Heißes Geld
übersiedelte und vor ein paar Jahren gestorben ist. Der DEWAKO-Chef – er hieß übrigens Linsenbusch, nicht Lindsberg oder so ähnlich – war an Krautwald wegen Rohstoffeinkäufen via Schweiz herangetreten, und der Advokat hatte die Chance gewittert, einige Angehörige seiner jüdischen Klienten in den USA freizukaufen.«
»Menschlichkeit oder Profit?« fragte Feller.
»Das ist gar nicht so leicht zu beantworten, Henry. Der Mann hätte natürlich als Honorar einstreichen können, was immer er verlangte. Er nahm nur die üblichen Sätze.« Rings lächelte verdrossen. »Dieser kleine Schönheitsfehler freilich bleibt unserem teuren Toten.« Er kam wieder zum Thema: »Über diese Dinge wußte unsere Donovan-Crew übrigens schon während des Krieges bestens Bescheid. Einem unserer Leute war gelungen, den Vertrauten des DEWAKO-Chefs in Paris rechtzeitig umzudrehen. Nach dem Krieg hatte sich herausgestellt, daß die Informationen, die uns dieser Bursche – es ist natürlich Saumweber – gab, in allen Einzelheiten stimmten. Der Mann war uns auch behilflich, die Verantwortlichen für diesen Menschenhandel einzufangen. Schließlich stand er uns auch noch als Kronzeuge der Anklage zur Verfügung. Das Militärgericht von Nürnberg verurteilte alle Angeklagten zum Tode durch den Strang. Ich habe vergessen zu erwähnen, daß der in Greenstones Brief erwähnte Hauptsturmführer Eckel kurz vor Kriegsende wegen Korruption von den Nazis selbst noch an die Wand gestellt worden ist; aber Obersturmführer Dumbsky wurde in Landsberg gehängt.«
»Und was ist aus Linsenbusch geworden?«
»Getürmt«, erwiderte General Rings. »Kurz vor seiner Hinrichtung. Inzwischen hatte auch Frankreich, unabhängig von uns, ein Verfahren gegen die DEWAKO-Leute angestrengt. Linsenbuschs Exekution wurde im letzten Moment gestoppt, weil die Franzosen noch Informationen über einige Verschollene aus ihm herausquetschen wollten. Bei der Überführungsfahrt ist Linsenbusch der Ausbruch gelungen.« Man sah ihm an, daß ihn die Erinnerung zornig machte. »Da ist auch noch eine Doublette passiert: In Unkenntnis unseres Spruchs hatten ihn die Franzosen bereits in Abwesenheit zum Tode verurteilt.« Grimmig setzte er hinzu: »Was nichts daran ändert, daß weder sie noch wir ihn aufgeknüpft haben.«
Er hatte sich in Rage geredet. Sein Gesicht war purpurrot angelaufen, aber der Grimm von gestern änderte nichts an den Verhältnissen von heute: »Wenn wir diesen Linsenbusch jetzt schnappen würden, müßten wir ihn vermutlich auch noch laufen lassen.«
»Das ist nun doch wohl übertrieben, Lionel«, versetzte der Anwalt.
»Paß mal auf, mein Junge«, erwiderte Rings. »Wir, die Amerikaner, Engländer und Franzosen haben insgesamt 806 Nazikriegsverbrecher zum Tode verurteilt, von denen tatsächlich 486 hingerichtet worden sind. Auf die anderen fiel die Gnade wie ein warmer Mairegen: Aus dem Strick wurde lebenslänglich, das verkürzte sich dann auf zehn Jahre, und die waren nach ein paar dutzend Monaten ausgestanden. In der Praxis heißt das, daß die Engländer 1957 den Letzten laufen ließen und wir ein Jahr später, und der wäre heute in Freiheit, von keinem amerikanischen Gericht mehr bedroht, selbst wenn er Linsenbusch heißen würde.«
»Wenn ich dich recht verstehe«, entgegnete Feller, »dann schlägst du mir vor, wieder nach New York zurückzufliegen und mich künftig mit Miller gegen Miller, oder Brown contra Blomfield zu befassen.«
»Das wäre das Zweitbeste, Henry«, erwiderte der CIA-General. »Aber du bist ja der glänzende Vertreter einer erstklassigen Anwaltsfirma und auch noch bei uns in die Schule gegangen.« Er lächelte nachsichtig, als wolle er ihm verjährte Fehler verzeihen: »Fahr jetzt in die Lexington Avenue zurück. Auf dem Nachttisch deines Zimmers 304 im ›Watergate‹ findest du Fotokopien. Du kannst dich bis morgen früh mit ihnen befassen. Ich habe mir morgen freigenommen, den ganzen Tag.« Er nickte Feller zu. »Für dich, denn alerten Idealisten sollte man weiterhelfen. Ich hole dich Punkt zehn Uhr zu einer Landpartie ab und stelle mich dann deinen weiteren Fragen.«
»Okay«, erwiderte der Anwalt lächelnd. »Du bist großartig, Lionel. Darf ich dich vielleicht jetzt auch noch fragen, wie es dir geht?«
»Zwischen den Ehen«, brummelte er. »Ich sattle gerade von der dritten auf die vierte um.«
»Dear me«, entgegnete Feller. »Und das muß sein?«
»Schließlich will ich noch was vom Leben haben«, sagte
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