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Heißer Winter in Texas

Heißer Winter in Texas

Titel: Heißer Winter in Texas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deborah Powell
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seiner
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    Ermordung dort gewesen war. Außerdem hatte ich
    Susie lange nicht gesehen, und ich war völlig verrückt
    nach ihr.
    Zuerst aber mußte ich in Erfahrung bringen, was nun
    mit Joes Begräbnis war. Sein Sohn hatte angekündigt,
    daß er heute oder morgen nach Houston fliegen würde,
    und mich gebeten, ihn am Flughafen abzuholen.
    Ansonsten wollte er alles Notwendige telefonisch mit
    Earthmans Bestattungsinstitut regeln und die
    Trauerfeier möglichst für übermorgen veranlassen.
    Ich rief im Polizeipräsidium an und ließ mich mit der
    Mordkommission verbinden. Verantwortlich für diese
    Abteilung war Captain Frank Brumfield, ein nett
    aussehender Mann Anfang sechzig mit angenehmen
    Umgangsformen. Wir kannten uns recht gut. Ich hatte
    ihm all die Jahre über immer wieder Informationen zu
    diversen Fällen zukommen lassen, und er hatte sich mit
    der einen oder anderen Exklusivmitteilung revanchiert.
    Unglücklicherweise war Frank außer Haus, und ich
    wurde zu Sergeant Darryl Wade durchgestellt. Der war
    ein kleiner, drahtiger Typ mit Augen so schwarz und
    grausam wie die eines Kredithais. Seine schiefe Nase
    und seine Blumenkohlohren waren Relikte vergangener
    Boxertage. Ich weiß nicht, ob er ein guter Boxer war,
    aber er war ein so fieser Hund, daß das jeden Mangel an
    Talent ausglich.
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    »Hier Wade.« Es klang, als fiele eine Zellentür ins
    Schloß. »Wer ist da?«
    Mein erster Impuls war, aufzulegen und es später
    noch einmal zu versuchen, aber ich gewöhnte mich
    allmählich an die Drahtseilakte eines rauheren Lebens.
    »Tagchen, Wade«,
    zirpte ich also. »Hollis Carpenter hier. Ist Frank wohl
    zu sprechen?«
    »Nein. Und wenn er‹s wäre, würde er nicht mal mit
    Ihrem Arsch reden.«
    »Ts, ts, ts. Sind wir heute morgen mit dem falschen
    Fuß aufgestanden?«
    »Heilige Scheiße. Als ob ich nicht genug Probleme
    am Hals hätte, auch ohne das neunmalkluge Getue von
    verfluchten Presseschnüfflern.«
    »Es tut gut zu wissen, daß in dieser sich immerfort
    verändernden Welt doch eine gewisse Beständigkeit zu
    finden ist. Ganze Kulturen und Zivilisationen mögen zu
    Staub zerfallen, das Leben, wie wir es kennen, kann
    ausgelöscht werden. Aber wenn ich darüber nachsinne
    und voller Ahnung erbebe, sage ich mir: ›Ruhig, Hollis.
    Ruf den guten Darryl Wade an. Er wird unverändert
    durch alle Zeiten ein erstklassiges Arschloch sein.
    Darauf wenigstens kannst du dich verlassen‹.«
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    »Ja, verlassen Sie sich mal darauf. Ich werd‹ Ihnen bei
    Gelegenheit zeigen, wie sehr Sie sich drauf verlassen
    können.«
    »Versuchen Sie‹s ruhig, Sie Miesling. Ich hetz‹ Ihnen
    den größten, gemeinsten Kampfhund von einem
    Rechtsanwalt auf den Hals, bevor Sie Marcus Vipsanius
    Agrippa gesagt haben.«
    »Warum scheren Sie sich nicht …«
    »Das würde ich gern, aber mir steht nur eine gewisse
    Spanne an Zeit zur Verfügung, und ich genieße den
    mentalen Stimulus Ihrer Konversationskünste so sehr.
    In meinem Horoskop steht, daß ich heute geistig
    minderbemittelten Menschen zuhören soll, um
    Intelligenz wieder wahrhaft schätzen zu lernen.«
    »Weshalb rufen Sie an?« Er fletschte schon hörbar die
    Zähne.
    »Mich interessieren die neuesten Entwicklungen im
    Mordfall Joe.«
    »Das hätten Sie wohl gern. Schreibt bei jeder
    Gelegenheit widerlichen Dreck über uns, aber wenn sie
    Informationen will, kommt sie angewinselt und glaubt,
    sie kriegt sie noch auf dem Silbertablett. Fahr zur
    Hölle.« Er schmetterte den Hörer hin, bevor ich zur
    nächsten Salve ansetzen konnte.
    Ich saß da und starrte fasziniert aufs Telefon, als
    hätte es versprochen, in voller Bühnenmontur die
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    Ballade von Minnie der Landstreicherin zu singen.
    Dieser Tage waren alle so reizbar. War vielleicht
    Vollmond?
    Ich ging aus dem Haus, um selbst zum
    Polizeigebäude zu fahren. Der Tag war bedeckt, das
    gefiel mir. Ich mochte es, wenn der Himmel etwas tat
    und nicht nur dahing, während die Sonne schien. Es gab
    mir Energie, wenn Wind wehte und dunkle Wolken
    über den Himmel jagten. Ich registrierte, daß die
    Azaleen in meinem Garten kurz vor der Blüte standen,
    was bedeutete, daß der Frühling endgültig im
    Anmarsch war. Verrücktes texanisches Wetter. In ein
    paar Tagen vom Eiswind aus dem Norden zum lauen
    Lüftchen. Bis das letzte Wort gesprochen war, drohten
    wohl noch ein paar Kälteeinbrüche, aber trotzdem – der
    Winter war so gut wie vorbei. Dachte ich. Ich sollte
    nicht recht behalten. Es passiert

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