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Heißes Versprechen

Titel: Heißes Versprechen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amanda Quick
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gesogen habe.«
    Sie blickte unerschrocken in die Flamme, bis diese ihr gesamtes Blickfeld zu füllen schien. Der Duft der Kerze, leicht, doch vielfältig, füllte ihr Schlafzimmer. Vor wenigen Minuten hatte sie die schweren Gardinen zugezogen und die Tür verschlossen, um ganz für sich zu sein. Der Raum lag in schummrigem Licht. Die gedämpften Stimmen des Haushalts und der Straße traten in den Hintergrund.
    Ihr Vater hatte sie vor Jahren in die Kunst der vanza-Meditation eingewiesen, doch es war Bernice gewesen, die die Kräuter für die Kerzen ausgesucht hatte. Der Duft war zart und beruhigte die Sinne. Ähnlich wie die Düfte in Frau Moss’ Laden rührte er an Erinnerungen der Vergangenheit. Bilder kamen ihr flüchtig in den Sinn: wie ihr Vater sich zu ihr hinunterbeugte und ihr bei der Dechiffrierung eines besonders schwierigen, alten Textes behilflich war.
    An ihre Mutter hatte sie keinerlei Erinnerungen, da sie bereits ein Jahr nach ihrer Geburt verstorben war. Doch an Bernice besaß sie zahlreiche Erinnerungen. Es war Bernice gewesen, die in den Haushalt der Reeds gezogen war, um sich um ihren trauernden älteren Bruder und dessen kleine Tochter zu kümmern. Es war Bernice gewesen, lebhaft, fröhlich, warmherzig und voller Zuneigung, die sich als der sichere Anker für alle erwiesen hatte, die nach Elizabeth Reeds Tod danach verlangten.
    Bernice hatte Madeline in ihr Herz geschlossen und ihr die Liebe und Zuneigung einer Mutter gegeben. Sie hatte dem chaotischen Haushalt eine feste Hand verliehen. Sie hatte ihren am Boden zerstörten Bruder dazu gezwungen, aus dem Abgrund, in den ihn der Tod seiner Frau geworfen hatte, wieder heraufzusteigen.
    Bei näherer Betrachtung war es nicht das lebenslange Van-za-Studium ihres Vaters gewesen, das die Familie in Krisenzeiten gerettet hatte, dachte Madeline. Es war Bernice gewesen.
    Vorsichtig löste sie sich von den Darstellungen ihrer Vergangenheit und ließ die Bilder jener höllischen Landschaft ihres immer wiederkehrenden Albtraums wie ein Geist durch ihren Kopf wehen. Eigentlich wollte sie ihren Traum nicht genauer ausforschen, doch blieb ihr keine andere Wahl. Bei ihrem letzten Traum war irgendetwas anders gewesen, etwas, das sie unbedingt nachvollziehen und begreifen musste.
    Die Zeit verstrich, und sie versank tiefer in den Bildern in ihrem Kopf. So tief, dass sie wieder die züngelnden Flammen vor Augen hatte und den Eisenschlüssel in ihrer Hand fühlen konnte. Auf dem Teppich sah sie etwas golden aufleuchten.
    Genau wie in ihrem Traum wurde ihr eiskalt. Ihre Finger zitterten, doch wandte sie sich nicht von den Bildern ab. Auf Grund von Artemas’ Nachfragen war ihr die Idee gekommen, sich die Szenen des Albtraums noch einmal während einer Meditation vor Augen zu führen. Gestern Nacht waren ihre Ausführungen durch Zacharys Erscheinen an der Küchentür unterbrochen worden. Den ganzen Tag über hatte sie das unbestimmte Gefühl gehabt, Artemas etwas sehr Wichtiges aus dem nunmehr leicht veränderten Traum nicht erzählt zu haben.
    An Renwicks Spazierstock hatte er großes Interesse gezeigt, doch war das ein so gewöhnliches Vorkommnis ihres Albtraums, dass sie ihn sich nicht näher betrachten wollte. Der elegante Stock war nicht bedeutsam, sondern lediglich Beleg für Deveridges Eitelkeit. Der Schlüssel war es, der sie heute interessierte. Seit dem Brand hatte sie den schrecklichen Albtraum unzählige Male geträumt. Manche Bilder veränderten sich ein wenig, doch alle waren von der wachsenden Angst durchtränkt, dass es ihr nicht gelingen würde, das Schlafzimmer aufzuschließen. Dennoch konnte sie sich an kein einziges Mal erinnern, wo Renwicks tote Hand sich nach dem Schlüssel ausgestreckt hatte, der wieder und wieder ihrer Hand entglitt.
    Sie bemühte sich, die Visionen nicht zu erzwingen. Mit Hilfe der Kerze und gewissenhafter Konzentration traten sie auch ohne ihr Zutun an die Oberfläche. Die Flammen, Renwicks hallendes Lachen, der Gestank des Rauchs, das alles spielte sich in ihrem Kopf ab.
    Der Schlüssel fiel ihr aus der Hand. Sie beugte sich hinunter, um ihn aufzuheben. Renwick lachte. Sie wandte den Kopf um ihn anzusehen.
    Mit seiner toten Hand streckte er sich nach dem Schlüssel
    aus ...
    Die Flamme der Kerze flackerte auf und erlosch. Plötzlich lag der Raum in tiefen Schatten.
    Sie hatte kaum Zeit wahrzunehmen, dass sie es war, die laut aufgeschrien und die Kerze umgeworfen hatte, als sie Stiefel auf der Treppe hörte. Eine Sekunde

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