Heißer Winter in Texas
jeder ist verdächtig«, brummte er und
kratzte sich an der Stirn. »Ich weiß, daß du mit Joe
befreundet warst. Das war ich auch. Joe stand auch mit
all seinen Kollegen hier auf gutem Fuß, und sie sind
mächtig sauer über seinen Tod. Das gilt auch für die
großen Tiere einen Stock höher. Alle wollen, daß Joes
Mörder geschnappt wird. Sie setzen mir immer zu,
wenn es einen Polizisten erwischt, und ich muß doppelt
so hart arbeiten. Darum will ich alles wissen, was Joe
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angeht: womit er seine Zeit verbracht hat, und mit
wem. Wo er hingegangen ist und was er gegessen hat.
Wenn du etwas weißt, dann möchte ich, daß du es mir
auf der Stelle erzählst.«
»Ich weiß wirklich nichts, Frank.« Ich war ziemlich
sicher, daß es nicht zu meinem Vorteil wäre, einem
Polizisten zu erklären, daß sein Kollege dran glauben
mußte, weil ich damit angegeben hatte, daß ich eine
neue heiße Reportage über Korruption und Verbrechen
in der Polizei schrieb. Manche Leute mögen mich darin
verantwortungslos finden – doch hätte ich die Wahl, ich
zöge den Königswalzer mit einer Klapperschlange vor.
»Aber sollte ich was erfahren, dann lasse ich es dich
sofort wissen.«
»Ich glaube, daß du lügst.« Auf einer Eisfläche hätte
seine Stimme tiefe Kratzer hinterlassen.
»Na ja«, sagte ich gereizt, »du kannst mir ja eins mit
dem Gummiknüppel überziehen. Ich bin sicher, daß du
einen in deiner Schreibtischschublade hast.«
»Das sollte ich wohl, schon aus Prinzip.« Er seufzte
und fuhr sich mit den Fingern durch das schwarze, mit
grauen Strähnen durchsetzte Haar. »Versteh doch, ich
bin müde, und ich will Joes Mörder finden, damit der
ganze Spuk ein Ende hat, und damit ich nach Hause
gehen und mich ausschlafen kann.«
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Ich nickte zum Zeichen des Verständnisses und
wünschte, ich könnte diesem Mann helfen. »Wie wurde
er umgebracht?«
»Ich sollte dir gar nichts erzählen. Mit einer 45er. Die
mittlerweile wahrscheinlich auf dem Boden der
Fahrrinne im Fluß liegt. Mehr wissen wir im Grunde
nicht.«
Er rupfte einen Stift aus der Schublade, griff sich ein
paar Bögen aus dem Papierstoß, der sich vor seiner
Nase türmte, und fing an zu schreiben. Ich sah ihm zu,
bis er den Kopf hob. »He, bist du immer noch hier? Das
war‹s. Geh. Wenn du was hörst, ruf mich an.«
Ich stand auf, grüßte ihn mit dem erhobenen Daumen
und wandte mich zur Tür. Genau eine Minute zu spät.
Darryl Wade blieb im Türrahmen stehen und stierte
mich wütend an. Sein weißes Hemd war ebenso
verknittert wie seine schwarze Hose, die zu groß war,
so daß der Sitz runterhing. Sein Hut sah aus, als hätte er
gerade
eine
Auseinandersetzung
mit
einem
betrügerischen Zuhälter gehabt. Er stellte sich
breitbeinig hin und verschränkte die Arme vor der
Brust. »Schau, schau, wer da ist«, höhnte er. »Was führt
uns denn hierher?«
»Der Osterhase. Ich muß doch die blauen Eier
vorbestellen.«
»Warum zum Teufel –«, legte er los.
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»Warum zum Teufel hältst du nicht die Klappe und
setzt dich hin, Wade«, brüllte Frank ihn an. »Ich will
den Mist nicht hören!«
Wade wurde blaß vor Wut und starrte mich
sekundenlang erbost an, bevor er einen Schritt zur Seite
trat, um mich vorbeizulassen.
»Was ist los mit Ihnen, Wade? Ist Ihr Schlüpfer zu
eng?« stichelte ich beim Rausgehen. Ich weiß auch nicht,
warum ich immer das letzte Wort haben muß.
Die Schergen sind wahrhaftig keine große Hilfe bei
einer Morduntersuchung, dachte ich grimmig, als ich
das Polizeipräsidium verließ und in mein Auto stieg. Ich
parkte aus und fuhr stadteinwärts ins Zentrum, um
noch ein bißchen die Leute zu beobachten. Nach einiger
Zeit bemerkte ich einen grünen Chevrolet hinter mir,
der an derselben Aussicht interessiert zu sein schien wie
ich, denn welche Richtung ich auch einschlug, er blieb
auf meinen Fersen. Ich fuhr in die nächste Straße zu
meiner Rechten hinein, zwei Häuserblöcke später bog
ich links ab. Er war immer noch da. Schließlich fand ich
einen Parkplatz vor dem Kaufhaus der Gebrüder Foley
und ließ die Hand in der Hosentasche verschwinden –
allerdings nicht, um mich zu kratzen. Ich hatte meine
Taschenkanone eingesteckt und war entschlossen,
diesem Burschen neue Bedeutungen des Wortes
›Naseputzen‹ zu eröffnen, falls er meinem Auto zu nahe
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kam. Der grüne Wagen verlangsamte, hielt aber nicht.
Andere Autos verdeckten ihn, so daß ich weder
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