Heißer Winter in Texas
meinem Kopf übertönte.
Wir bogen rechts in den Montrose Boulevard ein. Ich
mußte Anices Hinterpfoten packen, damit sie nicht aus
dem Fenster und auf ihren kleinen Dickkopf fiel. Ich
fluchte, lenkte, schaltete in einen niedrigeren Gang und
hielt gleichzeitig Anice fest. Sie kläffte begeistert und
versuchte, sich noch weiter aus dem Fenster zu hängen.
So rollten wir majestätisch am Museum vorbei und
glitten bravourös in die Einfahrt des Warwick. Ich
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bremste. Ein Bediensteter öffnete mir die Wagentür.
Dann stieg er ein, und ich grinste boshaft bei seinem
Schrei, als ihm Anice auf den Schoß sprang und vier
Pfoten in seine Eier rammte, um ihren Anspruch auf den
Fensterplatz anzumelden.
Der Türsteher in seiner Uniform ähnelte einem
russischen Zaren und strahlte einschüchternde Würde
aus. Vermutlich hätte ich geknickst, wenn ich sowas
könnte. Immerhin versuchte ich, nicht zu gehen, als
vermäße ich gerade ein Baumwollfeld, während ich die
Lobby durchquerte – die eine kleine Konzession an
sogenannte Fraulichkeit, zu der ich gelegentlich bereit
bin.Die Lobby des Warwick wurde von einem
kristallenen Kronleuchter von der Größe eines
Flußdampfers erhellt. Die Wände waren in hellem
Walnußholz getäfelt, und an der dem Eingang
gegenüberliegenden hing ein Aubusson-Gobelin von
der Decke bis zum Boden. Letzterer war aus altweißem
Marmor
mit
einer
Kaffee-mit-Sahne-farbenen
Berberbrücke. Alles, was blinken sollte, blinkte, und
alles, was matt schimmern sollte, schimmerte matt. Auf
jeder Seite der Lobby waren sechs kleine Geschäfte
eingerichtet, die Kleidung, Geschenke oder Schmuck
anboten. Ich schritt am Empfang vorbei in einen mit
Palmen bepflanzten Hof. Die Menschen an den Tischen
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redeten und lächelten, tranken Kaffee und verzehrten
französisches Gebäck. Schräg gegenüber wies eine Tafel
zum Jagdraum. Ich ging unter den riesigen Palmen in
ihren Messingübertopfen hindurch und schaute hinein.
Der Raum war sehr dunkel mit einer gefirnißten
Holztäfelung ringsum. Die Messingleuchter hatten die
Form übergroßer Jagdhörner. Ein Gasfeuer brannte im
braunmarmornen
Kamin.
Es
hätte
meine
Lieblingskneipe werden können – dunkel, romantisch,
und nicht eine Erdnußschale auf dem Boden.
Als sich meine Augen an die Dunkelheit gewöhnten,
entdeckte ich Lily an einem Ecktisch. Sie lächelte mir
entgegen, und meine Knie wurden weich, um ein Haar
wäre ich lang hingeschlagen. Aber dann holte ich nur
tief Luft und durchquerte aufrecht den Raum. Sie sah
mir zu. Ich wünschte, sie würde wegschauen – für den
Fall, daß ich doch noch über irgendwas stolperte.
Anmut gehört nicht zu den Eigenschaften, für die ich
bekannt bin. Ich brachte es jedoch fertig, den Tisch zu
erreichen, ohne mich der Lächerlichkeit preiszugeben.
Ich hätte mich weniger davor gefürchtet, in der Schlacht
von Gettysburg mitzukämpfen, meinethalben sogar mit
nichts als einem rosa Satinröckchen und passendem
Sonnenschirm angetan. Aber mich mit dieser Frau an
einen Tisch zu setzen und zu plaudern jagte mir eine
Todesangst ein. Mehrfach versicherte ich mir, daß sie
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ein ganz gewöhnlicher Mensch sei, aber ich wußte
natürlich, daß ich log. Sie war eine Göttin, geradewegs
vom Olymp herabgestiegen, und das wußte ich ganz
genau.
Wie durch Zauberhand erschien ein Kellner, grinste
wie Carrolls Cheshire-Katze, nahm meine Bestellung
entgegen und verschwand. Halb rechnete ich damit,
daß sein Lächeln noch eine Weile im Raum schweben
würde, nachdem der Rest von ihm längst verschwunden
war.
Ich schickte ein Stoßgebet ab, der Kellner möge sich
beeilen, den mir wurde klar, daß mein Mund zu trocken
war, um ein Wort zu artikulieren. Also lächelte und
nickte ich.
»Hallo. Wie geht es Ihnen?« sagte sie, nahm sich eine
rote Zigarette mit Goldmundstück und zündete sie mit
einem Feuerzeug an, das seine 999 Karat haben mochte.
Beim Öffnen und Schließen des Deckels ertönte ein
Klicken, das sich sehr vom Blechgeräusch der Zippos
unterschied, die gewöhnliche Sterbliche benutzten. Ihre
Zigaretten waren vermutlich teurer als mein Pullover.
Sie trug ein schwarzes Kleid, das zur Farbe ihrer
Haare und Augen paßte. Irgendwie sah sie darin wie
eine Französin aus, und ich sagte es ihr. Sie lachte und
erzählte, daß sie französischer Abstammung sei. Ihre
Vorfahren waren um Haaresbreite der Guillotine
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entkommen und in Louisiana gelandet.
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