Heißer Winter in Texas
ihm weis,
daß ich ursprünglich aus dieser Gegend stammte und
daher auch Joe kannte. Ich grinste ihn an, als hätten wir
etwas gemeinsam, und er taute ein bißchen auf. Ein
alter brauner Jagdhund kam gesetzten Schrittes hinter
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dem Haus hervor, bellte mich an, als hätte er gerade
einen Waschbären auf einen Baum gehetzt, dann
trottete er zu mir herüber, um sich hinter dem Ohr
kraulen zu lassen, was ich auch tat. Ich hörte Anices
wütendes Gebell aus dem Auto.
Der alte Mann sah mich interessiert an. »Jack mag
solche Leute eigentlich nicht«, sagte er, und wenn auch
Gesichtsausdruck und Tonfall unverändert blieben,
wußte ich, daß er beeindruckt war.
»Sie ham‹ Joe wohl nich‹ gesehen, nich‹ wah‹?«
fragte ich und überlegte, ob ich es mit dem Akzent wohl
etwas übertrieb.
»Nä, hab‹ch nich‹. Schon zwei Tage nich‹. Gestan
hab‹ch ›n so morgens um dreie rum vonner Arbeit
komm‹ hör‹n. Dann hab‹ch gedacht, ›ch hör‹n gleich
wieda geh‹n, aber da hab‹ch mich wohl verhört. Wissen
Se, ›ch hab gedacht, dasser Brötchen backen geht,
solang der Ofen noch heiß is‹, wenn Se wissen, was ›ch
mein«, sagte der Alte, ohne eine Miene zu verziehen.
Ich verstand sehr gut, was er meinte. Oh, verdammt,
wenn es schon die ganze Nachbarschaft wußte, schien
Joe wohl wirklich über nichts anderes zu reden.
»Ich glaub‹, ich schau‹ noch mal rüber. Vielleicht hat
er die Tür nich‹ abgesperrt. Dann kann ich ihm ja ›ne
Nachricht hinterlassen.« Sprach‹s und wünschte ihm
einen schönen Tag. Ich überquerte abermals die Straße,
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wobei ich Anice zuwinkte, die sich auf die Hinterbeine
gestellt hatte und mir aus dem Autofenster nachspähte.
Es würde wohl eine Weile dauern, bis sie mir verzieh,
daß ich diesen Hund gekrault hatte.
Die Tür war unverschlossen. Das Haus gähnte
förmlich vor Menschenleere, aber ich rief trotzdem Joes
Namen.
Es
war
alles
noch
erheblich
heruntergekommener, als ich es in Erinnerung gehabt
hatte. Eigentlich war es ein Schweinestall. Dem Geruch
nach zu urteilen, hatte er seinen Müll seit Wochen nicht
rausgetragen. Ich bewegte mich Richtung Küche, um
eine Serviette zu suchen, auf die ich eine Nachricht
schreiben konnte.
Da sah ich ihn. Oder vielmehr, ich sah die Sohlen
seiner Schuhe, unbequem verbogen und nach unten
gerichtet, als ob er hinter dem Stuhl kauerte, um sich
vor mir zu verstecken. Ich machte einen Schritt auf ihn
zu, damit ich ihn sehen konnte, obwohl ich das
eigentlich nicht mehr wollte. Mein Magen hatte sich
bereits zu einem Knoten zusammengezogen, der sich
durch meinen Hals einen Weg nach draußen bahnen
wollte wie ein Knäuel von verschreckten Fledermäusen,
die aus ihrer Höhle drängen. Er kniete neben dem
verdreckten Polstersessel. Blut, Knochen und Hirn
waren an Wand, Boden und Sessel gespritzt. Es sah aus,
als hätte ihm jemand befohlen, sich auf den Kopf zu
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stellen, und ihn dann von hinten erschossen, so daß er
ein wenig nach links gesunken war, in die Ecke
geklemmt zwischen Wand und Stuhl.
Ich atmete in keuchenden Stößen, meine Nerven
flatterten wie eine Schar aufgescheuchter Enten. Mir
standen die Nackenhaare zu Berge. Lieber schmorte ich
in der Hölle, als daß ich ruhig hinüberging und wie die
Filmhelden seinen Hals berührte, um zu prüfen, ob noch
Puls zu spüren sei. Dieser Mann war tot und das nicht
erst seit eben, das konnte sogar eine Blindschleiche
sehen. Langsam ging ich rückwärts aus dem Haus, die
Augen fest auf die Leiche gerichtet, damit sie nicht
plötzlich aufspringen und mit ihrem zerfetzten Schädel
auf mich losgehen konnte. Es kostete mich furchtbare
Anstrengung, nicht panisch aus dem Haus zu rennen,
laut brüllend und womöglich unwiderruflich
überschnappend. Mein Beruf brachte es mit sich, daß
ich Leichen sah, aber ich hatte noch nie vor der Leiche
eines Freundes gestanden.
Der Alte sah mich zurückkommen. »Sie seh‹n nich
besonders aus«, bemerkte er. Ich nahm es zuerst als
schlechten Scherz über meine Kleidung, bis mir aufging,
daß ich wahrscheinlich starrte wie eine Untote aus dem
neuesten Boris Karloff-Streifen. »Wir müssen die Polizei
rufen«, meine Stimme klang hohl in meinen Ohren. »Joe
liegt tot da drin. Kopfschuß.«
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Wahrscheinlich war der Alte schockiert, aber seiner
stoischen Fassade war das nicht anzusehen. Wir gingen
in sein Haus, und er rief die Schergen. Seine Frau kam
aus der Küche und
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