Heißes Blut: Anthologie (German Edition)
treiben und blickte zu den Sternen über ihren Köpfen auf. »Ich würde gern denken, dass irgendwo da draußen ein Mann für Solange und auch einer für Jasmine wartet. Gute Männer.« Sie wandte den Kopf, um Riordan anzusehen, der sich neben ihr auf einen flachen Felsen im Wasser setzte.
Er griff nach ihr und zog sie auf seinen Schoß, weil er die Traurigkeit in ihrer Stimme nicht ertrug, drückte sie so fest wie möglich an sich und schwor sich, sie ihr Leben lang vor allem Bösen zu beschützen.
Juliette strich ihm das nasse Haar zurück, um seine Augen sehen zu können. »Männer wie du, die sie lieben könnten, komme, was da wolle. Männer, die verstehen könnten, wie unser Leben war und was für traumatische Erfahrungen Solange und Jasmine verkraften mussten. Meinst du, dass sie je einem solchen Mann begegnen könnten?«
»Ich glaube, dass sich alles zum Guten wenden wird«, flüsterte er und küsste sie aufs Haar. »Dass alles gut wird, Juliette.«
»Ich weiß nicht. Ich habe das Gefühl, als würde nie wieder etwas gut für sie«, sagte sie und drückte ihr Gesicht an seine Schulter.
»Solange und Jasmine haben uns, Juliette. Es wird nicht über Nacht geschehen, aber wir können ihnen helfen, ihr Leben wieder aufzubauen. Sie sind jetzt auch meine Familie, und sie stehen unter dem Schutz der Karpatianer.«
Blindlings presste sie den Mund auf seinen. Riordan zögerte nicht einmal eine Sekunde und küsste sie wieder und wieder. Dabei streichelte er ihr liebevoll das Haar. »Es wird alles gut, Juliette, das verspreche ich dir. Und ich nehme meine Versprechen sehr ernst«, sagte er beruhigend und legte tröstend seine Wange auf ihr nasses Haar.
Juliette kuschelte sich noch fester an ihn und schlang ihm die Arme um den Hals. »Ich weiß, dass ich glücklich sein werde, solange ich dich an meiner Seite habe. Und wenn wir beide zusammenarbeiten, bin ich mir eigentlich ziemlich sicher, dass auch andere, die ich liebe, Glück finden werden. Ich habe keine Angst vor unserem Leben.«
Riordan hob ihr Kinn ein wenig an und senkte den Mund auf ihren. Sie hatten noch ein paar Stunden, bevor sie sich in die Erde begeben mussten, und er hatte vor, die Zeit, die ihnen bis dahin blieb, aufs Beste zu nutzen.
Maggie Shayne
ERWACHEN
DES
MONDES
1. Kapitel
N ebel stieg von der regennassen Straße auf und waberte zu den Bäumen mit ihren endlosen Vorhängen Spanischen Mooses auf. Ein Hollywood-Regisseur hätte sich keine bessere Kulisse einfallen lassen können. In dem Fall würde ich jedoch Stöckelschuhe tragen, dachte Jenny, die auf dem Asphalt klicken und in denen ich mir beim Rennen den Fuß verrenken würde, statt meiner wunderbar bequemen, türkisfarbenen Cross-Turnschuhe. Und ein fließend weißes Kleid würde auch mehr der Atmosphäre entsprechen, als Jeans und ein loses, durchscheinendes Top. Die Bluse war allerdings weiß und »fließend« genug, um die richtige Wirkung zu erzielen. Es war wichtig, Weiß zu tragen, da Jenny gesehen werden wollte.
Das Herrenhaus der Plantage lag eine gute halbe Meile weiter an der schmalen, sich durch das dunkle Sumpfgebiet schlängelnden Straße. Weit und breit war weder eine Straßenlaterne noch ein Auto in Sicht, und trotz des Vollmondes war wegen des dicht über dem Boden hängenden Nebels kaum etwas zu sehen. Die Luft war so drückend, dass Jennys Haut und Haare feucht geworden waren, kaum dass sie das Haus verlassen hatte. Nicht von Schweiß, obwohl auch der bald folgte. Für Jenny war der Hochsommer in Louisiana etwa so, wie sie sich das Schwimmen in einer Schüssel heißer Suppe vorstellte.
In den Baumkronen raschelte etwas.
Sie blieb stehen und wandte sich den Bäumen an der Straßenseite zu, aus denen das Geräusch gekommen zu sein schien. Dabei zog sie langsam den Reißverschluss des Täschchens auf, das der lose Stoff ihrer Bluse verbarg. In dem dichten Nebel konnte sie überhaupt nichts erkennen.
Ihre Hand schloss sich um das kühle Metall ihrer Taschenlampe, aber sie nahm sie nicht heraus. Dem Wesen ins Gesicht zu leuchten würde es nur verschrecken. Sie ließ die Lampe los und tastete stattdessen nach dem mit einem Diamantmuster versehenen Griff ihrer Waffe. Vorsichtig zog sie sie aus der Tasche, hielt sie jedoch unter dem dünnen Stoff ihrer Bluse verborgen. Falls die Kreatur sie sah, würde sie sie als das erkennen, was sie war? Jenny konnte sich nicht sicher sein.
Deshalb stand sie dort, mit dem Geruch von Rotwild an ihren Schuhen, und wartete. Ein
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