Heißer Winter in Texas
sagte er so nachdrücklich er konnte.
»Hör doch auf, Tully. Cotton hat nicht den leisesten
Schimmer. Er ist nichts weiter als ein armseliger alter
Suffkopf.«
»Lügt. Cotton is‹ Boß.« Er knirschte mit den Zähnen.
»Es täte mir leid, wenn ich dir die Hand drücken
müßte«, warnte ich.
»Nein. Es ist wahr!« Er schielte mich angstvoll an.
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Ich dachte an Joe und hatte genug davon, meine Zeit
in diesem Loch zu verbringen. Ich beugte mich über ihn
und nahm seinen kleinen Finger. Er schrie vor Schmerz.
»Ich schwöre!«
»Okay, vergiß es.« Ich ließ den Finger los.
»Trinken«, bettelte er.
»Nichts dagegen«, sagte ich und leerte die Flasche
vollends. »Ich hole dir jetzt einen Krankenwagen.«
»Trinken«, wiederholte er.
»Ach, du wolltest auch noch was? Tut mir leid. Alles
alle.« Sonderlich leid tat es mir nicht.
Er schien erleichtert, mich von hinten zu sehen. Ich
ging treppab, unterrichtete den Nachtportier von den
Geschehnissen und wartete, bis er das St. Josephs-
Krankenhaus angerufen hatte. Danach verließ ich die
Hotelhalle, um mein Auto zu holen.
Der Wächter hockte immer noch da. Ich peilte ihn an.
»Jede Wette, daß ich nicht die erste war, die Sie heute
nach Mr. Kirks Zimmernummer gefragt hat.« Er starrte
mich ausdruckslos an. Ich opferte einen weiteren Dollar.
»Cowboytyp.« So lautlos, wie ein Rolls Royce aus der
Vorführhalle gleitet, war das Geld durch die Luft
geschwebt und dem mir mittlerweile vertrauten
Verschwinde-Kunststück zum Opfer gefallen.
Ich stieg in meinen Wagen. Cowboytyp? Cowboytyp.
Angesichts der Tatsache, daß wir uns in Texas
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befanden, im Herzen von Cowboyland, verringerte das
den Kreis der Verdächtigen ungemein. Ich fuhr ins Haus
der Republik zurück, um Cotton noch mal unter die
Lupe zu nehmen. Doch Pete erzählte mir, daß er gleich
nach mir gegangen war. Ich ging auch – nach Hause,
Anice ausführen.
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Ich legte mich hin und machte die Augen zu, um über
die Ereignisse des Tages nachzudenken. Alles schien
zunehmend verworrener und unkontrollierbarer zu
werden. Mir war, als hätte ich den ganzen Tag nichts
anderes zuwege gebracht als zu viel zu essen, noch
mehr zu trinken und flügelschlagend durch die Stadt zu
rennen. Mein Verstand spielte Kreisel und trudelte
davon ins Nichts, und ich bekam einfach nicht die
Orientierung, um zu erkennen, was vorging. Vielleicht
war Meditieren die Lösung. Ich versuchte es nach Art
buddhistischer Mönche, bewegte keinen Muskel und
konzentrierte mich auf einen Punkt mitten auf meiner
Stirn. Als ich gerade einen Hauch von Kontrolle über
meine aufgewühlten Nerven zu spüren begann, landete
Anice auf meinem Magen. Klar geworden war mir
dabei nur, daß Hunde in den Tempeln buddhistischer
Mönche vermutlich Hausverbot haben. Ich schob sie
von mir, bevor sie bleibenden Schaden anrichten
konnte, und schloß sofort wieder die Augen.
Eines war schon sehr befremdlich – allem Anschein
nach hatte Cotton Peeples Tully angeheuert und nicht
umgekehrt. Bei seinen Schmerzen war ich geneigt, Tully
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zu glauben, daß er die Wahrheit gesagt hatte. Aber wer
in aller Welt würde Cotton beauftragen, einen Bruch zu
machen und notfalls auch jemanden umzulegen? Und
wer hatte Tully verprügelt? Und warum?
Ich gab auf und döste ein. Das Telefon weckte mich
nach etwa zwei Stunden. Ich griff nach dem Hörer und
gleichzeitig nach meinen Schläfen, um einen dumpf
pochenden Schmerz zu stoppen.
»Hallo?« Ich krächzte schon wie Tully. Jemand hatte
meine Augen mit Schmirgelpapier bearbeitet, und ich
war unfähig, auch nur einen Kubikmillimeter Sauerstoff
in mein System zu pumpen. Ich schwor mir in diesem
Augenblick, keinen Alkohol mehr anzurühren, was
immer auch geschehen würde – mindestens einen
Monat lang und vielleicht sogar für den Rest meines
Lebens.
»Spreche ich mit Hollis?« fragte eine heisere
weibliche Stimme.
»Ja«, antwortete ich. Mein Hirn befand sich im
Leerlauf, und ich konnte den ersten Gang nicht finden.
»Hier ist Lily Delacroix. Wir haben uns vor zwei
Tagen kennengelernt. Sie hatten vorgeschlagen, daß wir
uns gelegentlich treffen, und ich wollte fragen, ob das
Angebot noch gilt?«
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Ich umklammerte die Sprechmuschel und räusperte
mich, um ein vernehmliches Ja von mir geben zu
können.
»Ich dachte, wir könnten uns vielleicht heute abend
auf einen Drink treffen.«
»Heute abend?«
»Ja, wenn Sie Zeit haben?«
»Oh, sicher.
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