Heißer Winter in Texas
poliert. Katherine umarmte
sie und gurrte Komplimente. Bei Gael machte der Ton
die Musik: Gewußt wie, und du konntest sie handhaben
wie ein Klavierspieler seinen Flügel. Und wo es um
Gaels Ego ging, erwies sich Katherine als begnadete
Konzertpianistin.
Gael
strahlte
wie
ein
Honigkuchenpferd. Sie klappte ihren Kragen hoch, um
noch adretter auszusehen. »Fertig.«
»Kauf bitte nicht den ganzen Laden leer«, ermahnte
ich Katherine, um Gael etwas aus der Fassung zu
bringen. Katherines Gelächter klang ziemlich
unzurechnungsfähig und schallte uns bis zum Auto
nach. Gael erbleichte und verabschiedete sich offenbar
im Geist von ihrem Bankkonto. Aber mit
Todesverachtung stelzte sie lässig um den Wagen, stieg
drüben ein und betätigte als erstes den
Zigarettenanzünder. Ich stieß rückwärts aus der
Einfahrt und amüsierte mich immer noch über
Katherines Unfug.
»Du solltest sie nicht noch ermutigen«, sagte Gael
streng.
»Hat Susie wirklich ein Auge auf dich?« entgegnete
ich.»Nö, sie braucht bloß ab und zu eine zum Reden. Sie
interessiert sich für Politik. Sie kämmt jeden Tag die
Zeitungen nach Nachrichten aus der ganzen Welt durch.
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Sie sagt gern, wie klein die Welt geworden ist, seit das
Telefon und der Telegraph erfunden wurden. Wir
unterhalten uns darüber, daß die ganze Erde
irgendwann wie ein einziges Land sein wird. Alle
werden gleich sein. Das ist einfach unvermeidlich.« Gael
hatte sich warm geredet, ihre Hände tanzten in kleinen
Kreisen und Wirbeln durch die Luft, die sie nur
unterbrach, um an ihrer Camel zu ziehen. Sie blieb beim
Thema, während ich die Richmond Street
entlangbrauste und dann Richtung Caroline Street fuhr.
Wenn Gael sich in Hitze redete, war sie kaum
aufzuhalten. Rund fünfunddreißig Prozent davon war
purer Unsinn, zwölf bis fünfzehn Prozent
Ansichtssache, der Rest Fakten. Oft lohnte es die Mühe
nicht, sich so weit in ein Thema einzuarbeiten, daß der
Unsinn offenbar wurde, aber ihre Monologe waren
durchaus bildend.
»Mit dem China Klipper, dem Schnellsegelboot, das
nach China fährt, hat es angefangen«, leitete sie
zwischen heftigen Zigarettenzügen ihren Vortrag ein.
»Als am 22. November der erste Schnellsegler von San
Fransisco nach Manila aufbrach, schrumpfte das
Hindernis der Weltmeere zu einer minderen
Unbequemlichkeit. Mittlerweile sind alle Hauptstädte
der Welt im Grunde mit Nahverkehrsmitteln
verbunden, nicht nur die Karibik und Südamerika.« Sie
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hakte alle wichtigen Themen ab – vom weltweiten
Schwinden der Entfernungen über das Attentat an Huey
Long bis zum Einmarsch Mussolinis in Äthiopien. Sie
begann sich gerade für Luxus-Eisenbahnreisen zu
erwärmen, als wir die Caroline Street erreichten und vor
Susies Bordell standen. Es tat mir leid, daß die Fahrt
schon vorbei war, denn beim Zuhören hatte ich einen
Haufen Dinge aufgeschnappt, über die ich jetzt nichts
mehr zu lesen brauchte.
»Also«, sagte ich, »über sowas redet Susie gern?
Manche Leute kennst du fünfzehn Jahre, und dann
erfährst du etwas über sie, worauf du nie gekommen
wärst. Faszinierend. Ich hab‹ Mörder kennengelernt, die
Schmetterlinge sammeln und Gobelins besticken, und
Boxer, die heimlich zum Ballett wollen, und Gangster,
die in der Oper weinen müssen. Ich sage dir, die Welt
ist seltsam.«
Susies Haus war ein düsterer architektonischer
Horrorschinken aus blutroten Backsteinen mit
bleidurchzogenen Fenstern und spitzen Giebeln. Der
Hof war vollständig mit Büschen, Sträuchern und
Bäumen zugewachsen. Nach Susies Ansicht ersparte
das Arbeit und hinderte die Gäste daran, draußen
Remmidemmi zu veranstalten und die Nachbarn zu
ärgern.
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Wir stiegen die Treppen zur schweren Holztür empor
und betätigten die Klingel. Auf Augenhöhe wurde ein
kleines Guckloch geöffnet. Ich nannte dem Augapfel
meinen Namen, und das Türchen wurde zugeklappt.
Eine etwa neunzehnjährige Frau warf die Flügeltür auf.
Sie trug nichts als ein pinkfarbenes durchscheinendes
Negligé und eine Schnute. Abgesehen vom Stöhnen der
Befriedigung blieb für die Vorstellungskraft nichts mehr
zu tun. Die Frau trug ihr langes braunes Haar lose auf
dem Kopf festgesteckt.
»Oh, hallo Gael«, sagte sie rauh und blähte die
Nasenflügel. Sie streckte eine Hand aus und berührte
Gael zwischen den Beinen. »Hey, diese Hose gefällt mir
immer wieder.«
Ich lächelte etwas säuerlich, hob die Brauen und sah
Gael fragend
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