Heißes Geld
sein.«
»Lassen wir doch diesen Unsinn«, entgegnete sie.
Er öffnete die dritte Flasche Schampus. Sabine würde schon begreifen, daß er kein trunkener Bramarbaseur war.
»In vier Tagen beginnt unser Urlaub«, sagte er. »Vorschlag Nummer eins: Ich schenk dir ein paar tausend Mark – ohne jede Gegenverpflichtung. Du fährst auf die Kö nach Düsseldorf und kleidest dich ein, wie es einer künftigen Millionärin ansteht.«
»Nun hör schon auf«, wurde sie böse.
Nareike nahm wieder das Bild von der Wand, öffnete seinen Safe, wies mit der Hand auf den Inhalt: »Kleiderkasse«, sagte er. »Bediene dich. Du brauchst nicht kleinlich zu sein.«
Sabine stand verwundert auf und trat an den Tresor heran, sah hinein; sie wirkte verstört.
»Du kannst auch alles mitnehmen, wenn du willst«, forderte er sie auf. »Nur damit du siehst, wie ernst ich es meine.«
Sabine starrte auf das Geld, sah zu Nareike: Er war kein Schwätzer, sondern ein Mann, der stets wußte, was er wollte. Sie kannte seine Ellbogen, sein Durchsetzungsvermögen, die Art, mit den Müllers umzuspringen.
»Und dann?« fragte sie.
»Dann fahren wir zusammen los. Immer noch ganz unverbindlich. Getrennte Zimmer, gemeinsame Kasse. Kein Vorschuss auf die Ehe, es sei denn, es ginge von dir aus.«
»Ich würde mich hüten«, giftete sie: »Und dann?«
»– machen wir uns ein paar schöne Tage in der Schweiz. Anschließend kurzer oder längerer Abstecher nach New York, oder sonst wohin. Heiratsort nach Wunsch und Wahl. Nur hier nicht, in dieser vermieften Scheißgegend. Bevor wir zum Standesamt gehen – so du es wünschst, auch in die Kirche – kleiner Umweg über den Notar, wo ich gleichzeitig mit einem Ehevertrag eine Million Mark – ganz allein für dich, Sabine, deponiere.«
Sie fegte die Sektschale vom Tisch, ging an den Kühlschrank und holte Mineralwasser. Sie nahm kein Glas, trank aus der Flasche. »Entschuldige«, sagte sie. »Ich bin sonst nicht so vulgär, aber ich muß sichergehen, daß ich nicht besoffen bin.«
»Ich weiß, du bist sonst immer ladylike und etepetete«, entgegnete er lachend. »Bleiben wir zusammen«, fuhr er fort. »Natürlich nicht hier, und nicht bei Müller & Sohn, sondern an einem schönen Fleck an der Sonne, in der Karibik oder wo auch immer. Merkst du: Ich möchte dir Appetit auf künftige Gemeinsamkeiten …«
»Und wenn ich mit dem Geld durchbrenne?« unterbrach sie ihn.
»Mein Risiko«, erwiderte er. »Aber so unanständig bist du nicht.«
»Bist du sicher?«
Nareike nickte.
»Das Schlimmste ist, daß du vermutlich auch noch recht hast. Vorausgesetzt«, sagte Sabine und kräuselte die Lippen, »daß das Geld – wie man so sagt – nicht den Charakter verdirbt.« Sie verbeugte sich, mehr verwirrt als spöttisch: »Nicht ungeneigt, dem Antrag näher zu treten«, setzte sie hinzu, räkelte und dehnte sich, verfolgte dabei die Wirkung auf seinem Gesicht, zufrieden mit dem Erfolg ihrer Gymnastik.
»Das wäre eine Basis«, entgegnete Nareike.
»Unter Umständen eine recht stabile«, antwortete das Mädchen. »Vielleicht schaffst du es tatsächlich noch, daß ich mit dir fürs Leben …«
»Ganz in meinem Sinne«, erwiderte er. »Bedenkzeit bis Montag Mittag.«
»Du bist ein Schuft«, antwortete sie. »Glaubst du ernsthaft, du könntest mich einkaufen wie einen – einen Artikel?«
»Jeder ist käuflich«, versetzte er. »Das ist keine Frage des Charakters, sondern der Summe.« Er hob das Glas.
Sabine trank, aber sie stieß nicht an; dann ging sie an den Tresor, hob das ganze Bündel heraus, sortierte es, schichtete die Scheine aufeinander, zählte nach: »Das sind ja«, sagte sie aufgeregt, »siebentausendfünfhundert Mark.«
»Ich habe dir doch gesagt«, erwiderte Nareike belustigt, »daß du dich nach Belieben bedienen kannst.«
»Ich warne dich«, entgegnete sie. »Ich brächte es fertig!«
»Dann will ich es dir leichter machen«, lachte er und ging ins Bad, um sich zu rasieren; er pfiff vor sich hin, zufrieden mit sich und Sabine. Er warf die Last der Jahre ab wie Ballast aus einem Ballon, der höherzusteigen begann, immer höher, der Sonne entgegen.
Nareike konnte nicht wissen, daß bei einem Armenbegräbnis in New York ein Vermächtnis ans Licht gekommen war, und daß sich ihm seitdem ein entschlossener Verfolger bereits bis auf einige hundert Kilometer genähert hatte.
»Du kannst unser Bundeskriminalamt natürlich in keiner Weise mit eurem FBI vergleichen«, hatte Sigi Geliert
Weitere Kostenlose Bücher