Heißer Winter in Texas
ich von Cotton und
Tully.
»Ich kann kaum glauben, daß du allein in dieses
Hotelzimmer gegangen bist. Was, wenn er eine Kanone
gehabt hätte? Er hätte dich umbringen können«, schalt
Katherine.
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»Er war nicht in der Verfassung, jemanden
umzubringen«, wandte ich ein.
»Du weißt genau, was ich meine«, sagte Katherine
drohend und begann, sich nach geeigneten
Wurfgeschossen umzusehen.
Ihr Blick fiel auf eine kleinen Tänzerin aus Bronze auf
einem Marmoruntersatz. Sie wog sie in der Hand,
betrachtete sie und berechnete offenbar, ob die
Befriedigung, mir das Hirn zu Brei zu schlagen, die
Kosten aufwiegen würde. Schließlich stellte sie die Figur
wieder an ihren Platz, legte ein Sofakissen griffbereit
neben sich und harrte der nächsten Gelegenheit. »Ich
begreife einfach nicht, wie du das aushältst. Erst warst
du ständig beruflich auf Verbrecherjagd, hattest
dauernd mit Blut und so ekelhaftem Zeug zu tun, und
jetzt geht es so weiter, und dabei kriegst du nicht mal
mehr Geld dafür!«
»Ach, weißt du, ich find‹s halb so schlimm, solange
sie nicht in meiner Gegenwart in der Nase bohren. Alles
andere macht mir wenig aus«, sagte ich taktlos. Das
Kissen surrte durch die Luft, aber ich wich ihm mit
Leichtigkeit aus.
»Du solltest da draußen nicht mutterseelenallein
unterwegs sein«, fügte sie mit Nachdruck hinzu.
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»Ach, Hollis paßt schon auf sich auf. Da müssen sich
eher die Gauner fürchten«, ließ sich Gael aus der
Rauchwolke vernehmen, die sie einhüllte.
»Klar paß‹ ich auf mich auf«, gurrte ich voll
Selbstvertrauen.
»Rede keinen Unsinn. Es ist viel zu gefährlich – all
diese Verrückten da draußen, die bei dir einbrechen und
Leute umlegen und wer weiß was noch alles. Gael wird
mit dir gehen.« Genau das hatte ich hören wollen.
Gael sah sie an, sah mich an, seufzte und stimmte
Katherine zu. »Du bist zu unvernünftig, um dich aus
Schwierigkeiten herauszuhalten.«
»Ich dränge mich ungern auf – aber wenn ihr darauf
besteht …« Ich garnierte diese Äußerung mit einem
einschmeichelnden Lächeln.
Katherine sah mich mißtrauisch an. »Du hast doch
noch etwas auf Lager. Diese Unschuldsmiene spricht
Bände. Spuck‹s aus.«
»Ach was, ich doch nicht«, sagte ich und betrachtete
die Zimmerdecke.
»Und ob. Sag sofort, was los ist«, drohte sie mit
stechendem Blick und einem weiteren Kissen.
Ich starrte weiter an die Decke. Gael war immer noch
erst halbwach, obwohl sie sich damit zu brüsten pflegte,
daß sie mit drei oder vier Stunden Schlaf pro Nacht
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auskam. Sie nippte an ihrem Kaffee und blinzelte
gelegentlich.
Katherine schaltete auf Verhör dritten Grades. »Du
hast Karamelbonbons gemacht und mir keine
aufgehoben!«
»Falsch.«
»Du hast eine Freundin!« kreischte sie und schlug mit
der Hand aufs Sofa.
Gael prustete wie die Fehlzündung eines
Mülltransporters,
drückte
ihre
Zigarette
im
Aschenbecher aus und bekam zum erstenmal heute
einen Ausdruck in den Augen, der an etwas Lebendiges
erinnerte. Sie trottete in die Küche und holte sich noch
einen Kaffee. Beim Zurückkommen kämmte sie sich mit
fünf Fingern durch die Haare und kratzte sich am Kopf,
um ihr Gehirn auf Trab zu bringen.
»Gib uns einen Tip. Geht es um eine Person, einen
Ort oder eine Sache?« Katherine war hartnäckig. So
etwas machte sie schier wahnsinnig, und das liebte ich.
»Es hängt irgendwie mit Lily Delacroix zusammen.
Entweder haben sie sich schon getroffen, oder sie sind
verabredet«, verkündete Gael sachlich.
Katherine fiel förmlich die Kinnlade nach unten, und
sie sah Gael an wie den wiederauferstandenen Harry
Houdini. »Stimmt das?« bellte sie.
Ich grinste nur.
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»Und woher weißt du das?« fragte sie und versetzte
zur Abwechslung Gael einen kräftigen Klaps.
Mindestens eine halbe Tasse kochendheißen Kaffees
ergoß sich auf Gaels Schoß. Sie zuckte vor Schmerz
zusammen, sprang auf und wischte sich hastig die Beine
ab.»Es war die Art, wie sie neulich von ihr erzählt hat,
als wir bei ihr waren. Mir war klar, daß da was im
Busch ist.« Gael zuckte die Schultern und tupfte sich
den Schoß mit einer Serviette.
»Ich hasse es, wenn du recht hast«, schimpfte
Katherine. »Das macht das Leben mit dir so schwer.«
Sie wandte sich mir zu, wobei sie unbewußt die Zipfel
ihres Morgenmantels packte: »So. Ich will alles wissen.«
Ich berichtete. Sie verdrehte die Augen, um ihrer
moralischen Entrüstung
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