Heißes Blut: Anthologie (German Edition)
hatte die Wachen des Morrison-Labors aus der Richtung ihres Zuhauses fortlocken sollen, aber stattdessen hatte Riordan sie fortgetragen. Hatten die Männer deshalb Jasmines Spur gefunden? Vielleicht war sie nicht so vorsichtig gewesen, wie sie sollte, weil sie angenommen hatte, Juliette lenkte die Wachmänner von ihrer Fährte ab. Und was, wenn noch Schlimmeres hinter Jasmine her war als die menschlichen Wachen? Was, wenn die männlichen Jaguarmenschen ihren Weg gekreuzt hatten? Solange war auf einer Aufklärungsmission, um herauszufinden, ob es Neuigkeiten über verschwundene Frauen gab, sodass Jasmine also ganz allein auf sich gestellt gewesen war …
Ohne Zögern drehte Juliette sich um und folgte der schmalen Tierfährte durchs Unterholz. Ich glaube, meine Schwester ist in Schwierigkeiten.
Ich bin gerade dabei, mich zu stärken, und werde bald meine volle Kraft erreicht haben. Warte auf mich. Ich bringe uns zu ihr.
Doch Juliette konnte nicht abwarten. Sie wusste, dass es unvernünftig war, aber sie musste etwas unternehmen. Ein Adrenalinstoß ging durch ihre Adern, und Furcht ergriff Besitz von ihr. Was, wenn Jasmine in der Nacht zuvor entführt worden war und die Jaguare sie schon seit beinahe vierundzwanzig Stunden in ihrer Gewalt hatten? Bitte, bitte, bitte, lieber Gott! , flehte sie im Stillen, während ein Brennen in ihrer Brust entstand und ihre Kehle immer enger wurde. Je schneller sie rannte, desto größer wurde ihre Überzeugung, dass die Jaguarbande ihrer Schwester auf der Spur gewesen und ihr gefolgt war.
»Juliette.« Riordan verstellte ihr urplötzlich den Weg und fing sie in seinen starken Armen auf. Sie prallte hart gegen seine Brust, aber er geriet nicht mal ins Taumeln. »Wir müssen vorsichtig sein, und wir wollen auch keine Spuren zerstören. Falls sie Jasmine haben, ist es besser, uns darauf zu konzentrieren, ihre Spur zu finden, statt ziellos hier herumzulaufen.«
»Du weißt nicht, wozu diese Bestien fähig sind!«, fauchte Juliette und riss sich von ihm los.
»Wir werden Jasmine finden und nach Hause bringen.«
Juliette trat einen Schritt zurück und schlang die Arme um ihre Mitte. »Du hast ja keine Ahnung, was sie erleiden wird, und das kann ihr niemand wieder nehmen.«
Er ging mit solch fließenden, lautlosen Bewegungen voran, dass nicht einmal das Laub unter seinen Füßen raschelte. Juliette versuchte, ruhig durchzuatmen und ihren Verstand wieder zum Funktionieren zu bringen. Ich könnte es nicht ertragen, wenn Jasmine etwas zustieße. Es wäre meine Schuld. Ich sollte die Wachen weglocken, damit sie ihr nicht nach Hause folgen konnten, aber ich war ja nicht da, und sie hat mit Sicherheit Spuren hinterlassen. Die Jaguarmänner könnten sie mühelos verfolgen, Riordan!
Es ist nicht deine Schuld, Juliette. Riordan konnte Jasmine schon riechen. Er wollte es Juliette nicht sagen, doch er war sich völlig sicher, als sie sich der kleinen, von Ranken und Schlingpflanzen überwachsenen Hütte näherten, die kaum zu erkennen war unter all der Vegetation. Riordan griff nach Juliettes Hand. Die Tür war so zersplittert, dass auf einer Seite nur noch ein großes Loch zu sehen war.
Ein fürchterlicher Schrei stieg in Juliettes Kehle auf, den sie weder zurückhalten noch unterdrücken konnte. Der Laut entrang sich rau und schmerzlich ihrer Seele und zerriss ihr fast die Kehle. Es war ein leidvoller Aufschrei, voller Qual und Kummer – aber auch ein Versprechen, gnadenlose Rache zu üben.
8. Kapitel
R iordan ging als Erster durch die Tür. Der Raum war durchdrungen von dem Geruch panischer Angst, noch überwältigender und stechender jedoch war der von großen Katzen. Ein Tisch war umgestürzt, an einer Wand befand sich ein Blutfleck und ein weiterer an einem zerbrochenen Stuhl.
Juliette presste eine Hand an ihren Mund und unterdrückte ein Aufschluchzen. »Sie ist fast noch ein Kind, Riordan. Sie ist gerade erst zwanzig geworden.« Juliette drängte sich an ihm vorbei, lief durch die Hütte zu der Wand hinüber, atmete tief ein und konzentrierte sich auf den Geruch des Blutes. »Das stammt nicht von Jasmine. Es ist Solanges Blut. Sie war hier.«
Riordan untersuchte den Raum und den Urwaldboden vor der Tür. »Sie kam, als Jasmine ergriffen wurde, und muss sich noch im Laufen verwandelt haben. Kann sie das? Siehst du diese Fußspuren hier, dann die zerrissenen Kleider und die Abdrücke von Pfoten? Sie hatte keine Zeit, ihre Kleider abzulegen, und hat sich mit ihnen verwandelt. Dabei
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