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Heißes Geld

Heißes Geld

Titel: Heißes Geld Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Will Berthold
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Vorschlag«, entgegnete Nareike: »Wir brechen dem Widerstand die Spitze, indem wir selbst mit den Bussen in die ›Waldschänke‹ fahren. Es wäre schön, wenn auch der Junior ausnahmsweise einmal aus seinem ›Maserati‹ ausstiege.«
    Er hatte sich wieder einmal durchgesetzt, und der alte Müller komplimentierte Kudritzky mit den Worten hinaus: »Ich hätte noch etwas mit unserem Geschäftsführer zu besprechen.«
    Nareike stand auf, ging an die Bar.
    »Nein«, wehrte Müller senior ab: »Ich darf nicht mehr. Mir geht es ehrlich gesagt beschissen. Es ist ein Glück, daß wir dich haben.«
    »Was meint dein Arzt?«
    »Ich habe mehrere«, antwortete Müller, »aber, weißt du, die Pumpe, und der Bluthochdruck, und die Leber, und der Zucker.«
    »Nun hör schon auf, bevor mir die Tränen kommen«, erwiderte Nareike lachend. »Auch über meine eigenen Gebrechen.«
    »Ich muß mich zurückziehen«, sagte der Senior. »Unter der Voraussetzung, daß du mir versprichst, zu bleiben, wenn mein Sohn – wenigstens nach außen hin – die Firma übernimmt.«
    »Auf keinen Fall«, entgegnete der Bevollmächtigte. »Wenn du gehst, gehe auch ich.«
    »Selbst wenn ich dir Gesellschafteranteile übertrage?« fragte der Alte, als müsse er darum bitten, ein fürstliches Geschenk loszuwerden. Das Angebot war mehr als fair, aber Nareike blieb stur, so sehr es ihm sonst ums Geld ging. Es war ein Teil seines Plans. Er würde auffallen, wenn er nach der Stunde X übergangslos aus der Firma verschwände. Im Gegensatz zu früher hatte er gerade in letzter Zeit neue Mitarbeiter engagiert und ihnen größeren Spielraum eingeräumt. Sein Ausstieg sollte für die Firma zu keinem Debakel werden und vor allem keinen Anlass geben, über seinen Rückzug Nachforschungen anzustellen.
    Sabine war eingetreten, und Hermann Müller, der sie mochte, lächelte ihr zu; er verzichtete vorläufig darauf, Nareike weiter zu bearbeiten.
    »Freue mich immer, wenn ich Sie sehe, Fräulein Littmann«, schmeichelte der Senior.
    »Besten Dank, Herr Müller«, antwortete Sabine.
    »Es ist wirklich so«, bestätigte er. »Ich bin zwar nicht mehr so gut bei Fuß, aber vielleicht würden Sie mir doch auf dem Sommerfest einen Ehrentanz …«
    »Schon reserviert, Herr Müller.«
    »Aber nicht vergessen«, sagte er in betulicher Alt-Männer-Art, bevor er ging.
    Sie sahen ihm nach: »Aber denken Sie an sein Herz, Sabine, und schwingen Sie ihn nicht zu sehr herum.«
    Sie lachte, wartete einen Moment darauf, daß auch er sie um einen Tanz bitten würde – aber seine Tänze fanden auf einem anderen Parkett statt.
    »Könnte ich bitte heute Nachmittag freihaben?« fragte Sabine.
    »Mutter oder Friseur?«
    »Friseur«, antwortete sie.
    »Aber doch wohl nicht in Kettwig?«
    »Nein, in Düsseldorf«, antwortete Sabine.
    »Warum sagen Sie es denn nicht gleich«, erwiderte er. »Ich nehme Sie natürlich im Wagen mit.«
    »Das wäre sehr liebenswürdig«, entgegnete sie.
    »Aber nur unter der Bedingung, daß Sie sich Ihre schönen, langen Haare nicht abschneiden lassen«, versetzte Nareike.
    »Das verspreche ich Ihnen.« Sabine war nicht überrascht, daß er, ein typischer Junggeselle, sich um so weibliche Fragen kümmerte. Nareike hatte sie mit einem Parfüm überrascht und auch mit einer ungewöhnlich schicken Handtasche, ausgewählt von einem Kenner, einem Frauenkenner. Sabine war längst klargeworden, daß er wohl nicht immer wie bei Müller & Sohn als Einsiedler gelebt hatte.
    Nareike nutzte die Mittagspause, um sich in seiner Privatwohnung über dem Büro mit Hannelore zu befassen. Er hatte die Zeit in Schreib- und in Sprechwochen eingeteilt, und das hieß: abwechselnd 24 Anrufe und 24 Briefe, dann war er entschlossen, den Urlaub zunächst zu verschieben und dann ganz ausfallen zu lassen, und zwar für immer.
    Er tippte den nächstfälligen Brief, den Hannelore – es war ein kalendarischer Zufall – an ihrem 50. Geburtstag auf dem Münchner Postamt abholen würde. Nareike rang sich ein paar besondere Worte ab, und er würde auch noch für eine andere Überraschung sorgen. Im Juni war zweimal hintereinander das Aufgebot zu seiner Todeserklärung im ›Bundesanzeiger‹ veröffentlicht worden, und das bedeutete, daß er mit der richterlichen Verfügung für Anfang September rechnen konnte, genau vier Wochen später erhielte sie Rechtskraft, womit der eigentlich schon längst vergessene Horst Linsenbusch endgültig aus der Welt geschafft wäre. Er schlug seiner Frau,

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