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Heißer Winter in Texas

Heißer Winter in Texas

Titel: Heißer Winter in Texas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deborah Powell
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poliert. Katherine umarmte
    sie und gurrte Komplimente. Bei Gael machte der Ton
    die Musik: Gewußt wie, und du konntest sie handhaben
    wie ein Klavierspieler seinen Flügel. Und wo es um
    Gaels Ego ging, erwies sich Katherine als begnadete
    Konzertpianistin.
    Gael
    strahlte
    wie
    ein
    Honigkuchenpferd. Sie klappte ihren Kragen hoch, um
    noch adretter auszusehen. »Fertig.«
    »Kauf bitte nicht den ganzen Laden leer«, ermahnte
    ich Katherine, um Gael etwas aus der Fassung zu
    bringen. Katherines Gelächter klang ziemlich
    unzurechnungsfähig und schallte uns bis zum Auto
    nach. Gael erbleichte und verabschiedete sich offenbar
    im Geist von ihrem Bankkonto. Aber mit
    Todesverachtung stelzte sie lässig um den Wagen, stieg
    drüben ein und betätigte als erstes den
    Zigarettenanzünder. Ich stieß rückwärts aus der
    Einfahrt und amüsierte mich immer noch über
    Katherines Unfug.
    »Du solltest sie nicht noch ermutigen«, sagte Gael
    streng.
    »Hat Susie wirklich ein Auge auf dich?« entgegnete
    ich.»Nö, sie braucht bloß ab und zu eine zum Reden. Sie
    interessiert sich für Politik. Sie kämmt jeden Tag die
    Zeitungen nach Nachrichten aus der ganzen Welt durch.
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    Sie sagt gern, wie klein die Welt geworden ist, seit das
    Telefon und der Telegraph erfunden wurden. Wir
    unterhalten uns darüber, daß die ganze Erde
    irgendwann wie ein einziges Land sein wird. Alle
    werden gleich sein. Das ist einfach unvermeidlich.« Gael
    hatte sich warm geredet, ihre Hände tanzten in kleinen
    Kreisen und Wirbeln durch die Luft, die sie nur
    unterbrach, um an ihrer Camel zu ziehen. Sie blieb beim
    Thema, während ich die Richmond Street
    entlangbrauste und dann Richtung Caroline Street fuhr.
    Wenn Gael sich in Hitze redete, war sie kaum
    aufzuhalten. Rund fünfunddreißig Prozent davon war
    purer Unsinn, zwölf bis fünfzehn Prozent
    Ansichtssache, der Rest Fakten. Oft lohnte es die Mühe
    nicht, sich so weit in ein Thema einzuarbeiten, daß der
    Unsinn offenbar wurde, aber ihre Monologe waren
    durchaus bildend.
    »Mit dem China Klipper, dem Schnellsegelboot, das
    nach China fährt, hat es angefangen«, leitete sie
    zwischen heftigen Zigarettenzügen ihren Vortrag ein.
    »Als am 22. November der erste Schnellsegler von San
    Fransisco nach Manila aufbrach, schrumpfte das
    Hindernis der Weltmeere zu einer minderen
    Unbequemlichkeit. Mittlerweile sind alle Hauptstädte
    der Welt im Grunde mit Nahverkehrsmitteln
    verbunden, nicht nur die Karibik und Südamerika.« Sie
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    hakte alle wichtigen Themen ab – vom weltweiten
    Schwinden der Entfernungen über das Attentat an Huey
    Long bis zum Einmarsch Mussolinis in Äthiopien. Sie
    begann sich gerade für Luxus-Eisenbahnreisen zu
    erwärmen, als wir die Caroline Street erreichten und vor
    Susies Bordell standen. Es tat mir leid, daß die Fahrt
    schon vorbei war, denn beim Zuhören hatte ich einen
    Haufen Dinge aufgeschnappt, über die ich jetzt nichts
    mehr zu lesen brauchte.
    »Also«, sagte ich, »über sowas redet Susie gern?
    Manche Leute kennst du fünfzehn Jahre, und dann
    erfährst du etwas über sie, worauf du nie gekommen
    wärst. Faszinierend. Ich hab‹ Mörder kennengelernt, die
    Schmetterlinge sammeln und Gobelins besticken, und
    Boxer, die heimlich zum Ballett wollen, und Gangster,
    die in der Oper weinen müssen. Ich sage dir, die Welt
    ist seltsam.«
    Susies Haus war ein düsterer architektonischer
    Horrorschinken aus blutroten Backsteinen mit
    bleidurchzogenen Fenstern und spitzen Giebeln. Der
    Hof war vollständig mit Büschen, Sträuchern und
    Bäumen zugewachsen. Nach Susies Ansicht ersparte
    das Arbeit und hinderte die Gäste daran, draußen
    Remmidemmi zu veranstalten und die Nachbarn zu
    ärgern.
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    Wir stiegen die Treppen zur schweren Holztür empor
    und betätigten die Klingel. Auf Augenhöhe wurde ein
    kleines Guckloch geöffnet. Ich nannte dem Augapfel
    meinen Namen, und das Türchen wurde zugeklappt.
    Eine etwa neunzehnjährige Frau warf die Flügeltür auf.
    Sie trug nichts als ein pinkfarbenes durchscheinendes
    Negligé und eine Schnute. Abgesehen vom Stöhnen der
    Befriedigung blieb für die Vorstellungskraft nichts mehr
    zu tun. Die Frau trug ihr langes braunes Haar lose auf
    dem Kopf festgesteckt.
    »Oh, hallo Gael«, sagte sie rauh und blähte die
    Nasenflügel. Sie streckte eine Hand aus und berührte
    Gael zwischen den Beinen. »Hey, diese Hose gefällt mir
    immer wieder.«
    Ich lächelte etwas säuerlich, hob die Brauen und sah
    Gael fragend

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