Heißer Winter in Texas
Schulter, weil ich recht behalten hatte. Ich
liebe es, recht zu behalten. Meine Vorstellung von der
Hölle ist eine Ewigkeit des ständigen Unrechthabens,
während mir alle »Ich hab‹s dir doch gesagt« zurufen.
Schnell lief ich ins Arbeitszimmer zurück, um meinen
Burberry vom Mantelständer zu holen. Ich steckte die
38er in die Manteltasche, rannte wieder zur Tür und hob
Anice hoch, um ihr ein Abschiedsküßchen auf die
Lippen zu hauchen. Ich versprach ihr, zu einer
vernünftigen Uhrzeit zurück zu sein, und fragte mich,
wie es sich wohl anfühlte, die Wohnung verlassen zu
können, ohne nagende Schuldgefühle zu haben, wenn
die Hündin nicht mitdurfte. Ich versuchte, mich nicht
nach ihrem kleinen grauen Kopf und ihren
Schlappohren hinter der Fensterscheibe umzudrehen,
ging auf den Trittsteinen über den Hof und trat durch
das schmiedeeiserne Gartentor auf den Gehsteig hinaus.
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Durch die Blätter der großen Palme in meinem
Vorgarten hindurch schaute ich nach oben und sah
schwarze, tiefhängende Wolken langsam über den
Himmel ziehen. Das einzige Licht kam von der
Gaslaterne an der Straßenecke. Der Regen fiel
gleichmäßig dicht und ließ das schwarze Pflaster
glänzen wie das pomadige Haar eines Stummfilmstars.
Ich stieg ins Auto und betätigte den Starter, dann
drehte ich das Licht an, langte nach oben, um den
Scheibenwischer einzuschalten, und wünschte, daß man
dieses Modell nicht nur mit einem einzigen Wischblatt
auf der Fahrerseite ausgestattet hätte. Vorsichtig
manövrierte ich den Ford auf die Straße und fuhr
Richtung Stadtmitte zum Hotel. Drei Häuserblöcke
später hatte ich das ungute Gefühl, wieder verfolgt zu
werden. Ein Paar Scheinwerfer hinter mir nahm
mindestens zweimal dieselbe Abzweigung wie ich, aber
ich konnte nicht gleichzeitig das glitschige Pflaster und
den Wagen im Auge behalten, so schlug ich ein paar
Haken durch ein heruntergekommenes Viertel und
einige dunkle Gassen, um ihn abzuschütteln, und hoffte
auf das Beste.
Ich fand einen ganz guten Parkplatz nur einen halben
Block entfernt und rannte durch den Regen, bis ich
unter dem Balkon ankam, der auf der ganzen Länge des
Hotels den Gehsteig überdachte. Es waren nur wenige
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Menschen draußen, und mir rutschte das Herz vom
Hals, wo es eben noch geklopft hatte, bis in die
Zehenspitzen. Sie war nicht da. In der Hoffnung, daß
sie vielleicht in der Hotelhalle auf mich wartete, strebte
ich dem Eingang entgegen, da trat sie aus dem Schatten
eines Fensters, dessen Auslagen sie betrachtet hatte.
Sie drehte sich um und lächelte mich an. Meine Knie
gaben nach, aber ich schaffte es, ihr entgegenzugehen.
Sie breitete schüchtern die Arme aus, und ich zog sie an
mich und flüsterte ihr zu, daß ich sie vermißt hatte, nur
um unmittelbar anschließend einen Satz rückwärts zu
machen und um mich zu blicken, darauf gefaßt, daß
irgendwer gleich »Homos!« brüllte und Steine nach mir
warf. Niemand hatte uns überhaupt bemerkt, und die
einzige, die mein Verhalten seltsam fand, war Lily. Ich
lächelte schwach und erzählte ihr ein zweites Mal, wie
froh ich war, sie zu sehen.
Die meisten waren inzwischen hineingegangen, aber
vereinzelte Zuspätkommende hasteten noch über den
Gehweg zum Eingang. Ich wunderte mich über ihre
Eile, bis mir Benny Goodman einfiel. Ich sah Lily an und
stellte fest, daß Benny momentan ziemlich weit unten
auf meiner Prioritätenliste stand.
»Fertig zum Reingehen?« fragte sie und lächelte mich
an, als wäre ich Greta Garbo, Eleanor Roosevelt und
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Madame Curie in einer Person. Ich fühlte mich wie die
Katze im Sahnetopf.
Wir waren auf dem Weg ins Hotel, als ich jemanden
meinen Namen rufen hörte. Ich drehte mich um und sah
Gael und Katherine in dem weißen Cabriolet am
Kantstein halten. Sie winkten, Gael sprang aus dem
Auto. Sie zog eine Grimasse purer Verlegenheit.
»Katherine hat sich Sorgen um dich gemacht und darauf
bestanden, daß wir herkommen. Sie hat mich völlig
verrückt gemacht.«
»Sorgen um mich? Mir geht‹s gut. Wirklich. Mir
ging‹s noch nie besser.« Ich lachte ein wenig hysterisch.
So mußte sich eine Irre fühlen, die hinterrücks mit
einem Federmop gekitzelt wird. Ich mußte dringend
mal ins Bett und eine Woche lang schlafen, bevor
weißbekittelte Herren mit Schmetterlingsnetzen
anrückten, um mich zu kaschen.
»Ich weiß auch nicht, was in sie gefahren ist, aber sie
war ganz außer sich und meinte, sie
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