Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Heißes Geld

Heißes Geld

Titel: Heißes Geld Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Will Berthold
Vom Netzwerk:
wurde sie angesprochen: »Mach dir keine Sorgen«, sagte die Zängerin.
    Sabine erschrak über das ›Du‹, das auf den Alkoholpegel des Sommerfestes schließen ließ.
    »Alle Kollegen stehen wie eine Eins hinter dir, Sabine«, versicherte die Pralline: »Und der Betriebsrat wetzt schon das Messer gegen den Junior.«
    »Besten Dank«, entgegnete die Direktionsassistentin zerstreut.
    Sie war auf die Begegnung mit Nareike konzentriert: »Guten Tag«, begrüßte sie ihren Chef und Verführer.
    »Gut geschlafen, Sabine?« fragte er.
    »Ungut.«
    »Wegen des Juniors?«
    »Wegen dir«, versetzte Sabine.
    Nareike überhörte es. »Der Junior wird gleich kommen, um sich persönlich bei dir zu entschuldigen«, sagte er. »Ich habe es mit seinem Vater abgemacht, und ich bestehe darauf, die Szene als Voyeur zu genießen.«
    Er hatte es geschafft, und ihre wohldurchdachte Rede ohne Inhalt durcheinander gebracht. Bevor Sabine einen neuen Anfang finden konnte, klingelte das Telefon. Später kam ein Besucher, der Nareike persönlich sprechen wollte: »Ein Herr vom ›Autohaus Becker‹«, meldete sie. »Soll ich ihn hereinlassen?«
    »Aber ja, Sabine.«
    »Alles erledigt, Herr Direktor«, sagte der Mann und überreichte Autopapiere und Zündschlüssel. »Ihr neuer Wagen parkt genau gegenüber vor dem Werkseingang.« Er trat ans Fenster: »Sie können ihn von hier aus sehen«, sagte er und verbeugte sich: »Dann darf ich Ihnen noch gute Fahrt wünschen.«
    »Hast du dir einen Wagen gekauft?« fragte Sabine.
    »Nicht mir«, antwortete er. »Dir. Ein weißes ›Porsche‹-Cabriolet mit beigen Lederpolstern, Radio, Hardtop, mit allen Schikanen …«
    Sabine betrachtete ihn verständnislos; sie hatte ein Gefühl, als würde ihr der Teppich, auf dem sie stand, unter den Füßen weggezogen.
    »Wir wollen doch wohl nicht mit dem spießigen Dienstwagen in Urlaub fahren, oder?«
    »Wir?« fragte Sabine.
    Er übergab ihr Schlüssel und Papiere: »Wir«, versetzte er.
    »Wir arbeiten heute alles auf. Morgen, Dienstag, habe ich eine Besprechung in Köln, am Mittwoch in Frankfurt. Dann treffen wir uns am Abend in Stuttgart. Ich komme vorher nicht mehr zurück. Wir sehen uns also gleich dort. Merk dir, mein schönes Kind: ›Hotel Zeppelin‹, ab 21 Uhr. Ich weiß nicht, wie lange mich die Leute von Daimler-Benz nerven, es kann also etwas später werden.«
    »Ich soll den Wagen übernehmen?« Sabine starrte auf den Schlüssel, betrachtete Nareike, begriff: Einer seiner Scherze, die ernst gemeint waren.
    Er trat ans Fenster. »Da steht er«, sagte er. »Siehst du, der schicke weiße – fahre ihn mir anständig ein und bring ihn, wenn's geht, ohne Beulen nach Stuttgart.«
    »Ich soll diesen Porsche fahren?« fragte sie verstört.
    »Im Rahmen unserer Vereinbarung: Zweisitzer, aber Einzelzimmer. Wie abgemacht.«
    Sabine starrte immer noch den Sportwagen an.
    »Noch etwas«, sagte er und überreichte ihr ein Kuvert mit einem Blankoscheck: »Du bist zwar immer sehr schick angezogen – aber ich will keine Kopien mehr an dir sehen, sondern Originalmodelle. Setz den Betrag ein, den du brauchst, kleide dich anständig ein für die Reise: Sommerkleider von Pucci, ein Reisekostüm von Coco Chanel, vor allem Schuhe von Jourdan.« Er lächelte ohne Bosheit: »Vergiß, daß du ein Flüchtlingskind bist.«
    »Du mußt verrückt sein«, sagte sie.
    »Stimmt«, entgegnete Nareike. »Verrückt nach dir, ansonsten«, wurde er lyrisch, »möchte ich mich als nicht weniger großzügig erweisen als dieser herrliche Sommertag.«
    »Du pokerst verdammt hoch«, sagte Sabine.
    »Das mag sein«, versetzte er. »Aber ich gewinne immer. Also, Mittwoch Abend. Sei pünktlich.«
    Sabine ging wieder ans Fenster und betrachtete das weiße Cabriolet; Nareike verfolgte es und lächelte. Er wußte, daß es in diesem Stadium seines Feldzuges besser wäre, wenn sie auf den Wagen sähe, statt ihm in die Augen.
    Paul Rice war ein kleiner Mann mit einem zu kurz geratenen Kinn; er glich eher einem Substituten in einem Warenhaus als einem Mann vom Geheimdienst; aber wenn man einem CIA-Mann den Beruf ansähe, ginge er wohl besser nach Hollywood als in den Untergrund: »Setzen Sie sich, Mr. Feller«, begrüßte er den Anwalt in der US-Botschaft in Mehlem bei Bonn. Er wirkte zugeknöpft wie eine Schirmhülle, brachte dann doch ein verunglücktes Lächeln zustande: »Ich komme gerade aus Washington«, sagte er. »Ich habe dort alles versucht, um Ihren Wunsch zu Fall zu bringen.

Weitere Kostenlose Bücher