Heißes Versprechen
da?«
»Ich bin es, Zachary, Sir.« Die gedämpfte Stimme schien es sehr eilig zu haben. »Ich muss Ihnen etwas erzählen. Es ist sehr wichtig.«
Madeline beobachtete, wie Artemas aufschloss und die schwere Holztür öffnete. Zachary stand mit blassem, ernstem Gesicht auf der Treppe.
»Gott sei Dank sind Sie zu Hause, Sir. Ich dachte schon, Sie wären in einem Ihrer Clubs, und ich müsste Zeit verlieren, Sie zu suchen.«
»Was ist denn los?«, erkundigte sich Artemas. »Es ist eine Leiche, Sir. Im Geisterhaus.«
»Zachary, wenn dies wieder einer Ihrer ausgefallenen Scherze ist, so möchte ich Sie gleich warnen, dass ich dazu nicht aufgelegt bin.«
»Es ist kein Scherz, Sir.« Zachary wischte sich mit dem Ärmel den Schweiß von der Stirn. »Ich schwöre, im Geisterhaus liegt eine Leiche. Und dann gibt es da noch etwas.«
»Was noch?«
»Eine Nachricht, Sir. Sie ist an Sie adressiert.«
Die Vergnügungspavillons hatten kurz nach Mitternacht geschlossen, wie an Wochenenden üblich, wenn es weder eine Sonderveranstaltung noch einen Maskenball gab. Artemas blickte auf die Uhr, als er durch den dunklen Garten auf das Geisterhaus zuging. Im Schein von Zacharys Laterne konnte er erkennen, dass es kurz vor zwei Uhr morgens war. »Sind Sie sicher, dass der Mann tot und nicht betrunken oder krank ist?«
Zachary fuhr sichtlich ein Schauer über den Rücken. »Glauben Sie mir, Sir, er ist mausetot. Er hat mir einen Riesenschrecken versetzt, so viel kann ich Ihnen versichern. Hätte glatt an Gespenster glauben können, als ich ihn sah.«
»Und die Nachricht? Wo ist sie?«
»Sie ist an seinem Mantel festgesteckt. Ich habe sie nicht angefasst.«
Außerhalb der Öffnungszeiten boten die Vergnügungsgärten ein vollkommen anderes Bild. Ohne die glitzernden Reflexe Hunderter bunter Laternen, die die Wege beleuchteten, lag alles in tiefen Schatten. Der leichte Nebel verstärkte noch die düstere Nacht. Die Pavillons wirkten unheimlich, ihre Fenster dunkel und undurchdringlich.
Artemas hielt an dem Schlagbaum an, der die Besucher von dem noch nicht fertig gestellten Geisterhaus fern hielt. Zachary hielt die Laterne höher, damit er das Tor aufschließen konnte.
Auf der anderen Seite eilten sie den gewundenen Weg bis zum Geisterhaus entlang. Als sie die Tür erreicht hatten, zögerte Zachary.
»Geben Sie mir die Laterne.« Artemas nahm sie ihm ab. »Es besteht kein Grund, dass wir beide hineingehen.«
»Ich habe keine Angst vor einem toten Mann«, beharrte Zachary. »Ich habe ihn bereits gesehen.«
»Ich weiß. Mir wäre es aber trotzdem lieber, wenn Sie hier draußen blieben und aufpassten.«
Zachary schien erleichtert. »Also gut, Sir. Ich stehe Wache.«
Artemas hielt inne. »Was, glauben Sie, wird Beth hierüber erzählen?«
»Beth hat einen mächtigen Schock bekommen. Sie hält es für meine Schuld und glaubt, es sei Teil der neuen Attraktion. Ich habe ihr nicht verraten, dass die Leiche eine echte Leiche ist.«
»Ausgezeichnet.« Artemas öffnete die Tür und betrat die Eingangshalle. Die Schleier einiger künstlicher Spinnenweben glitten ihm über die Arme. Der auf einer Säule ruhende Totenkopf grinste.
Er ging zu der Nische, in der Zachary ein künstliches Skelett hatte aufhängen wollen. Dann sah er die Leiche. Sie lag ausgestreckt auf dem Boden und hatte das Gesicht der Wand zugewandt. Das Licht zeigte ein paar teure Hosen und einen dunklen Mantel.
Das Hemd war von Blut durchtränkt, doch fand sich davon nichts auf dem Boden. Hier war der Mann nicht erschossen worden, folgerte Artemas. Er war an einem anderen Ort ermordet worden, doch hatte sich sein Mörder die Mühe gemacht, den Leichnam bis hierher zu tragen.
Er beugte sich über die Leiche und ließ die Laterne sein allzu blasses Gesicht beleuchten.
Oswynn.
Artemas wurde von kalter Wut gepackt. Die Hand an dem Laternengriff formte sich zu einer Faust.
Die blutgetränkte Notiz befand sich genau dort, wo Zachary es beschrieben hatte. Sie war an Oswynns Mantel geheftet. Daneben lag ein Uhrensiegel, in das der Kopf eines Hengstes eingraviert war.
Bemüht, das getrocknete Blut nicht zu berühren, hob Artemas den Brief auf und öffnete ihn. Eilig überflog er die Nachricht.
Betrachten Sie dies sowohl als Gefälligkeit als auch als Warnung, Sir. Halten Sie sich aus meinen Angelegenheiten heraus, dann werde ich mich aus den Ihren heraushalten. Und übrigens, seien Sie so freundlich und grüßen Sie mir meine Frau.
16. Kapitel
Noch vor dem
Weitere Kostenlose Bücher