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Heißes Geld

Heißes Geld

Titel: Heißes Geld Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Will Berthold
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des Briefes gelangt sei und überreichte Fords Pressemann eine Fotokopie. Er hatte das Vermächtnis des jüngeren Greenstone ins Deutsche, Französische, Spanische, Italienische und Hebräische übertragen und die Übersetzung beglaubigen lassen. Es würde in der nächsten Zeit immer wieder geschehen, daß er Menschen bei der Lektüre dieses Dokuments beobachtete. Er bemerkte, wie sich das Gesicht Littlesmith' spannte; es sah aus, als liefe seine Schläfennarbe dunkelrot an.
    Der Captain a.D. sah einen Moment auf die Tischplatte und reichte die Blätter zurück. »Sieht Linsenbusch durchaus ähnlich«, stellte er fest. »Nur die Selbstaufopferung Josephs war mir neu. Die anderen Einzelheiten passen genau in unsere Ermittlungen.« Er trank das Glas aus. »Vielleicht hätten Sie mir diesen Brief erst nach dem Lunch zeigen sollen, Mr. Feller«, sagte er ohne Vorwurf. »Sie kennen die Gerichtsakten?«
    »Ja«, antwortete der Jurist. »Sie können die Geschehnisse bis zu Ihrem Eintreffen in Landsberg als weitgehend bekannt voraussetzen.«
    »Also, zurück nach Landsberg«, sagte der Ex-Captain: »Kurz bevor dieser dirty bastard gehängt wurde, kam es zu einem Gerangel mit unseren französischen Bundesgenossen, und damit begann eigentlich das ganze Fiasko. Ich hätte Linsenbusch von MPs abholen lassen können, aber ich übernahm es selbst, ihn nach Stuttgart zu eskortieren – Captain Brown, einer der Prison-Officiers, war ein alter College-Freund von mir. Ich fuhr also mit Sergeant Myers zum ›War Criminal Prison‹. Wir trafen an einem Mittwoch Nachmittag ein, und zu dieser Stunde eröffnete man elf Rotjacken gerade, daß sie am nächsten Morgen gehängt würden. Ihre Angehörigen waren bereits telegrafisch verständigt, und sie durften sich noch einmal – getrennt durch eine Glasscheibe – sehen und sprechen. Nach dem Abschied sollten die Todeskandidaten bis zur Hinrichtung im Keller in Einzelzellen untergebracht werden. Da Linsenbusch keine Angehörigen hatte, kam er gleich nach unten.«
    »Keine Angehörigen?« unterbrach ihn Feller. »Keine Frau?« Er überlegte kurz. »Bei der Vernehmung zur Person hat er angegeben, daß er verheiratet ist.«
    »Das stimmt schon. Aber seine Frau hat vermutlich unter falschem Namen gelebt. Wir konnten sie nicht ausfindig machen. Nicht vorher und nicht nachher, und so fehlte sie auch unter den ›Morgen-früh-Witwen‹ im Hotel ›Goggl‹.« Littlesmith nahm das Glas zur Hand, sah auf den Grund, trank aber nicht: »Ich muß Ihnen nun etwas erklären, Mr. Feller: Wir hatten damals wirklich kein Mitleid mit diesen bloody red jackets. Sie hatten den Tod verdient. Das glaube ich auch heute noch – aber diese Gewissheit wird erschüttert, wenn man in ein Gefängnis kommt und die Leute sieht, die ein paar Stunden später sterben müssen. Eigentlich ist ja auch kein vernünftiger Mensch für die Todesstrafe«, schweifte er ab: »Mir mundet zum Beispiel Fleisch ausgezeichnet, aber ich bin freiwillig Vegetarier, weil ich mir einbilde, daß dann vielleicht weniger Tiere geschlachtet werden.«
    Das Bild war schief, aber Feller hatte begriffen, was gemeint war.
    »Sorry«, entschuldigte sich der frühere CIC-Officer. »Ich bin vom Thema abgekommen. Also, es war eine drückende Atmosphäre. Nur halblaute Gespräche. Nervöse Gesten. Am Spätnachmittag kam der Henker, der übrigens sonst mit Gesichtswasser und Heiligenbildern handelte. Einige Bewacher hatten eine weithin wehende Schnapsfahne – zu allem Überfluss war an diesem Tag auch noch der PX-Whisky ausgegeben worden. Gleich bei der Begrüßung sah ich auf dem Schreibtisch von oldfellow Brownie drei volle Flaschen stehen. Als ich ging, waren es nur noch eineinviertel.« Er betrachtete Feller: »Glauben Sie nicht, daß ich eine Ausrede brauche«, sagte er. »Die Fehler, die wir gemacht haben, sind unverzeihlich, aber ich versuche nur zu erklären, wie es soweit kommen konnte. Es war ein langer Papierkrieg, bis Linsenbusch übergeben wurde. Der Bursche hatte noch nicht begriffen, daß er nicht vorzeitig vom Henker abgeholt wurde, sondern von uns. Der Gefängniskommandant hatte ihm einen Zivilanzug verpasst, und das war der einzige Fehler, der nicht auf unser Konto ging.«
    Feller spürte die Erinnerung in sich aufsteigen, verschüttet von 16 Jahren. Der Fall hatte seinerzeit enormes Aufsehen erregt, obwohl er weitmöglich heruntergespielt worden war.
    »Linsenbusch war noch immer verstört, als wir die Fahrt antraten«, berichtete

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