Heißes Versprechen
Erst nachdem er sich umgeblickt hatte, schenkte er sich ein weiteres Glas Claret ein. »Ein kleiner Jux nur, mehr nicht.«
Artemas erhob sich langsam. »Hoffentlich beliebten Sie über Ihre finanziellen Aussichten zum Monatsende hin nicht zu scherzen.« Er lächelte kaum merklich. »Ich wäre bitter enttäuscht, sollte es sich erweisen, dass Sie Ihre Spielschulden nicht begleichen können, Flood. Ausgesprochen bitter sogar.«
Flood fuhr zusammen, dann brauste er auf. »Sie bekommen Ihr Geld«, brachte er leicht lallend hervor.
»Es beglückt mich, das zu hören. Sind Sie sich wirklich sicher, mir nicht von jener Anlage erzählen zu können, die sich in zwei Wochen auszahlen soll? Möglicherweise hätte ich ebenfalls ein Interesse daran.«
»Tut mir Leid«, entgegnete Flood knapp. »Alle Anteile sind bereits verkauft. Eigentlich hätte ich es gar nicht erwähnen dürfen. Die Aktionäre sind zur Geheimhaltung verpflichtet.« Er machte einen besorgten Eindruck. »Sie werden doch niemandem etwas darüber erzählen, nicht wahr?«
Artemas lächelte. »Ich werde nichts zu niemandem sagen, Flood. Darauf haben Sie mein Wort. Und ganz sicher möchte ich mich nicht in Ihre Geldanlagen einmischen.«
Flood starrte ihn unbewegt an, als ob ihn Artemas’ Lächeln in Trance versetzt hätte. Dann blinzelte er und schien sich einen Ruck zu geben. »Richtig so. Es liegt in Ihrem ei-genen Interesse, den Mund zu halten, nicht wahr? Ihr Geld werden Sie nicht bekommen, wenn Sie sich in meine Geldanlagen einmischen.«
»Wohl wahr.«
Artemas wandte sich um und trat in den Flur hinaus. Drei junge, modisch gekleidete Männer, die allesamt einen über den Durst getrunken hatten, stolperten ihm über den Weg. Einer von ihnen trat vor, und seine Augen weiteten sich theatralisch. Mit dramatischer Geste streckte er eine Hand vor.
»Ich staune! Freunde, wen haben wir denn da vor uns? Es ist wohl der wagemutigste, kühnste und beherzteste Mann ganz Englands. Darf ich Ihnen vorstellen: Hunt.«
Die anderen beiden sangen im Chor.
»Hunt, Hunt, Hunt.«
»Betrachten Sie sein edles Gesicht. Betrachten Sie es nur ganz genau, denn möglicherweise werden wir jemandem wie ihn nie wieder in diesen Räumen begegnen.«
»Hunt, Hunt,Hunt.«
»Denn morgen früh wird unser wagemutiger Hunt entweder um tausend Pfund reicher sein oder aber ...«
»Hunt, Hunt, Hunt.«
»... oder aber er wird die Welt der Lebenden für immer verlassen haben. Die Verruchte Witwe wird ihn in das große, graue Nichts hinausbefördern.«
»Hunt, Hunt,Hunt.«
»Für heute Nacht sollen ihn unsere besten Wünsche begleiten. Auch wünschen wir ihm ein hartes, unnachgiebiges Geschlecht, auf dass er sich an seiner letzten Nacht hier auf Erden erfreuen möge.«
»Hunt, Hunt, Hunt.«
Artemas trat auf die drei jungen Männer zu. Sie lachten schallend und verneigten sich übertrieben tief, während sie ihm aus dem Weg gingen.
»Hunt, Hunt, Hunt.«
In der Tür hielt Artemas inne und wandte sich halb zurück. Er bedachte die drei mit einem langen, nachdenklichen Blick. Plötzlich herrschte in dem Raum eine erwartungsvolle Stille. Er zog seine Uhr aus der Tasche. Alle Augen waren auf ihn gerichtet, als er den Deckel aufschnappen ließ und nach der Zeit sah.
Dann klappte er den Deckel wieder zu und ließ die Uhr langsam in seine Tasche zurückgleiten. »Ich fürchte, heute Abend muss ich Sie alle recht früh verlassen, weil andere Dinge meine Aufmerksamkeit erfordern. Ich rechne mit Ihrem Verständnis.«
Die drei Rabauken kicherten. Von einem der Kartentische drang Gelächter herüber.
»Aber morgen ...« Artemas hielt der Wirkung halber mitten im Satz inne. »Immer davon ausgehend natürlich, dass ich die Nacht überlebe ...«
Einer der drei jungen Dandys wieherte drauflos. »Wenn wir Ihrem Optimismus in dieser Frage folgen, was wollen Sie dann morgen tun?«
»Morgen werde ich jeden in diesem Club zum Duell auffordern, der so unverschämt ist, meine neuen Hausgäste in meinem Beisein zu beleidigen.«
Die drei Männer starrten Artemas an. Ihre Augen weiteten sich entsetzt, ihre Münder standen offen. Das zunächst der Neugier entsprungene Schweigen, das sich über den Clubraum gelegt hatte, wich einer ungläubigen Stille.
Zufrieden mit der erreichten Wirkung, trat Artemas in den Eingangsbereich hinaus. Er ließ sich Cape und Handschuhe reichen und stieg die Treppe zur Straße hinunter.
Kaum war er ein paar Schritte gegangen, als er jemanden hinter sich herrennen
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