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Heißes Blut: Anthologie (German Edition)

Heißes Blut: Anthologie (German Edition)

Titel: Heißes Blut: Anthologie (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Angela Knight , Emma Holly , Christine Feehan , Maggie Shayne
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der Wolf Hinkle ins Gesicht. Er hatte sich so tief zu dem Professor hinabgebeugt, dass der Mann den heißen Atem des Tieres an seiner Haut verspüren musste, und dann stieß der Wolf ein kurzes, scharfes Gebell aus und ließ seine Kiefer nur Zentimeter von Hinkles Gesicht entfernt zusammenschnappen, bevor er sich abwandte und von Hinkles Brust zu Boden sprang. Er rannte allerdings nicht davon, wie Jenny erwartet hatte, sondern trat nur aus dem Licht des Feuers und rollte sich in dessen Schatten zusammen.
    Jenny lief los, um die zerrissenen Fesseln und die Pistole aufzuheben. Dann forderte sie Hinkle mit vorgehaltener Waffe auf, sich anzukleiden. »Was haben Sie sich dabei gedacht?«, fuhr sie ihn an, während er sich hastig anzog. »Warum hatten Sie etwas dermaßen Verrücktes vor?«
    Er blickte zu ihr auf, als er sein Hemd zuknöpfte. »Ich werde alt, Jennifer, oder haben Sie das noch nicht bemerkt? Junge, clevere Professoren wie Sie kommen daher und verdrängen mich. Ich vermisse meine Jugend, meine Energie. Mit dem Wolf in mir wäre ich wieder jung und stark gewesen.«
    »Dann denken Sie mal darüber nach, wie schnell Sie im Gefängnis altern werden. Vielleicht hätten Sie das bedenken sollen.«
    Er schüttelte den Kopf. »Wenn Sie irgendjemandem etwas erzählen, werde ich Samuel La Roque als das enttarnen, was er wirklich ist.«
    »Dann würden Sie nicht im Gefängnis, sondern in der Psychiatrie landen«, entgegnete sie mit einem feinen Lächeln.
    Sie reichte Mamma Louisa die Stricke, und die ältere Frau fesselte Hinkle, während Jenny die Waffe auf ihn gerichtet hielt. Dann führten die beiden Frauen ihn aus dem Salzkreis heraus und setzten ihn auf den Boden neben einem Baum. Mamma Louisa kehrte zu dem Feuer in der Mitte des Kreises zurück und nahm, indem sie ihr Schultertuch als Topflappen benutzte, den schweren Kessel von dem Dreibein. Mit angewiderter Miene trug sie ihn ein paar Schritte weg und leerte seinen übel riechenden Inhalt auf dem Boden aus. Den Kessel ließ sie gleich daneben stehen.
    Als sie zu dem Kreis zurückkehrte, kramte sie in ihrem Beutel und warf ein paar Hand voll Kräuter aus verschiedenen Behältern in die Glut des Feuers. Der Rauch, den sie abgaben, war wohlriechend und reinigend.
    Anschließend drehte sie sich um und blickte zu dem Wolf hinüber, der nicht weit entfernt vom Rand des Kreises lag.
    Er erhob sich, als wüsste er, was Mamma Louisa von ihm erwartete, und kam langsam auf sie zu.
    Die Voodoo-Priesterin nickte anerkennend und sah dann Jenny an. »Bewachen Sie Hinkelmann und lassen Sie mich meiner Arbeit nachgehen.«
    Jenny nickte. »Samuel ist leider nicht dazu gekommen, sich bei Ihnen zu entschuldigen«, sagte sie.
    »Er hat mich vor der Kugel dieses Kerls bewahrt. Für mich ist das so gut wie eine Entschuldigung. Wir sind jetzt quitt. Also gehen Sie.«
    Jenny verließ den Kreis des Feuerscheins und trat zu Hinkle; die Waffe hielt sie sicherheitshalber noch immer in der Hand. Mamma Louisa verstreute frisches Salz an der Stelle, wo sie es vorher weggefegt hatte, und schloss den Kreis wieder. Dann ging sie zu dem Wolf und kniete vor ihm nieder, nahm seinen großen Kopf zwischen die Hände und blickte dem Tier beschwörend in die Augen. Dabei sprach sie die ganze Zeit zu ihm.
    Der Wolf winselte und erwiderte aufmerksam ihren Blick, und schließlich streckte er sich zu ihren Füßen aus. Er wehrte sich auch nicht, als sie ihn mit ihrem Umschlagtuch bedeckte, und verhielt sich völlig ruhig. Mamma Louisa gestikulierte, murmelte Zaubersprüche und schwenkte ihre Rasseln und ging dabei die ganze Zeit um ihn herum, bestreute ihn mit Kräutern und Salz und erhob die Hände zum Himmel, um ihre Götter anzurufen. Ihre Bewegungen wurden schneller, ihre Stimme lauter, und die Rasseln verursachten einen Lärm, von dem Jenny befürchtete, dass er bis zur Plantage zu hören sein würde. Und dann – urplötzlich und von einem lauten Schrei begleitet – riss Mamma Louisa das Tuch von dem Wolf zurück.
    Und Samuel lag dort, nackt, zitternd vor Kälte und offensichtlich ein bisschen desorientiert. Blinzelnd blickte er zu Mamma Louisa auf, die ihm zufrieden zunickte. Dann erzeugte sie mit ihrem Federfächer wieder eine Öffnung in dem Kreis und winkte Jenny näher. Sie lief zu Samuel, und als sie neben ihm auf die Knie sank, sagte er: »Er ist noch immer in mir. Ich kann den Wolf in mir spüren.«
    »Ja«, gab Mamma Louisa ihm recht und reichte ihm den Schal, damit er sich bedecken konnte.

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