Heißes Blut: Anthologie (German Edition)
verstehen, warum.«
Juliette lachte. Sie konnte sich nicht erinnern, je so glücklich gewesen zu sein. »Kein Problem. Denk nur ruhig an meine Brüste – oder glaubst du etwa, ich würde nicht an deinen gut gebauten Körper denken?« Sie zog ihre Jeans an und flocht geschickt ihr langes Haar. »Wie viel Zeit bleibt uns heute Nacht für unsere Reise?«
Er blickte auf zum Himmel. »Ein paar Stunden. Aber ich denke, dass wir viele Meilen schaffen werden. Ich werde dich tragen müssen, und das bedeutet, dass ich Blut zu mir nehmen muss.« Er schaute zu den schlimmen Narben an seiner Brust hinunter. »Karpatianer heilen in der Erde, doch so war es nicht bei mir. Ich werde jedoch meine volle Kraft für den bevorstehenden Kampf brauchen, und das bedeutet, dass ich Beute finden muss.«
Juliette erstarrte plötzlich. »Aber nicht meine Schwester oder Cousine«, sagte sie mit einem warnenden Unterton in der Stimme.
Riordan grinste sie an. »Darum brauchst du dich wohl nicht zu sorgen, denke ich. Ich würde doch nicht riskieren, deinen Zorn auf mich zu ziehen«, scherzte er und zog an ihrem Zopf. »So grimmig, wie du klingst.«
Juliette wollte ihm beim Anziehen zusehen, aber das erledigte er mit einer simplen Handbewegung, als hätte er die Kleider aus dem Nichts heraus erzeugt. Auch sein Haar war plötzlich ordentlich zurückgekämmt und mit einem Lederband zu einem Zopf gebunden. An seinem ganzen Körper war kein einziger Tropfen Wasser mehr zu sehen. »Hey, das ist Schummelei! Sieh mich an. Ich sehe aus wie eine nasse Katze«, maulte Juliette, während sie ihren schweren, nassen Zopf über die Schulter warf. »Ich will das auch können.«
»Das wirst du«, versicherte er ihr. »Komm her! Wir müssen los.«
»Du willst mich doch wohl nicht wieder über die Schulter werfen wie beim letzten Mal?«, erkundigte sie sich misstrauisch.
Sein breites Grinsen offenbarte blendend weiße Zähne. »Na ja … ich muss gestehen, dass ich daran gedacht habe.«
»Ich würde es dir nicht empfehlen. Letztes Mal war mir so übel, dass ich ernsthaft daran dachte, dich von oben bis unten vollzuspucken.«
»Oh, dann habe ich ja Glück gehabt, dass du dich beherrschen konntest.« Riordan zog sie in die Arme, drückte sie ganz fest an sich und verwandelte sich, noch während er sich in die Luft erhob, in einen Vogel. Es war leichter, über die Baumkronen hinwegzufliegen, als sich einen Weg durch die Äste und das dichte Gestrüpp dort bahnen zu müssen. Zudem war es der beste Schutz vor Fallen. Sie näherten sich dem Gebiet, wo er die nach Hilfe rufende Stimme gehört hatte, die die eines Vampirs gewesen war. Er war sicher, dass der Untote und seine menschlichen Komplizen auch für das Netz verantwortlich waren, das ihn beinahe erwischt hatte.
Juliette lachte laut, als Riordan mit ihr über den Himmel jagte. Zwei Mal streckte sie die Hand aus und versuchte, eine Wolke zu berühren, weil sie nicht widerstehen konnte. Wow, das ist fantastisch! Sie fühlte sich wie ein Teil des Nachthimmels, der Sterne und Wolken, ja sogar des Regens. Ihr war, als wäre sie mit der Natur verschmolzen. Sie hatte gedacht, es würde sie ängstigen, doch sie fühlte sich nur sehr beschwingt und überaus lebendig. Es war genauso wundervoll, wie in Jaguargestalt den Dschungel zu durchstreifen.
Bereue nie etwas, Juliette. Du wirst viele verschiedene Gestalten annehmen und sie mühelos halten können.
Ich muss dir etwas sagen. Das Lächeln wich von Juliettes Gesicht, und Riordan konnte das in ihr aufsteigende Unbehagen spüren, als er der Richtung folgte, die ihre Gedanken einschlugen. Wir werden häufig umziehen müssen. Wir haben nicht nur ein Zuhause.
Er wartete. Das war es nicht, was sie ihm sagen wollte. Sie war unschlüssig, ganz anders als seine sonst so selbstbewusste Juliette. Sie drehte und wendete ihre Worte und suchte nach der besten Formulierung, um sich ihm verständlich zu machen.
Juliette. Du musst mir vertrauen. Sag einfach, was du zu sagen hast, und sei sicher, dass ich verstehen werde.
Tief unter ihnen konnte sie die Baumkronen und das Gewirr der Äste sehen. Die Blätter der Bäume glänzten silbern und schwarz im Schein des Mondes, und die Regentropfen, die glitzernd wie Diamanten aus den Wolken fielen, blendeten sie fast. Wir haben furchtbare Dinge von den Männern gesehen. Junge, nicht verwandlungsfähige Mädchen, die geschlagen und missbraucht worden waren. Solange, Jasmine und ich haben geschworen, bis auf das Unumgängliche nie etwas
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