Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Heißer Winter in Texas

Heißer Winter in Texas

Titel: Heißer Winter in Texas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deborah Powell
Vom Netzwerk:
überrascht, wenn du wüßtest, wie viele
    Christen niemals einen Funken Glauben im Leib gehabt
    haben, Tom.«
    »Ja, ist das nicht die verdammte Wahrheit«, röhrte er.
    Ich bekam etwas Tabak ab und war froh, daß ich dunkle
    Kleidung trug.
    Ein Polizist kam herein. Wir drehten uns um. Er war
    eigentlich nicht viel größer als das Empire State
    Building. Er hielt ein vertrocknetes Männlein am
    Schlafittchen. Letzteres war mit einem verbeulten
    braunen Anzug bekleidet und hatte einen Adamsapfel
    so groß wie ein Badepantoffel.
    »Lassen Sie mich los! Sie machen einen großen
    Fehler. Ich bin der Diakon der Zweiten Baptistischen
    Kirche zu Lufkin in Texas!«
    »Meinethalben könnten Sie der Papst sein – es schert
    mich nicht. Eine Prostituierte dafür engagieren, daß sie
    Ihnen eine Straßhalskette in den Arsch schiebt und dann
    mit Schwung wieder rauszieht – das mag im wilden
    Lufkin durchgehen, aber hier ist es gesetzlich verboten«,
    knurrte der Bulle und marschierte mit dem verhutzelten
    Männlein
    den
    Gang
    hinunter
    zum
    Vernehmungszimmer. Er blickte über die Schulter zu
    uns, grinste und zwinkerte uns zu. Ich fragte mich, wie
    136
    der Diakon seiner Gemeinde sein Tun erklären würde.
    Ich wünschte ihm, daß er zumindest die Kette als
    Souvenir behalten konnte. Armer alter Teufel, es war
    wohl ziemlich schwierig, in Lufkin jemanden zu finden,
    der oder die einem Juwelen in den Hintern schob.
    Der Zwischenfall hatte mich ungeheuer belebt.
    Teufel, ich war schon vorher guter Dinge gewesen, jetzt
    grenzte meine Laune an Euphorie. Fast in einem Anlauf
    nahm ich die ausgetretenen Stufen, die zu dem
    anstaltsgrün gestrichenen Zimmer führten, in dem die
    Mordkommission residierte.
    Frank Brumfield bot mir mit einer Handbewegung
    einen Platz auf dem harten Holzstuhl ihm gegenüber
    an. Zwischen uns stand sein Schreibtisch aus
    büroüblicher
    heller
    Eiche.
    Die
    Brandflecken
    ausgedrückter Zigaretten und eingeritzte Obszönitäten
    zierten die Tischplatte.
    Brumfield sah erschöpft aus. Vor ihm wuchsen Berge
    unerledigter Schreibarbeit – Stalagmiten, die nicht aus
    Wasser, sondern aus vielen kleinen und größeren
    Verbrechen entstanden waren. Seine Kleidung war
    ordentlich gebügelt und seine Schuhe auf Hochglanz
    poliert. In seinem Mundwinkel klebte eine Zigarette.
    Sein Blick war ernst, als er sagte: »Ich habe gehört,
    daß du vorhin angerufen hast. Warum vertust du deine
    137
    Zeit damit, einem Idioten wie Darryl Wade zu
    widersprechen?«
    Ich zuckte die Achseln. Auf diese Frage gab es keine
    Antwort. Warum überqueren Hühner Landstraßen? Um
    auf die andere Seite zu kommen? Oder weil sie ein
    unbewußtes Verlangen haben, plattgefahren zu
    werden?
    »Wo ist denn dieses Trampel?« fragte ich.
    Die Mordkommission war in einem Büroraum
    untergebracht, der ungefähr so groß war wie mein
    Wohnzimmer.
    Die
    Einrichtung
    bestand
    aus
    verschrammten Schreibtischen und Stühlen, deren
    Standort ein drittklassiger Innenarchitekt im Vollsuff
    berechnet hatte. An einer Wand waren Aktenschränke
    aufgereiht, obenauf lagen braune Ordner herum. Eine
    schmutzige Tafel nahm die Nordseite ein. Sie war
    vollgekritzelt mit Kreidediagrammen und Auflistungen,
    die meiner Schätzung nach die Fakten zu etlichen
    laufenden Fällen waren. Unten links hatte ein Witzbold
    zwei kopulierende Strichmenschen hingezeichnet.
    Gekrönt wurde dieses behagliche Arbeitszimmer von
    zwei asymmetrisch aufgestellten grauen Mülltonnen.
    Aus einer stieg Rauch auf. Ich machte Frank auf diese
    Tatsache aufmerksam und wartete, während er den
    Schwelbrand mit einer Tasse Kaffee löschte.
    138
    »Das ist das einzige, wozu diese Brühe taugt«,
    erklärte er. »Wahrscheinlich frißt sie ein Loch in den
    Boden des Mülleimers. Gut, daß du gekommen bist. Ich
    hätte dich heute sowieso angerufen. Wollte fragen, was
    du da neulich in Joes Wohnung gemacht hast?«
    Ich runzelte in verwirrter Unschuld die Stirn. »Ich
    wollte ihn nur besuchen. Ich hab‹ versucht ihn
    anzurufen und mir Sorgen gemacht, also bin ich
    rübergefahren. Mehr nicht«, teilte ich ihm freundlich
    mit. Es war die Wahrheit. Es mochte nicht die ganze
    Wahrheit sein, aber ich hatte ihn nicht belogen.
    »Und warum wolltest du ihn sprechen?« fragte er
    höflich.
    »Ich wollte einfach mit ihm reden. Joe und ich sind
    alte Freunde, das weißt du doch, Frank. Wieso fragst
    du? Stehe ich unter Verdacht?« Ich lehnte mich im Stuhl
    zurück und überkreuzte die Knöchel.
    »Jede und

Weitere Kostenlose Bücher