Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Heißer Winter in Texas

Heißer Winter in Texas

Titel: Heißer Winter in Texas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deborah Powell
Vom Netzwerk:
überlegte, was
    98
    nun zu tun sei. Schließlich holte ich tief Luft und klopfte
    an die Tür. Nichts. Ich klopfte noch einmal und glaubte
    ein Geräusch zu hören, aber niemand öffnete. Leise
    durch den Mund atmend versuchte ich den Türknopf zu
    drehen. Es war nicht abgesperrt. Mein Herzschlag
    dröhnte in meinen Ohren, als ich langsam die Tür
    aufschob. Wenn die Spannung nicht bald nachließ,
    würde ich noch einen Schlaganfall kriegen. Ich machte
    ein paar Schritte in den Raum hinein. Halb rechnete ich
    mit Trommelfeuer aus einer Revolvermündung. Einen
    Schritt weiter und ich erstarrte.
    Ein Mann saß auf dem Stuhl neben dem Bett, die
    Augen auf mich gerichtet. Ich nahm an, daß es sich um
    Tully Kirk handelte. Sein Gesicht war so blutig, daß ich
    die Züge nicht erkennen konnte. Blut hatte sein
    pinkfarbenes Hemd durchtränkt und war auf seine
    senfgelben Hosen getropft. Ich weiß nicht, ob ich wegen
    dem Blutbad oder der Farbkombination aufstöhnte.
    Jedenfalls wollte ich mich gerade rückwärts aus dem
    Zimmer drücken, als er seufzte. Mir wurde klar, daß er
    noch lebte.
    Zögernd näherte ich mich seinem Stuhl und starrte
    ihn an. »Bei allen lebendigen und toten Heiligen. Ich
    weiß nicht, ob es dir bewußt ist, aber jemand hat dich
    zu Brei geschlagen«, teilte ich ihm mit.
    99
    Er rollte mit dem einen Auge, das er noch
    gebrauchen konnte. Ich holte ein Handtuch aus dem
    Bad und ließ Wasser drüberlaufen. Hinter der
    Kloschüssel stand eine Viertelliterflasche Jack Daniels
    herum, also nahm ich sie mit nach vorn. Ich hielt ihm
    das nasse Tuch hin. Er nahm es mit der linken Hand,
    denn die Finger seiner rechten waren ihm einzeln
    gebrochen worden, so daß die Hand aussah wie der
    Handschuh des Fängers beim Baseball. Als Berufskiller
    war er bis auf weiteres keine Gefahr mehr, wenn er
    nicht ungewöhnlich gut mit der Linken war, was ich
    bezweifelte. Die meisten Menschen sind außerstande,
    mit der Gabel in der linken Hand Erbsen zu essen, und
    schießen ist noch ein bißchen schwieriger.
    Ich leerte fast die ganze Whiskeyflasche, während er
    sich das Gesicht abwischte. Den letzten Schluck ließ ich
    ihm. Ich wusch das Handtuch aus, er kippte den Rest
    Alkohol hinunter. Er unterzog sein Gesicht einem
    zweiten Waschgang. Ein Auge war völlig
    zugeschwollen, seine Nase glich einem Pfannkuchen,
    und seine Lippen waren aufgequollen wie Schläuche.
    »Soll ich runtergehen und dir einen Arzt rufen
    lassen?« fragte ich.
    Er lehnte mit einer Kopfbewegung ab. Der Schmerz
    ließ ihn ächzen. »Whiskey«, murmelte er,
    100
    »Ist alle. Ich hab‹ ihn zur Nervenberuhigung
    gebraucht, nachdem ich dein Gesicht gesehen habe«,
    verkündete ich ohne Schuldgefühl.
    »Koffer«, brachte er mühsam hervor.
    »Ich glaube nicht, daß du heute noch irgendwo
    hingehen wirst«, antwortete ich.
    »Koffer«, drängelte er.
    »Oh, du willst, daß ich in den Koffer schaue.« Ich
    kapierte.
    Auf dem Boden am Fußende des Bettes lag ein
    brauner Koffer. Sein Inhalt bestand aus ein paar
    Hemden und etwas Unterwäsche sowie einer
    orangefarbene Krawatte mit dem Konterfei eines
    Hawaiimädchens im Bastrock. Heiliges Kanonenrohr!
    Ich konnte nicht ganz ausschließen, daß er allein für
    seine geschmacklose Klamotte zusammengeschlagen
    worden war. Unter den Hemden fand ich eine volle
    Flasche Whiskey. Ich zog den Verschluß ab und nahm
    erstmal einen Zug. Ich hörte ein Stöhnen, und die Kröte
    streckte flehend die linke Hand aus. Ich gab ihm die
    Pulle und half ihm sogar, sie an den Mund zu heben. Er
    schluckte einige Zeit in sich hinein. Ich entwand sie ihm,
    bevor er so weggetreten war, daß er mir nicht mehr
    antworten konnte. Er richtete seinen Blick fragend auf
    mich.
    »Wer?«
    101
    »Ich bin Hollis Carpenter. Du bist vorgestern in
    meine Wohnung eingebrochen. Erinnerst du dich?«
    Er blinzelte und nickte. Es überraschte mich, daß er
    das zugab.
    »Wer ist dein Auftraggeber?«
    »Cotton«, mummelte er.
    »Ja, ich weiß, daß Cotton mit drinsteckt. Ich will
    wissen, wer dir den Auftrag gegeben hat.«
    Er schüttelte langsam den Kopf und schnitt eine
    Grimasse – zumindest kam es mir so vor.
    »Schmerzt deine Hand schon genug, daß ich einen
    Arzt anrufen sollte? Du würdest ins Krankenhaus
    kommen, da verpassen sie dir Morphium und du spürst
    nichts mehr davon.«
    Er nickte. »Anrufen.«
    »Geht klar. Sowie du mir erzählst, für wen du Idiot
    arbeitest«, sagte ich, und es war mir egal, was er
    durchmachte.
    »Cotton«,

Weitere Kostenlose Bücher