Heißer Winter in Texas
erschienen, was aufgrund
seiner Liebe zum Whiskey ab und zu vorkam. So holte
ich etwas Schlaf nach, und meine Nerven kehrten
wieder in ihre angestammten Bahnen zurück.
Früh am nächsten Morgen wählte ich Joes Nummer.
Ich mußte unbedingt mit ihm über die Einbrecher
sprechen. Selbst wenn er keinen Kriminellen namens
Tully kannte, konnte er im Archiv nachsehen, und ich
ging jede Wette ein, daß Tully ein Vorstrafenregister
hatte. Für eine Flasche guten Schnaps würde Joe sich
durch jede vorhandene Akte wühlen, bis er den Typ
gefunden hatte – oder zumindest jemanden, der mir
mehr erzählen konnte.
Am späteren Vormittag entschloß ich mich, zu Joes
Wohnung zu fahren, um nachzuschauen, ob er vielleicht
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nur nicht ans Telefon ging. Mir fiel auch allmählich die
Decke auf den Kopf. Ich war erst einmal bei Joe
gewesen, vor sechs Jahren, und wußte seine Adresse
nicht auswendig. Mein Adreßbuch war weiterhin nicht
aufzutreiben, also sah ich im Telefonbuch nach, packte
Anice ein und ging.
Die Temperatur war auf etwa 17 Grad angestiegen.
Es würde wohl nicht mehr viele kalte Tage in diesem
Jahr geben. Der Verkehr in der Stadt war nahezu
undurchdringlich, und wir schlängelten uns durch das
Lagerhausviertel im Osten, um zur Canal Street zu
gelangen. Diese Gegend war überwiegend mexikanisch,
aber als ich nach Süden abbog, erreichte ich das
Arbeiterviertel, in dem Joe lebte. Ich parkte vor seinem
Haus und sah seinen verbeulten Chevrolet, der ein paar
Dellen mehr hatte als bei unserer letzten Begegnung.
Im Hof gegenüber war ein alter Mann damit
beschäftigt, ein Paar alte Kutschenräder weiß
anzustreichen. Er hatte sie so tief in die Erde
eingegraben, daß nur noch die obere Hälfte herausragte.
Ich fragte mich, warum er für diese Arbeit nicht auf
wärmeres Wetter gewartet hatte. Er beäugte mich
mißtrauisch, als ich auf Joes Tür zuging. Ein paar dünne
Vorhangfetzen bedeckten die Fenster, die oben in Joes
Tür eingelassen waren, und verhinderten, daß ich ins
Wohnzimmer schauen konnte.
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Ich ruinierte mir die Schuhe und ging durch den mit
spärlichen Grashalmen bewachsenen Schlamm zu Joes
Hintertür. Er hätte mindestens eine Wagenladung Erde
herankarren müssen, um die Unebenheiten im Boden
auszugleichen und einen Rasen anzulegen, aber
Gartenarbeit war nicht Joes Sache. Die gelbe Farbe
blätterte hier und da von der Holzverkleidung des
Hauses ab, aber Anstreichen gehörte ebenfalls nicht zu
Joes Hauptinteressen. Daß er auch nicht allzuviel von
Haushaltsführung hielt, war mir bereits bekannt, und
ich war darauf eingestellt. Ich hämmerte an die
Hintertür, ohne daß das irgendeine Reaktion ausgelöst
hätte. So kehrte ich um und ging zu dem alten Mann
hinüber, der zusah, wie ich näherkam.
»Ziemlich frisch, um hier draußen die Kelle zu
schwingen, was?« fragte ich in gewolltem
Arbeiterjargon, gewürzt mit einem Hauch ländlicher
Aussprache.
Sein Overall und sein kariertes Flannellhemd sahen
aus, als hätten Ratten daran genagt. Sein Gesicht hatte
den Charme eines Staubsturms in der Steppe von
Kansas. Ich wäre jede Wette eingegangen, daß er nicht
eine Miene verzogen hatte, seit Woodrow Wilson im
weißen Haus saß. Sein Blick bedachte mich ungefähr
eine Minute lang mit Mißbilligung und Argwohn. »Sie
sehn aus wie diese Marlene Dietrich. Komm‹ Sie von
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Hollywood?« fragte er. Sein Ton verriet die Erwartung,
daß ich jeden Moment in Flammen aufgehen und ewige
Verdammnis in den Feuerschlünden der Hölle fristen
würde.
Ja, und da drüben im Auto sitzt Rin Tin Tin als
Zwergschnauzer verkleidet, dachte ich verdrossen. Ich
fühlte mich nicht geschmeichelt. Ich hatte keine
Ähnlichkeit mit Marlene Dietrich. Mir war klar, daß der
alte Esel meine Hosen und meine festen Halbschuhe
meinte, aber die hatte ich schon getragen, als Miss
Dietrich noch keine Zehe auf amerikanischen Boden
gesetzt hatte. Natürlich nicht dasselbe Paar Schuhe und
nicht dieselbe Hose, aber den gleichen Aufzug. Ich trug
nun mal nichts anderes, und so mancher alte Kauz hatte
Probleme damit. Aber ich zog das Zeug nicht an, um
diese Typen zu erfreuen, und auch nicht, um sie zu
ärgern. Ich trug die Kleidung, die mir selbst gefiel, und
nichts anderes zählte.
Ich zauberte irgend etwas in mein Gesicht, hoffte,
daß es Ähnlichkeit mit einem Lächeln hatte, und
versicherte ihm, daß ich in Houston geboren und
aufgewachsen sei. Als nächstes machte ich
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