Heißer Zauber einer Nacht
zwei zahlende Passagiere mitnahmen.
»Wartet, bitte wartet«, sagte Georgie und blieb abrupt stehen, als eine große dunkle Gestalt vortrat.
»Wen, zur Hölle, habt Ihr denn da mitgebracht, Pymm?« Die dröhnende Stimme übertönte das Rauschen der Brandung und das Prasseln des Regens. In einer Hand hielt der Mann eine flackernde Laterne, in der anderen eines der Taue des Beiboots. »Ich sollte nur Euch abholen.«
Georgie stockte der Atem - die Stimme des Mannes löste Erinnerungen in ihr aus, bei denen es ihr heiß und kalt den Rücken hinunterrann.
Euch abholen ... Sie lauschte den verhallenden Worten nach, denn der Klang der Stimme erinnerte sie an Colin.
Sie verrenkte sich fast den Hals, um einen besseren Blick auf diesen Fremden zu bekommen, konnte jedoch in der Dunkelheit und im Regen seine Gesichtszüge nicht erkennen.
Mr Pymm wandte sich ruckartig um. Beim Anblick der Schwestern fiel er fast aus dem Boot.
»Dafür kann ich nichts, Captain.« Er warf Georgie einen ärgerlichen Blick zu. »Was treibt Ihr und Eure Schwester hier?«
»Wie sieht es denn aus, Sir?«, erwiderte Georgie, hievte ihren Koffer in das schaukelnde Boot und half Kit, an Bord zu klettern. »Wir flüchten, genau wie Ihr.«
»Vor wem flüchtet Ihr?«, fragte der Mann mit der Laterne Mr Pymm. Er ignorierte sie vollkommen.
Abermals löste der Klang der Stimme ein prickelndes Gefühl in Georgie aus. Sie schalt sich einen Dummkopf. Als ob dieser grobe Schurke Colin sein könnte!
»Vor den Franzosen, Sir«, sagte Mr Pymm. »Ein ganzes Regiment von ihnen, würde ich sagen.«
»Vor den Franzosen?« Der Captain sprach die Worte mehr wie einen Fluch als eine Frage aus.
»Ja, den Franzosen«, wiederholte Georgie für Pymm. »Und wenn es Euch nichts ausmacht, würden wir vorziehen, mit Euch und Mr Pymm zu verschwinden, bevor sie uns entdecken. Ich nehme an, Ihr habt eine Art Schiff dort draußen.« Sie wies über die Brandung hinweg in die Dunkelheit.
»Moment mal«, sagte er und hob seine Laterne an. In ihrem Schein sah sie eine Spur der rauen Gesichtszüge, erkannte ein energisches Kinn mit einer Narbe, die bis zu seinem Mundwinkel verlief. Jede Ähnlichkeit mit Colin endete jedoch mit dem Ausbruch, der folgte.
»Was wir tun, geht Euch nichts an! Und jetzt fort mit Euch.« Er wedelte mit der Hand, als seien sie und Kit lästiges Treibgut, das ihm im Weg war.
Sein Verhalten ging Georgie auf die Nerven. »Ihr wollt uns zurücklassen? Hilflose Engländerinnen der Gnade der Franzosen ausliefern? Wie könnt Ihr es wagen!«
»Hilflos? Dass ich nicht lache!«, spottete er. »Hört zu, ich habe nicht vor, Frauen zu retten, und dieses Beiboot ist nicht groß genug für zwei weitere Passagiere. So holt Eure Schwester raus, oder ich werfe Sie zu den Fischen.«
Georgie zog ihre Pistole unter dem Umhang hervor. Sie drückte ihm die Mündung auf die Brust und rief: »Wenn Ihr sie aus dem Boot werft, werde ich dafür sorgen, dass genug Platz für uns darin ist, indem ich Eure Leiche hier für die Franzosen zurücklasse.«
Er versteifte sich kurz, doch dann schlug er ihr mit einer schnellen Drehung seines Arms die Pistole aus der Hand. Die Waffe flog in die See.
Erst in diesem Augenblick sah sie seinen ärgerlichen Blick und erkannte schlagartig, wem sie gegenüberstand.
Es war der Mann, der sie in London gerettet hatte. Der Mann, der sie so leidenschaftlich geliebt hatte. Der Mann, der ihr mehr als die Erinnerungen an die glückselige Nacht hinterlassen hatte.
Colin. Sie hatte von diesem Moment geträumt, dafür gebetet, und jetzt wollte sie nur vor ihm flüchten.
Doch sie hatte keine Wahl - von neuem war sie ihm ausgeliefert, wieder brauchte sie ihn, damit er sie vor einem sch li mmen Schicksal bewahrte.
Aber was tat der Teufel hier - in Italien ? Und warum rettete er mitten in der Nacht den geheimnisvollen Mr Pymm?
Ihre Fragen erinnerten sie nur daran, wie wenig sie über den Mann wusste, in den sie sich in der leidenschaftlichen Nacht vor langer Zeit verliebt hatte.
Offenbar hatte er ihr Gesicht nicht gesehen, denn er ließ sich immer noch wütend über ihre Unverschämtheit aus.
»Lady, Ihr habt keine Ahnung, wer ich bin oder auf was Ihr Euch einlasst...«
»Da wäre ich mir nicht so sicher«, sagte sie, fuhr herum und versuchte wieder ins Beiboot zu steigen. Sie zog ihre Kapuze tiefer ins Gesicht und fragte sich, was er sagen würde, wenn er die Wahrheit erfuhr.
Colin begriff nicht sofort. Nach seinem letzten Ausflug nach Neapel
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