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Heißer Winter in Texas

Heißer Winter in Texas

Titel: Heißer Winter in Texas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deborah Powell
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Schulter, weil ich recht behalten hatte. Ich
    liebe es, recht zu behalten. Meine Vorstellung von der
    Hölle ist eine Ewigkeit des ständigen Unrechthabens,
    während mir alle »Ich hab‹s dir doch gesagt« zurufen.
    Schnell lief ich ins Arbeitszimmer zurück, um meinen
    Burberry vom Mantelständer zu holen. Ich steckte die
    38er in die Manteltasche, rannte wieder zur Tür und hob
    Anice hoch, um ihr ein Abschiedsküßchen auf die
    Lippen zu hauchen. Ich versprach ihr, zu einer
    vernünftigen Uhrzeit zurück zu sein, und fragte mich,
    wie es sich wohl anfühlte, die Wohnung verlassen zu
    können, ohne nagende Schuldgefühle zu haben, wenn
    die Hündin nicht mitdurfte. Ich versuchte, mich nicht
    nach ihrem kleinen grauen Kopf und ihren
    Schlappohren hinter der Fensterscheibe umzudrehen,
    ging auf den Trittsteinen über den Hof und trat durch
    das schmiedeeiserne Gartentor auf den Gehsteig hinaus.
    189
    Durch die Blätter der großen Palme in meinem
    Vorgarten hindurch schaute ich nach oben und sah
    schwarze, tiefhängende Wolken langsam über den
    Himmel ziehen. Das einzige Licht kam von der
    Gaslaterne an der Straßenecke. Der Regen fiel
    gleichmäßig dicht und ließ das schwarze Pflaster
    glänzen wie das pomadige Haar eines Stummfilmstars.
    Ich stieg ins Auto und betätigte den Starter, dann
    drehte ich das Licht an, langte nach oben, um den
    Scheibenwischer einzuschalten, und wünschte, daß man
    dieses Modell nicht nur mit einem einzigen Wischblatt
    auf der Fahrerseite ausgestattet hätte. Vorsichtig
    manövrierte ich den Ford auf die Straße und fuhr
    Richtung Stadtmitte zum Hotel. Drei Häuserblöcke
    später hatte ich das ungute Gefühl, wieder verfolgt zu
    werden. Ein Paar Scheinwerfer hinter mir nahm
    mindestens zweimal dieselbe Abzweigung wie ich, aber
    ich konnte nicht gleichzeitig das glitschige Pflaster und
    den Wagen im Auge behalten, so schlug ich ein paar
    Haken durch ein heruntergekommenes Viertel und
    einige dunkle Gassen, um ihn abzuschütteln, und hoffte
    auf das Beste.
    Ich fand einen ganz guten Parkplatz nur einen halben
    Block entfernt und rannte durch den Regen, bis ich
    unter dem Balkon ankam, der auf der ganzen Länge des
    Hotels den Gehsteig überdachte. Es waren nur wenige
    190
    Menschen draußen, und mir rutschte das Herz vom
    Hals, wo es eben noch geklopft hatte, bis in die
    Zehenspitzen. Sie war nicht da. In der Hoffnung, daß
    sie vielleicht in der Hotelhalle auf mich wartete, strebte
    ich dem Eingang entgegen, da trat sie aus dem Schatten
    eines Fensters, dessen Auslagen sie betrachtet hatte.
    Sie drehte sich um und lächelte mich an. Meine Knie
    gaben nach, aber ich schaffte es, ihr entgegenzugehen.
    Sie breitete schüchtern die Arme aus, und ich zog sie an
    mich und flüsterte ihr zu, daß ich sie vermißt hatte, nur
    um unmittelbar anschließend einen Satz rückwärts zu
    machen und um mich zu blicken, darauf gefaßt, daß
    irgendwer gleich »Homos!« brüllte und Steine nach mir
    warf. Niemand hatte uns überhaupt bemerkt, und die
    einzige, die mein Verhalten seltsam fand, war Lily. Ich
    lächelte schwach und erzählte ihr ein zweites Mal, wie
    froh ich war, sie zu sehen.
    Die meisten waren inzwischen hineingegangen, aber
    vereinzelte Zuspätkommende hasteten noch über den
    Gehweg zum Eingang. Ich wunderte mich über ihre
    Eile, bis mir Benny Goodman einfiel. Ich sah Lily an und
    stellte fest, daß Benny momentan ziemlich weit unten
    auf meiner Prioritätenliste stand.
    »Fertig zum Reingehen?« fragte sie und lächelte mich
    an, als wäre ich Greta Garbo, Eleanor Roosevelt und
    191
    Madame Curie in einer Person. Ich fühlte mich wie die
    Katze im Sahnetopf.
    Wir waren auf dem Weg ins Hotel, als ich jemanden
    meinen Namen rufen hörte. Ich drehte mich um und sah
    Gael und Katherine in dem weißen Cabriolet am
    Kantstein halten. Sie winkten, Gael sprang aus dem
    Auto. Sie zog eine Grimasse purer Verlegenheit.
    »Katherine hat sich Sorgen um dich gemacht und darauf
    bestanden, daß wir herkommen. Sie hat mich völlig
    verrückt gemacht.«
    »Sorgen um mich? Mir geht‹s gut. Wirklich. Mir
    ging‹s noch nie besser.« Ich lachte ein wenig hysterisch.
    So mußte sich eine Irre fühlen, die hinterrücks mit
    einem Federmop gekitzelt wird. Ich mußte dringend
    mal ins Bett und eine Woche lang schlafen, bevor
    weißbekittelte Herren mit Schmetterlingsnetzen
    anrückten, um mich zu kaschen.
    »Ich weiß auch nicht, was in sie gefahren ist, aber sie
    war ganz außer sich und meinte, sie

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