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Heißer Winter in Texas

Heißer Winter in Texas

Titel: Heißer Winter in Texas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deborah Powell
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Stimme
    verstellt, um wie ein Geistesgestörter zu klingen.
    Anscheinend war ihm nicht klar, daß das, was er sagte,
    geistesgestört genug war. Ich hatte keinen Schimmer,
    wer das gewesen sein konnte, aber so sicher wie Anices
    Haufen in Mrs. Dantzlers Hof war es kein harmloser
    nachbarschaftlicher Gruß nach längerer Funkstille.
    Ich brauchte eine Zigarette, aber ich konnte nicht
    rauchen, weil meine Hündin davon niesen mußte.
    Ich saß auf der Bettkante und dachte angestrengt
    drüber nach, wer mich gute alte Haut umbringen
    wollte. Die Liste war so lang, daß ich mich auf das
    vergangene halbe Jahr beschrankte. Mir fielen
    mindestens sieben Politiker ein, dazu fünf Gangster,
    zwei
    Stadtverordnete
    und
    diverses
    kleineres
    Kroppzeug. Eine wütende Anice starrte mich aus
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    glasigen Augen an, um mir klarzumachen, daß sie es
    nicht schätzte, wenn ich mitten in der Nacht Licht
    machte. Ich ignorierte sie, ging zum Frisiertisch und
    holte die 38er aus der Schublade. Ich sah nach, ob sie
    geladen war, und steckte sie unters Kopfkissen. Dann
    erst schaltete ich das Licht aus und wälzte mich herum,
    bis ich endlich einschlief.
    Ich träumte, daß Lily mich zu ihren Eltern mitnahm.
    Sie saßen angezogen im Bett, und ich kroch zu ihnen
    unter die Decke und fing eine Unterhaltung an. Ein
    kleiner Vogel kam ins Zimmer. Er war etwa so groß wie
    mein Daumen, hatte hellrotes Gefieder, zwei Köpfe und
    die Rückenfedern sahen aus wie zwei riesengroße
    Augen. Er symbolisierte Liebe und Harmonie. Ich jagte
    ihm die ganze Nacht hinterher.
    Kurz nach sieben weckte mich das Telefon erneut. Ich
    schnappte es mir und knurrte ein Hallo in die
    Sprechmuschel.
    »Guten Morgen«, sagte Lily.
    »Hallo. Ich dachte, du wärst jemand anders«, erklärte
    ich. »Am Telefon, meine ich. Ich hab‹ heute nacht einen
    obszönen Anruf bekommen, und ich dachte, der Typ
    ruft nochmal an.«
    »Oh. Es tut mir leid, wenn ich dich geweckt habe,
    aber ich wollte dich erwischen, bevor du aus dem Haus
    gehst.«
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    Ich fühlte mein Herz schwer werden. Sie hatte es sich
    anders überlegt. Sie rief an, um unser Treffen heute
    abend abzusagen, und ich würde nie mehr ein Wort von
    ihr hören.
    »Ich wollte dir nur sagen, daß Benny Goodman heute
    abend im Rice Terrace spielt, und dich fragen, ob du
    Lust hast hinzugehen?«
    »Liebend gern! Ich wollte ihn immer schon sehen,
    aber jedesmal, wenn er in Houston spielte, kam mir was
    dazwischen. Wann fängt es denn an?« Hätte sie mich zu
    einem Konzert eingeladen, wo das Orchester mit den
    Fingernägeln auf Tafeln kratzt – ich hätte ja gesagt.
    »Um neun.«
    »In Ordnung. Soll ich dich abholen, wollen wir uns
    dort treffen, oder wie machen wir‹s?«
    »Treffen wir uns dort. Acht Uhr dreißig vor dem
    Eingang.«
    »Ich werde mich den ganzen Tag darauf freuen«,
    sagte ich.
    »Ich mich auch.«
    »Ach, ähm, Lily, wann sagtest du, würde Andrew
    zurückkommen?« fragte ich ganz nebenbei.
    »Keine Ahnung. Ungefähr in zwei Wochen. Wieso?«
    »Ohne besonderen Grund. Ist mir nur so eingefallen.«
    »Oh. Na, ich wünsche dir einen wundervollen Tag,
    Hollis. Ich werde an dich denken.«
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    »Ich werde auch an dich denken.« Ha! Ich würde
    wahrscheinlich für den Rest meines Lebens an nichts
    anderes mehr denken.
    »Ich muß jetzt unter die Dusche schlüpfen. Bis heute
    abend!« verabschiedete sie sich.
    Ich legte mich wieder in meine Kissen und malte mir
    aus, wie sie unter der Dusche stand. Ich wußte ganz
    genau, wie sie aussehen würde. Allerdings würde ich
    heute nicht viel auf die Reihe kriegen, wenn ich weiter
    darüber nachdachte. Ich fragte mich, ob sie unsere
    Gespräche immer mit Sätzen wie ›Ich muß ins Bett‹
    oder ›Ich schlüpfe unter die Dusche‹ beenden würde.
    Hoffentlich nicht. Meine Phantasie war ohnehin schon
    zu lebhaft, und es brauchte nicht viel, um sie völlig
    außer Rand und Band geraten zu lassen. Aber ich hatte
    heute viel vor, also wälzte ich mich endlich aus dem
    Bett, statt weiter mit glasigen Augen herumzuliegen, als
    hätte ich Gehirnerschütterung.
    Nachdem ich Anice ausgeführt hatte, schlüpfte ich
    unter meine eigene Dusche. Das warme Wasser
    prasselte mir auf den Kopf und vertrieb ein paar der
    zarten Gespinste. Ich machte einen Plan für den Tag.
    Eigentlich mußte ich Cotton Peeples finden, aber das
    brauchte mehr Zeit, als ich hatte. Ich mußte Susie
    Nobles übelbeleumdeten Haus einen Besuch abstatten
    und nachforschen, ob Joe in der Nacht

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