Heiße Nächte in Mexiko - Roberts, N: Heiße Nächte in Mexiko
seines Bruders zu akzeptieren. Ebenso wie das Leben seines Bruders.
Bald würde die ganze Sache vorbei sein, überlegte sie. Die Polizei kannte jetzt den Namen des Zwischenhändlers in Acapulco. Und da war ja auch noch ein zweiter Name, den Jonas dem Captain genannt hatte, erinnerte sie sich plötzlich. Woher hatte er den erfahren? Sie sah zu ihm. Ihr wurde jäh bewusst, dass es da Dinge gab, die er ihr verschwieg. Aber auch damit wäre bald Schluss, versprach sie sich selbst. Und dann, urplötzlich, hatte sie keine Luft mehr.
Sie brach nicht in Panik aus. Sie war zu erfahren, um in so einer Situation völlig den Kopf zu verlieren. Sie überprüfte sofort ihre Sauerstoffanzeige. Laut Anzeige müsste sie noch für zehn Minuten Luft im Tank haben. Sie griff hinter sich und befühlte den Schlauch. Er saß fest an den Ventilen und ließ auch nirgendwo anders Luft ab. Trotzdem konnte sie nicht atmen.
Was immer das Messgerät auch anzeigte – ihr Leben hing an einem seidenen Faden. Wenn sie jetzt zu schnell auftauchte, würde der Druck ihre Lungen zerquetschen. Sie zwang sich, ruhig zu bleiben, und schwamm zu Jonas. Sie erwischte seinen Fußknöchel und zog kräftig daran. Das Lächeln, als er sich zu ihr umdrehte, erstarb, kaum dass er in ihre Augen geschaut hatte. Er verstand das Zeichen, das sie ihm machte, nahm sofort sein Mundstück heraus und überließ es ihr. Tief atmete Liz den Sauerstoff ein. Sie nickte ihm zu und reichte ihm das Mundstück zurück. Die Körper eng aneinandergepresst, ihre Hand fest auf seiner Schulter, begannen sie gemeinsam den langsamen Aufstieg.
Sie teilten sich den Sauerstoff aus Jonas’ Tank und achteten darauf, dass sie nicht zu schnell zurück an die Oberfläche schwammen, so schwer es ihnen auch fiel, nicht zu hetzen. Was nur eine Angelegenheit von wenigen Minuten war, kam beiden wie eine Ewigkeit vor. Kaum dass Liz’ Kopf die Wasseroberfläche durchbrach, schob sie ihre Maske zurück und sog gierig die frische Luft ein.
„Was war da unten los?“, wollte Jonas von ihr wissen, aber als er ihr Zittern fühlte, fluchte er nur unterdrückt und zog sie mit sich zur Bootsleiter. „Na gut, jetzt immer schön langsam.“ Vor sich her schob er sie die Leiter hinauf und sprang gleich hinter ihr an Deck.
„Es geht schon“, sagte sie. Doch sie ließ sich erschöpft auf die Bank sinken und hatte nicht einmal genügend Energie, um die Sauerstoffflasche abzulegen. Die Erleichterung ließ sie erschauern, als Jonas ihr das Gewicht der Taucherausrüstung abnahm. Den Kopf zwischen die Knie gebeugt, wartete sie ab, bis sich der Schleier vor ihren Augen verflüchtigte. „So etwas ist mir noch niemals passiert“, brachte sie mühsam hervor. „Nicht in fast dreißig Meter Tiefe.“
Er rieb ihre Hände, um sie zu wärmen. „Was genau ist überhaupt passiert?“
„Mir ist der Sauerstoff ausgegangen.“
Jäher Zorn packte ihn. Unsanft fasste er sie bei den Schultern und richtete sie auf. „Du hattest keinen Sauerstoff mehr? Das ist eine unverzeihliche Verantwortungslosigkeit. Wie kannst du Kurse für Anfänger anbieten, wenn du selbst nicht einmal auf deine Anzeigen achtest?“
„Ich habe meine Anzeige geprüft.“ Sie holte tief Luft, stieß sie wieder aus. „Laut Anzeige hatte ich noch genug Luft für zehn Minuten.“
„Du verleihst Taucherausrüstungen, verdammt noch mal! Wie kannst du so achtlos mit deiner eigenen umgehen? Du hättest sterben können!“
Dass er ihre Kompetenz anzweifelte, riss sie nun endgültig aus ihrer Benommenheit.
„Ich bin niemals achtlos“, fauchte sie. „Weder mit den Mietausrüstungen noch mit meiner eigenen.“ Sie riss sich die Maske vom Kopf und schleuderte sie auf die Bank. „Guck dir meine Anzeige an. Ich hätte noch für zehn Minuten Luft haben müssen.“
Er schaute auf das Messgerät, aber es half nichts, um seine Wut zu mildern. „Deine Ausrüstung hätte überprüft werden müssen. Wenn du mit einem fehlerhaften Messgerät tauchst, kann dich das den Kopf kosten.“
„Meine Ausrüstung wird regelmäßig überprüft. Ich selbst kontrolliere sie nach jedem Tauchgang. Ich selbst fülle auch jedes Mal die Tanks.“ Während sie noch sprach, fiel ihr die einzig mögliche Erklärung ein. Ihr Gesicht, schon fahl von dem soeben Erlebten, wurde leichenblass. „Großer Gott, Jonas … Ich habe die Tanks selbst aufgefüllt. Ich selbst habe jedes Teil meiner Ausrüstung nach dem letzten Tauchgang überprüft.“
Er umklammerte ihre Hände
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