Heißes Geld
hinterließ für Sabine die Nachricht, daß er Freunde aus Lugano getroffen hätte und mit ihnen zum Essen gehen müsse, was sich zeitlich hinziehen könne. Er ging zu Fuß auf Umwegen nach Muralto, um den Tatort und seine weitere Umgebung auszubaldowern – er konnte sich keinen Fehlstart erlauben.
Er achtete sorgfältig auf Passanten, die hinter im her wären. Er entdeckte keinen. Der einzige Verfolger, den Linsenbusch-Nareike hatte, erwartete ihn bereits gut versteckt auf einem Kinderspielplatz, von dem aus er Saumwebers Haus und Garten im Blick hatte – während Barbara Geliert im ›La Palma‹ geblieben war, um in den entscheidenden Stunden die angebliche Frau Nareike zu beschatten.
Kurz nach 20 Uhr näherte sich der Erpresste dem Haus seines Erpressers, hellwach, nüchtern, konzentriert. Obwohl Linsenbusch-Nareike seit zwei Stunden Saumwebers Villa beobachtet hatte, sicherte er ein letztes Mal nach allen Seiten, bevor er auf den Klingelknopf drückte. LA FAVORITA stand in handgeschmiedeten Lettern über dem Eingang des weißen Bungalows. Es war ein prächtiger Besitz mit einem Park mit alten Bäumen, von Naturhecken fast zugewachsen – der Verräter war wohl nicht mit Silberlingen, sondern mit Gold belohnt worden.
»Willkommen«, begrüßte Saumweber-Seligmann in der Tür den Erwarteten.
»Das wird sich erst noch herausstellen«, erwiderte der Besucher sarkastisch, er deutete auf den ›Bentley‹ mit der Tessiner Nummer am Garagenvorplatz: »Dein Wagen?« fragte er.
»Eines meiner Autos«, erwiderte Saumweber großkotzig: »Ich darf vorausgehen?«
»Wenn du es wagst, mir den Rücken zu kehren«, versetzte Linsenbusch in scheinbar ohnmächtigem Zorn. Sie betraten eine riesige Wohnhalle mit breiter Fensterfront zum See.
»Meine Frau ist zur Kur in Vichy«, erklärte Saumweber. »Unser Mädchen schläft ohnedies außer Haus. Mein Chauffeur arbeitet sonntags nicht, und meine Freunde wissen, daß ich heute keine Zeit für sie habe.« Er sah Linsenbusch, der nichts erwiderte, fest an: »Wie du siehst, habe ich alle deine Bedingungen genau eingehalten. Wenn du willst, kannst du dich persönlich überzeugen, daß wir beide ganz allein im Haus sind.«
»Vertrauen ist gut«, zitierte der Besucher, »Kontrolle ist besser.«
Eher stolz, seinen Besitz vorführen zu können, als beleidigt über das Misstrauen, trat der Geschäftemacher im Niemandsland mit seinem Gast einen Rundgang durch den Bungalow an, zeigte ihm alles, vom Keller bis zum Garten, den Swimmingpool innen wie außen, den Geräteschuppen, die Garage, in der ein kleiner Fiat stand: »Die Einkaufstasche meiner Frau«, sagte Saumweber. »Und weil sie so vergesslich ist, habe ich eine elektronische Türautomatik einbauen lassen. Verstehst du, man fährt mit der Schnauze einfach auf die Einfahrt zu, und die Türe öffnet und schließt sich von selbst.«
»Toll«, erwiderte Linsenbusch, als wäre ihm diese technische Spielerei neu. Dann betrachtete er die rollende Einkaufstasche, diesmal mit großem, nicht vorgetäuschtem Interesse. Ein kleiner Fiat mit semmelblonder Zuladung ließe sich wohl leichter in den Lago kippen als ein schwerer Bentley, zumal es in einer mondhellen Nacht ganz schnell vor sich gehen müßte, damit es keine Zeugen gäbe.
Sie standen wieder in der pompösen Wohnhalle mit der versenkbaren Glasscheibe. Von hier aus konnte man übergangslos in den Garten gehen, der wie eine Plattform dem Lago vorgelagert schien.
»Ein prächtiger Besitz«, lobte der Gast.
»Eine meiner Villen«, gab Saumweber weiter an, als könnte er durch seine Neureichen-Attitüde einen Dollarmillionär in spe einschüchtern. Linsenbusch betrachtete ein großes Ölgemälde an der Wand, es zeigte ein schönes Mädchen mit einem etwas leeren Gesicht und einem reizvollen Décolleté: »Eine deiner Frauen?« fragte er.
»Die vorletzte«, antwortete Saumweber. »Kostet mich 4.000 im Monat. Das Leben ist teuer. Setz dich, Horst«, sagte er. »Lass uns einen trinken und die alte Scheiße vergessen.«
»Wie du meinst«, entgegnete Linsenbusch. »Aber bevor ich mit dir anstoße –« es war, als sprühte die Verachtung von seinen Lippen wie winzige Speicheltröpfchen. »Wieviel von meinem Geld willst du haben?«
»Von unserem Geld«, korrigierte Saumweber. »Die Hälfte.«
»Zu viel. Und wer garantiert mir, daß du dir nicht auch noch den Rest unter den dreckigen Nagel reißen willst?«
»Meine Nägel sind sauber«, versetzte der Waffenhändler.
»Mach mir
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