Heißer als Feuer: Roman (German Edition)
nieder und zog ihre Hand weg. In diesem Augenblick bimmelte die Türglocke, und eine Kundin betrat die Galerie. Das ersparte ihnen weitere Erklärungen.
Während Shay der Dame eine Auswahl von Porzellanaschern zeigte, begutachtete Ian interessiert die Kunstwerke an den Wänden. Shay beobachtete ihn aus den Augenwinkeln heraus und hörte nur mit halbem Ohr auf das Geplapper der Frau, die ihr in epischer Breite schilderte, in welcher Farbpalette ihr Wohnzimmer gehalten war.
Seine breiten Schultern und die hochgewachsene, athletische Statur wirkten Respekt einflößend, überlegte Shay. Sollten Geistliche nicht durch ihre Spiritualität überzeugen, oder wie war das noch gleich? Sie musste ehrlich einräumen, dass sie viel mehr auf Ians Attraktivität abfuhr.
»Vielen Dank, und beehren Sie uns bald wieder«, sagte sie, nachdem die Registrierkasse mit einem leisen Klicken zugeschnappt war. Die Dame trollte sich mit ihrem Einkauf, und die beiden waren wieder allein.
»Du siehst anders aus als im Sommerhaus«, stellte Ian fest und bedachte sie mit einem langen, anerkennenden Blick.
Sie trug einen figurschmeichelnden zimtfarbenen Schurwollrock und dazu eine farblich abgestimmte Georgettebluse. Am Kragen steckte eine dezente Schmucknadel. Hautfarbene mattschimmernde Nylons und Schuhe mit flachen Absätzen vervollständigten die schlichte, unauffällige Kleidung.
»Na, das will ich auch hoffen«, lachte sie, um die Verlegenheit zu überspielen, in die er sie gestürzt hatte. Heraus kam ein kurzes stakkatomäßiges Japsen, so als hätte sie Asthma. »Mr.Vandiveer ist sehr kompromisslos, was unsere Imagedarstellung nach außen angeht. Der überwiegende Teil unserer Kunden hat nämlich einen ziemlich konservativen Geschmack.«
»Mir gefällst du so.«
»Wirklich?«
»Die andere Shay hat mir aber auch gefallen.«
»Ach nein!«
»O doch.« Er musterte sie einen Wimpernschlag lang, bevor er mit leisem Nachdruck hinzusetzte: »Sehr sogar.«
Sie fixierte ihn verständnislos. Ihre Reaktion klang ähnlich der einer Puppe mit eingebautem Sprechmodul. »Wirklich? Ach nein!« Blablabla . Grundgütiger, sie benahm sich wie eine Hirnamputierte, und das Schlimme war, sie konnte nichts dagegen machen. Ihr Schädel war mit einem Mal wie leergefegt. Ihre Haut glutheiß unter der biederen Garderobe. Die Wände schienen plötzlich näher zu rücken, drohten sie und Ian einzuschließen. Es war unerträglich still im Raum. Bis auf das leise, fortwährende Ticken der vielen Uhren, die an den Wänden hingen.
Die Luft war erstickend schwül. Irgendetwas geschah da zwischen ihnen. Shay hatte bloß keinen Schimmer, was genau. So etwas war ihr noch mit keinem Mann passiert. Sie fiel aus allen Wolken. Ihre Brust hob und senkte sich unter ihren hektisch flachen Atemstößen.
Zum Glück rettete sie ein weiterer Kunde, der in die Galerie gerauscht kam und ihr hastig darlegte, dass er den Geburtstag seiner Frau vergessen hatte und folglich noch wahnsinnig schnell ein Geschenk besorgen musste. Zu diesem Zweck sei er mit dem Zug extra aus Manhattan hergefahren.
»Wir finden bestimmt etwas, das ihr gefällt«, beschwichtigte Shay den aufgeregten Kunden. Sie riskierte einen Blick zu Ian, der spitzbübisch grinste, als teilten sie ein zartes Geheimnis.
Nachdem der Mann etwas ausgesucht und sie das Geschenk hübsch eingepackt hatte, lagen ihre Nerven vollends blank. Sie begleitete den Kunden zum Ausgang und hängte das mit hübsch gestickten Antiquabuchstaben gefertigte GESCHLOSSEN-Schild ins Schaufenster. »So, das war für heute der letzte Kunde«, seufzte sie, an den Türrahmen gelehnt. »Gilt deine Einladung noch?«
»Darauf kannst du wetten.«
Sie schaltete die Alarmanlage ein, holte Handtasche und Jacke und schloss ab. Als sie auf dem Bürgersteig standen, musterte er sie fragend: »Was schlägst du vor?«
»Ach, irgendwohin, wo es nett ist.« Blöderweise fiel ihr auf Anhieb nichts Gescheites ein. Zu allem Überfluss war die Auswahl an Cafés und Bistros in der näheren Umgebung ohnehin nicht berauschend.
»Besitzt du eine Kaffeemaschine?«
Sie musterte ihn entgeistert. »Du meinst, in meinem Apartment?« Als er nickte, fuhr ihr Herz mit einem Mal Achterbahn in ihrer Brust. »Ja natürlich. Möchtest du den Kaffee bei mir zu Hause trinken?«
»Das klingt nach einer fabelhaften Idee. Es sei denn, du hast was dagegen.«
»Nein, nein, das geht schon okay. Es ist nur …«
»Was?«, bohrte er nach.
»Ach, nichts.« Sie schüttelte den
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