Heißer Winter in Texas
ihre Rückhand zu spüren. So
manche Weltmeisterschaft im Schwergewichtsboxen ist
mit weniger Stoßkraft gewonnen worden, als in
Katherines Rückhand liegt.
Gael sah uns zu, ein breites Grinsen im Gesicht.
»Kannst du uns vielleicht mal erzählen, wann du dir
angewöhnt hast, deinem Besuch zur Begrüßung eine
Pistole in die Nase zu stecken?« Sie blies eine
Rauchwolke in Richtung des Revolvers auf dem Tisch.
Ich berichtete ihnen, wie ich als Krönung einer
ohnehin scheußlichen Woche Joes Leiche entdeckt und
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dann auch noch auf der Suche nach meinem Adreßbuch
die Wohnung auf den Kopf gestellt hatte.
Gael paffte ihre Zigarette, die sie zwischen Daumen
und Zeigefinger hielt, wie es Männer mit Zigarren zu
tun pflegen. Sie sah sehr klug und sehr nachdenklich
aus. »Vielleicht haben die Einbrecher dein Adreßbuch
mitgehen lassen«, meinte sie.
Ich war schier erschlagen. Auf die Idee war ich
einfach nicht gekommen.
»Lieber Himmel, nein, das glaub‹ ich nicht. Was zum
Teufel sollen sie mit dem Ding? Da steht doch nichts
Wichtiges drin«, zweifelte ich.
»Fehlt denn sonst noch was?« fragte sie.
»Nein«, entgegnete ich.
»Also«, triumphierte sie, als sei damit alles klar.
Katherine tätschelte Anice, die auf ihren Schoß
gesprungen war, die Pfoten gen Himmel streckte und
sich schamlos zur Schau stellte. »Joe stand in deinem
Adreßbuch, und nun ist er tot«, bemerkte sie beiläufig.
Ich sprang auf und fluchte. Warum war mir dieser
Zusammenhang
entgangen?
Ich
wollte
Kriminalreporterin sein und hatte nicht gesehen, was
direkt vor meiner Nase lag. Joes Tod hatte ich einfach
als Racheakt abgebucht, sicher irgendwer, den er mal
hinter Gitter gebracht hatte. Der Zeitpunkt seines Todes
war mir lediglich als weiteres beschissenes Ereignis in
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dieser Woche aufgestoßen. Ausgerechnet ich, die nicht
an den Zufall glaubte, hatte etwas derartig
Offensichtliches übersehen.
Gael zog eine Schnute, weil Katherine und nicht sie
dahintergekommen war. Sie ging in die Küche, um sich
einen Drink zu holen.
»Warum bringst du nicht einfach die Flasche und das
Eis mit her?« Wieder traf Katherine das Naheliegende,
wo Gael und ich nicht geschaltet hatten. Wir starrten sie
beide an, als sei sie Buddha persönlich.
»Aber warum muß jemand erst mein Adreßbuch
stehlen, um Joe zu töten? Sie hätten seine Adresse doch
auch aus dem Telefonbuch nehmen können.« Ich war
gründlich durcheinander.
Gael verdrehte ihre Augen gen Himmel und stieß
einen tiefen Seufzer aus. »Sie haben dein Buch nicht
geklaut, um Joe zu finden. Sie haben ihn umgebracht,
weil er drinstand.«
Mir wurde etwas schwindelig von dem Bourbon und
vom Verlauf des Gesprächs. »Himmel, aber du glaubst
doch nicht, daß sie alle Leute abknallen, die in meinem
Adreßbuch stehen?«
Katherine hob die Hand, um meinen Arm zu
tätscheln, und ich fuhr zurück, weil ich dachte, ich
bekäme ihre Rückhand ab. Sie sah gekränkt aus. Ich
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erklärte meine Reaktion, worauf sie gutmütig lachte
und mir ein paar liebevolle Stöße versetzte.
»Ich glaube folgendes: Wer immer es gestohlen hat,
wollte wissen, woher du deine Informationen beziehst.
Wer deine Quellen sind«, sagte Gael.
»Also haben sie Joe getötet, weil sie wußten, daß er
ein Bulle war, und verhindern wollten, daß er mir was
erzählt.« Allmählich erkannte ich, was Sache war.
»Irgend etwas muß faul sein im Polizeipräsidium«,
spekulierte Gael.
»Nicht unbedingt«, meinte ich, »es kann auch
irgendwas ganz anderes sein. Ich hoffe nur, daß es
verflucht noch mal nichts mit diesen blöden fehlenden
Waffen zu tun hat.«
»Was für Waffen?« fragte Katherine.
Ich erzählte ihnen von den aus der Beweisaufnahme
verschwundenen Gewehren, und wie ich das überall
breitgetreten hatte, damit niemand merkte, daß ich zur
Zeit an nichts dran war.
»Das muß es sein«, behauptete Gael und massierte
ihr Gesicht mit beiden Händen.
»Das kann es nicht sein«, ich stand auf und wanderte
im Zimmer herum. »Viel zuviele Leute wissen davon …
Bitte, lieber Gott, laß mich bloß nicht herausfinden, daß
Joe wegen dieser verfluchten Geschichte und meinem
großen Maul sterben mußte.«
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Katherine verordnete einen Themawechsel, weil ich
mich immer mehr aufregte und heute abend ohnehin
nichts mehr zu machen sei. Sie hatte natürlich recht.
Die beiden blieben noch ein paar Stunden und
versuchten mich zu überreden, zu ihnen zu ziehen,
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