Mal wünschte sie, ihre Tochter wäre bei ihr, damit sie sie in die Arme nehmen könnte. „Sie hakt die Tage auf dem Kalender ab. Oh, sie hat auch ein Geschenk für dich gekauft.“
Liz schluckte den Kloß in ihrer Kehle herunter. „Tatsächlich?“
„Es soll eine Überraschung sein, also sage ja nicht, dass ich es dir verraten habe.“
„Nein, natürlich nicht.“ Liz wischte sich die Tränen von der Wange, dankbar dafür, dass es ihr gelang, ihre Stimme normal klingen zu lassen. Es tat weh, aber es war auch tröstlich, mit jemandem zu reden, der Faith ebenso gut verstand wie sie selbst. „Sie fehlt mir so. Die letzten Wochen scheinen immer die schwersten zu sein.“
Ihre Stimme klang wohl doch nicht so ruhig, wie sie gedacht hatte. Außerdem hörten Mütter auch immer mehr als andere. „Liz, warum kommst du nicht nach Hause? Du bleibst den Monat hier, solange sie noch Schule hat.“
„Nein, das geht nicht. Was macht Dad?“
Rose sperrte sich gegen den plötzlichen Themenwechsel, dann jedoch gab sie nach. Sie kannte niemanden, der so stur und eigensinnig war wie ihre Tochter. Außer
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