Heißer Winter in Texas
nickte zustimmend. »Still –
und dunkel.«
Lily, die gegenüber Gael und Katherine bisher eher
zurückhaltend gewesen war, sagte: »Über einem der
Geschäfte im Einkaufszentrum von River Oaks gibt es
ein nettes Lokal, das dunkel und ruhig ist.«
Wir hielten uns an diesen Vorschlag, und Katherine
lenkte den Wagen wieder auf die Straße.
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»Fährst du mich beim Hotel vorbei? Dann kann ich
mein Auto holen und mit Lily nachkommen«, fiel mir
ein.»Was ist mit der Polizei?« fragte Lily. »Meinst du
nicht, daß sie uns verhören wollen? Wir waren
schließlich Zeuginnen bei dem Mord.«
Ich schüttelte den Kopf. »Lieber trage ich Unterhosen
aus Topfkratzern, als daß ich versuche, das der Polizei
zu erklären.«
»Was zu erklären?«
Lily hatte keine Ahnung, was überhaupt los war. Ich
hatte ihr am Abend vorher nichts davon erzählt, weil es
zu verrückt klang. Wenn ich mich zum ersten Mal mit
einer verabrede, und sie erzählt mir, daß jemand bei ihr
eingebrochen hat, um ein Adreßbuch zu stehlen und
einen Polizisten zu ermorden, würde ich annehmen, daß
sie einen kräftigen Dachschaden hat, und schleunigst
das Weite suchen. Und ich hatte auch jetzt schwere
Bedenken, sie einzuweihen. Zwar hatte sie den Mord an
Cotton Peeples selbst miterlebt, aber die ganze
Geschichte war einfach absurd.
Gael grinste mich dumm an. »Na los, erzähl ihr, was
du der Polizei nicht erklären kannst, obwohl man dich
eben fast aufs Pflaster genagelt hätte wie beim
Gangsterkrieg in Chicago.«
»Ich warte noch, bis wir in der Bar sind«, knurrte ich.
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Wir hielten neben meinem Auto, und Lily und ich
stiegen rasch um. Sieben Polizeiwagen blockierten die
Straße vor dem Rice, und als ich aus der Parklücke
kurvte, kam ein Krankenwagen dazu. Eine
Menschenmenge hatte sich am Tatort angesammelt,
und bei dem unwirklichen Anblick der in rot zuckendes
Licht getauchten Leute, die im Regen standen und auf
die Überbleibsel vollzogener Gewalt starrten, bekam ich
eine Gänsehaut. Als ich um die Ecke bog und schaltete,
merkte ich, daß ich vor Kälte und Nässe und Angst
zitterte. Lily holte die Decke vom Rücksitz und legte sie
um uns. Schweigend fuhren wir dahin.
Als wir in die Bar kamen, warteten Gael und
Katherine an einem kleinen Tisch in einer stillen Ecke
auf uns. Wegen des schlechten Wetters war das Lokal
fast leer, aber warm und gemütlich.
»Es war eine gute Idee, hierherzukommen.«
Katherine lächelte Lily an und tätschelte ihre Hand.
Lily erwiderte das Lächeln. »Ich freue mich, daß es
Ihnen gefallt. Eigentlich müßte bald ein Pianist spielen,
und der Barkeeper mixt die besten Martinis der Stadt.«
Ein Kellner nahm unsere Bestellung auf, und wir
redeten über Unverfängliches, bis unsere Drinks serviert
waren.
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»Erzählst du mir jetzt, wer dieser Mann war?« fragte
Lily schließlich. »Warum hat er versucht, dich
umzubringen?«
Ich berichtete ihr alles von Anfang an, und sie sah
nicht aus, als hielte sie mich für eine pathologische
Lügnerin. Es half, daß Gael und Katherine dabei waren,
um die Geschichte zu bestätigen.
»Ich verstehe nicht, warum Mr. Peeples dich töten
wollte.«
Sie war so höflich. Ich bezweifelte, daß je zuvor
jemand Cotton »Mr. Peeples« genannt hatte. Schade,
daß er dazu erst hatte ermordet werden müssen.
»Ich glaube kaum, daß er persönlich einen Grund
hatte, mich zu töten. Ich denke, jemand anders hat ihn
beauftragt. Frag mich nicht, wer. Mir fallen etliche
Leute ein, die mich mit Wonne umlegen würde, aber
keiner davon würde auf die Idee kommen, den alten
Cotton dafür anzuheuern. Er war ein echter Verlierer.
Was immer er angepackt hat, ist danebengegangen.
Einschließlich des Mordes an mir.«
»Teufel auch«, bemerkte Gael, »selbst wenn er seine
Kanone abgefeuert hätte, glaube ich nicht, daß er dich
erwischt hätte, so wie er zielte. Prima Drink übrigens!«
Sie lehnte sich zurück und schlürfte ihren Martini.
»Wie auch immer – es ist das Aufregendste, was mir
je passiert ist«, rief Lily. »Seit fünf Jahren gehe ich fast
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jeden Freitagabend ins Rice Terrace und noch nie ist
dergleichen geschehen!«
Wir sahen sie etwas erstaunt an.
»Aber wer war das in dem grünen Wagen?« kam
Katherine aufs Thema zurück. »Warum wollten sie dich
erschießen? Es sieht fast aus, als würden die Leute
schon Schlange stehen, um dich abzuknallen. Und wie
kommt es, daß sie nicht getroffen haben? Nicht, daß
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