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Heißer Winter in Texas

Heißer Winter in Texas

Titel: Heißer Winter in Texas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deborah Powell
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bis
    dieser Irrsinn vorbei war. Ich weigerte mich standhaft,
    versprach aber doch, an einem Abend der folgenden
    Woche zum Essen zu kommen und sie außerdem sofort
    anzurufen, falls wieder etwas passierte.
    In gewohnter Zuverlässigkeit statteten Anice und ich
    Mrs. Dantzlers Hof noch einen Besuch ab, und dann rief
    ich Tony Mahan an, um ihm die Nachricht vom Tod
    seines Vaters beizubringen. Bevor ich schlafen ging,
    betete ich für Joe.
    74
    4
    Am nächsten Tag beschloß ich, ein As aus dem Ärmel
    zu ziehen und Billy Oswald aufzusuchen. Er gehörte zu
    den Reichen und Mächtigen der Stadt, zog die Fäden
    aber hinter den Kulissen. Sein Vermögen hatte er
    während der Prohibition mit Alkoholschmuggel
    gemacht. Inzwischen nannte er ein Drittel aller in der
    Stadt betriebenen Spielautomaten sein eigen sowie
    einen gutgehenden Glücksspielsalon im sechsten Stock
    des Lamar Hotels. Dort traf sich zu früherer oder
    späterer Stunde alles zum Würfeln, was in Texas zum
    großen Geld zählte, einschließlich Howard Hughes,
    wann immer er in Houston weilte. Ich war schon in
    dem Laden gewesen, als Errol Flynn mit Frank Nitti,
    dem Unbezwingbaren von Chicago, die Würfel rollen
    ließ. Man konnte nie wissen, wen man in Bills Spielhölle
    gerade traf. Neben Schnaps und Glücksspiel hatte Bill
    auch noch eine stattliche Truppe Edelhuren aufgebaut,
    bekannt von Houston bis Dallas. In den Tagen, als er
    noch

schwarzen
    Schnaps
    aus
    Galveston
    hereinschmuggelte, hatte er mindestens zwei Männer
    umgebracht, die in sein Territorium eindringen wollten.
    Es gab Gerüchte, daß noch ein paar andere den
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    tödlichen Fehler begangen hatten, ihm irgendwie auf
    die Zehen zu treten, aber da die Leichen nie gefunden
    wurden, wußte niemand Genaueres. Bills bester Freund
    war der Sheriff von Harris County. Mit einem Ohr in
    dessen Büro und dem anderen am Herzschlag der
    Unterwelt blieb ihm nichts verborgen, was sich in der
    Stadt abspielte. Wenn er über etwas nicht Bescheid
    wußte, konnte er innerhalb weniger Stunden alles
    darüber herausfinden – oder die betreffende Sache
    existierte nicht.
    Ich hatte Bill vor Jahren über Joe Mahan
    kennengelernt. Sie waren zusammen aufgewachsen und
    Freunde geblieben, auch nachdem Joe zu den Schergen
    ging und Bill sich auf der anderen Seite des Gesetzes
    etablierte.
    Bill wohnte am South Boulevard in einer Monterrey-
    Villa mit rosa Stuck und Ziegeldach. Ich hielt in der
    Hofeinfahrt, dann saß ich da, bewunderte das Haus und
    fragte mich, ob ich jemals genug Geld haben wollte, um
    mir etwas Ähnliches zu leisten. Schließlich stieg ich aus
    und ging zur Tür, wobei ich mindestens sechs Paar
    Augen auf mir fühlte. Das Haus wimmelte von
    Leibwächtern. Aus den hundertjährigen Eichen, die den
    Boulevard säumten, konnte keine einzige Eichel zu
    Boden fallen, ohne daß diese Jungs es wußten.
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    Ein Gorilla im Cowboykostüm öffnete die Tür, bevor
    ich einen Finger nach der Klingel ausgestreckt hatte. Ich
    trat ins Wohnzimmer, es hatte terrakottafarben
    getünchte Wände mit indianischen Mustern in Weiß
    darauf. Die Möbel waren sämtlich aus rohem
    Eichenholz, überall im Raum lagen Navajodecken und
    handgewebte Teppiche, dazwischen standen Kakteen in
    Tontöpfen. Der Gorilla ließ mich dort warten, während
    er sich erkundigte, ob Bill Zeit für mich hatte. Nach
    kurzer Zeit kam er zurück und führte mich in Bills
    Arbeitszimmer.
    Hier standen zwei lohfarbene lederne Polstersessel
    einem Schreibtisch gegenüber, der etwa die Breite des
    Alamo River hatte. Die Ledercouch an der Wand paßte
    zu den Sesseln. Rund um die Wände zogen sich Regale,
    in denen teure Bücher und Remington-Bronzen standen.
    Drei Telefone und ein Diktiergerät zierten den
    Schreibtisch. Das Zimmer war fensterlos, und ich hatte
    mich schon oft gefragt, ob es wohl einen unterirdischen
    geheimen Ausgang gab.
    Bill saß breit in seinem riesigen, mit Schnitzereien
    verzierten Schreibtischstuhl, aber als ich eintrat, stand er
    auf und kam mir breit lächelnd entgegen, um meine
    Hände zu drücken. Seine großen dunklen Augen hinter
    der Hornbrille waren sanft. Ohne seine Cowboystiefel
    mit den siebeneinhalb Zentimeter hohen Absätzen maß
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    er einen Meter neunzig. Die Stiefel waren aus dem
    Leder äußerst seltener Reptilien gefertigt, was mich
    nicht weiter juckte. Von mir aus konnte man alle
    Reptilien zu Schuhen und Taschen verarbeiten – ich
    haßte das Viehzeug. Bill hatte dichte, widerspenstige
    graue Locken

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