Heißer Winter in Texas
überrascht, wenn du wüßtest, wie viele
Christen niemals einen Funken Glauben im Leib gehabt
haben, Tom.«
»Ja, ist das nicht die verdammte Wahrheit«, röhrte er.
Ich bekam etwas Tabak ab und war froh, daß ich dunkle
Kleidung trug.
Ein Polizist kam herein. Wir drehten uns um. Er war
eigentlich nicht viel größer als das Empire State
Building. Er hielt ein vertrocknetes Männlein am
Schlafittchen. Letzteres war mit einem verbeulten
braunen Anzug bekleidet und hatte einen Adamsapfel
so groß wie ein Badepantoffel.
»Lassen Sie mich los! Sie machen einen großen
Fehler. Ich bin der Diakon der Zweiten Baptistischen
Kirche zu Lufkin in Texas!«
»Meinethalben könnten Sie der Papst sein – es schert
mich nicht. Eine Prostituierte dafür engagieren, daß sie
Ihnen eine Straßhalskette in den Arsch schiebt und dann
mit Schwung wieder rauszieht – das mag im wilden
Lufkin durchgehen, aber hier ist es gesetzlich verboten«,
knurrte der Bulle und marschierte mit dem verhutzelten
Männlein
den
Gang
hinunter
zum
Vernehmungszimmer. Er blickte über die Schulter zu
uns, grinste und zwinkerte uns zu. Ich fragte mich, wie
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der Diakon seiner Gemeinde sein Tun erklären würde.
Ich wünschte ihm, daß er zumindest die Kette als
Souvenir behalten konnte. Armer alter Teufel, es war
wohl ziemlich schwierig, in Lufkin jemanden zu finden,
der oder die einem Juwelen in den Hintern schob.
Der Zwischenfall hatte mich ungeheuer belebt.
Teufel, ich war schon vorher guter Dinge gewesen, jetzt
grenzte meine Laune an Euphorie. Fast in einem Anlauf
nahm ich die ausgetretenen Stufen, die zu dem
anstaltsgrün gestrichenen Zimmer führten, in dem die
Mordkommission residierte.
Frank Brumfield bot mir mit einer Handbewegung
einen Platz auf dem harten Holzstuhl ihm gegenüber
an. Zwischen uns stand sein Schreibtisch aus
büroüblicher
heller
Eiche.
Die
Brandflecken
ausgedrückter Zigaretten und eingeritzte Obszönitäten
zierten die Tischplatte.
Brumfield sah erschöpft aus. Vor ihm wuchsen Berge
unerledigter Schreibarbeit – Stalagmiten, die nicht aus
Wasser, sondern aus vielen kleinen und größeren
Verbrechen entstanden waren. Seine Kleidung war
ordentlich gebügelt und seine Schuhe auf Hochglanz
poliert. In seinem Mundwinkel klebte eine Zigarette.
Sein Blick war ernst, als er sagte: »Ich habe gehört,
daß du vorhin angerufen hast. Warum vertust du deine
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Zeit damit, einem Idioten wie Darryl Wade zu
widersprechen?«
Ich zuckte die Achseln. Auf diese Frage gab es keine
Antwort. Warum überqueren Hühner Landstraßen? Um
auf die andere Seite zu kommen? Oder weil sie ein
unbewußtes Verlangen haben, plattgefahren zu
werden?
»Wo ist denn dieses Trampel?« fragte ich.
Die Mordkommission war in einem Büroraum
untergebracht, der ungefähr so groß war wie mein
Wohnzimmer.
Die
Einrichtung
bestand
aus
verschrammten Schreibtischen und Stühlen, deren
Standort ein drittklassiger Innenarchitekt im Vollsuff
berechnet hatte. An einer Wand waren Aktenschränke
aufgereiht, obenauf lagen braune Ordner herum. Eine
schmutzige Tafel nahm die Nordseite ein. Sie war
vollgekritzelt mit Kreidediagrammen und Auflistungen,
die meiner Schätzung nach die Fakten zu etlichen
laufenden Fällen waren. Unten links hatte ein Witzbold
zwei kopulierende Strichmenschen hingezeichnet.
Gekrönt wurde dieses behagliche Arbeitszimmer von
zwei asymmetrisch aufgestellten grauen Mülltonnen.
Aus einer stieg Rauch auf. Ich machte Frank auf diese
Tatsache aufmerksam und wartete, während er den
Schwelbrand mit einer Tasse Kaffee löschte.
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»Das ist das einzige, wozu diese Brühe taugt«,
erklärte er. »Wahrscheinlich frißt sie ein Loch in den
Boden des Mülleimers. Gut, daß du gekommen bist. Ich
hätte dich heute sowieso angerufen. Wollte fragen, was
du da neulich in Joes Wohnung gemacht hast?«
Ich runzelte in verwirrter Unschuld die Stirn. »Ich
wollte ihn nur besuchen. Ich hab‹ versucht ihn
anzurufen und mir Sorgen gemacht, also bin ich
rübergefahren. Mehr nicht«, teilte ich ihm freundlich
mit. Es war die Wahrheit. Es mochte nicht die ganze
Wahrheit sein, aber ich hatte ihn nicht belogen.
»Und warum wolltest du ihn sprechen?« fragte er
höflich.
»Ich wollte einfach mit ihm reden. Joe und ich sind
alte Freunde, das weißt du doch, Frank. Wieso fragst
du? Stehe ich unter Verdacht?« Ich lehnte mich im Stuhl
zurück und überkreuzte die Knöchel.
»Jede und
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