Heiße Nächte in Mexiko - Roberts, N: Heiße Nächte in Mexiko
nach oben treiben. Der Schwarm wendete als Einheit, um den Störenfrieden auszuweichen. Begeistert gab Liz Jonas ein Zeichen und forderte ihn auf, sich ihr anzuschließen. Es war ein völlig natürliches Bedürfnis, dieses Wunder mit dem anderen teilen zu wollen. Schließlich war es auch der Ruf des Meeres gewesen, der sie gedrängt hatte, alles über die faszinierende Unterwasserwelt zu erfahren und deren Geheimnisse zu erforschen. Es war das Meer gewesen, das sie ermutigt hatte zu träumen. Ihre Finger mit Jonas’ verflochten, schwamm sie mitten in das Getümmel. Der Schwarm teilte sich in zwei Hälften, driftete jetzt als zwei Einheiten in entgegengesetzte Seiten. Wie Wolken aus flüssigem Silber schwebten die Fische im Wasser.
Für einen Augenblick war Liz ihren Träumen so nah wie niemals zuvor. Frei und schwerelos schwebend, eingehüllt von Magie, Hand in Hand mit dem geliebten Mann. Impulsiv legte sie die Arme um Jonas und hielt sich an ihm fest. Die beiden Hälften des Fischschwarmes schwammen an ihnen vorbei, um sich wieder zu einem zusammenzuschließen, dann stob der Schwarm davon.
Jonas fühlte ihren Puls aufgeregt schlagen, als er nach ihrem Handgelenk griff. Hinter der Tauchermaske konnte er das Entzücken in ihren Augen leuchten sehen. Da sie unter Wasser waren, konnte er nichts anderes tun, als seine Hand an ihre Wange zu legen. Als sie ihre Hand auf seine legte und sich an ihn schmiegte, war es ihm mehr als genug. Seite an Seite tauchten sie tiefer hinab und schwammen auf den Meeresgrund zu.
Die Kalksteinhöhlen wirkten gespenstisch und faszinierend zugleich. Jonas sah, wie eine Muräne den Kopf aus ihrer Nische im Gestein steckte und sich halb aus ihrem Versteck schlängelte, entweder aus Neugier oder als Warnung. Eine alte Meeresschildkröte, auf deren Panzer sich Entenmuscheln angesiedelt hatten, verließ ihren Ruheplatz unter einem Stein und begleitete Liz und Jonas eine Weile. Liz zeigte auf den Eingang einer größeren Höhle, um ein weiteres Wunder mit Jonas zu teilen.
Ein Hai lag reglos auf dem Sandboden, fast wie ein Hund auf dem Teppich vor dem Ofen. Seine kleinen schwarzen Augen folgten den beiden Tauchern, während seine Kiemen arbeiteten, Wasser einsogen und wieder ausstießen. Sie schwammen zum Höhleneingang, Luftblasen stiegen von den Mundstücken durch den porösen Stein und weiter hinauf Richtung Wasseroberfläche. Der Hai bewegte sich unruhig. Jonas fasste nach Liz’ Hand, um sie zurückzuziehen, doch sie schwamm noch näher, neugierig und fasziniert.
Mit einem schnellen Ruck schoss der Hai auf den Eingang zu. Jonas griff hektisch nach Liz und gleichzeitig nach seinem Tauchermesser. Sie jedoch versetzte dem Hai mit dem kleinen Knüppel einen Schlag auf das Maul, und der Hai drehte abrupt ab und verzog sich in die offene Weite des Meeres.
Liebend gern hätte er ihr eine Standpauke gehalten. Liebend gern hätte er ihr gesagt, wie fasziniert er von ihr war. Da er beides nicht tun konnte, schüttelte Jonas sie leicht an der Schulter. Ihr Lachen hinter der Maske ließ einen weiteren tanzenden Schwall Luftblasen aufsteigen.
Zusammen schwammen sie weiter. Ab und zu entfernten sie sich voneinander, wenn einer von ihnen etwas Interessantes entdeckte. Jonas war der Überzeugung, dass Liz den ursprünglichen Grund für ihr Hiersein längst aus den Augen verloren hatte. Umso besser, entschied er. Wenn sie sich diese Stunde Freiheit nahm, freute ihn das ungemein. Doch er war aus einem ganz bestimmten Grund hier.
Das Meer und seine Bewohner waren unsagbar schön, aber Jonas fielen andere Dinge auf. In der ganzen Zeit, die sie jetzt hier unten waren, hatten sie keine anderen Taucher gesehen, und ihr Sauerstoffvorrat war inzwischen fast verbraucht. Die Höhlen, in denen die Haie schliefen, eigneten sich perfekt als Versteck für eine Drogenlieferung. Nur Abenteurer oder aber Narren würden sich bei Nacht in das Haiterritorium wagen. Jonas dachte an seinen Bruder und wusste sofort, dass es für Jerry ein großes Abenteuer gewesen wäre. Ein kühl beherrschter Mann konnte in eine der Höhlen hineinschwimmen, wenn die Haie draußen auf Nahrungssuche gingen, und dort Dinge lagern oder herausholen.
Keineswegs hatte Liz vergessen, weshalb Jonas unbedingt hier hatte tauchen wollen. Doch weil sie zumindest einen Teil seiner Gedankengänge nachvollziehen konnte, ließ sie ihm Freiraum. Fast dreißig Meter unter Wasser suchte er nach etwas, nach irgendetwas, das ihm dabei helfen würde, den Tod
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