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Heisskalte Glut

Heisskalte Glut

Titel: Heisskalte Glut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Linda Howard
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hilfsbedürftig wie ein Kleinkind. Sie mußte
bleiben.
    Sie saß den ganzen Nachmittag auf dem Baumstumpf, zu hilflos und
verzweifelt, um ihre gewohnten Pflichten zu verrichten. Sie fühlte sich wie
unter einer Guillotine, deren Beil drohend über ihr schwebte. Als die Dämmerung
hereinbrach, verstärkte sich ihre Anspannung, so als ob jeder ihrer Nerven
brach läge. Sie hätte am liebsten geschrien, um die Stille zu erschüttern.
Scottie war von seinem Schlaf aufgewacht und hatte wieder zu spielen begonnen,
ohne sich jedoch allzu weit von ihr zu entfernen.
    Aber der Abend kam, und das Beil war noch immer nicht gefallen.
Scottie hatte Hunger, zupfte an ihr und wollte ins Haus. Unwillig stand Faith
auf und brachte ihn hinein, als Russ und Nicky sich gerade auf den Weg zu ihren
nächtlichen Vergnügungen machten. Jodie hatte das gelbe Kleid angezogen und
war ebenfalls gegangen.
    Vielleicht hatte Jodie ja recht, dachte Faith, und Gray hatte
lediglich Dampf abgelassen und es mit seinen Drohungen nicht ernst gemeint.
Vielleicht hatte ja auch Guy während des Tages Kontakt mit seiner Familie
aufgenommen und die Situation dadurch etwas entspannt. Er konnte seine Meinung
geändert haben oder behaupten, Renee sei gar nicht bei ihm. Alles war möglich.
    Aber wie auch immer die Lage sein mochte, sie glaubte nicht an
eine Rückkehr von Renee. Und sollte Guy tatsächlich zurückkehren, gäbe es dann
keinerlei Grund mehr, ihnen die Baracke weiterhin zur Verfügung zu stellen. Sie
war zwar nichts Überwältigendes, aber sie bot ihnen ein Dach über dem Kopf. Außerdem kostete sie nichts. Aber nein, ihre
Hoffnungen waren vergeblich. Sie mußte vernünftig denken. So oder so würden
sie hier weggehen müssen, wenn nicht heute, dann eben in der nahen Zukunft. Wie
sie jedoch ihren Vater kannte, würde der keinerlei Anstalten machen zu gehen,
wenn er nicht dazu gezwungen würde. Er würde jede freie Minute nutzen, die ihm
die Rouillards noch zugestanden.
    Sie fütterte und badete Scottie, dann brachte sie ihn ins Bett.
Wieder hatte sie einen Abend allein für sich. Sie beeilte sich zu baden und zog
ihr Nachthemd über. Als sie jedoch ihr kostbares Buch hervorgeholt hatte,
konnte sie sich nicht darauf konzentrieren. Die Szene am Morgen wiederholte
sich ständig in ihrem Kopf, wie ein immer wieder zurückgespulter Film. Jedesmal,
wenn sie an die Verachtung in Grays Blick dachte, stach ein solcher Schmerz in
ihre Brust, daß sie kaum noch Luft bekam. Sie drehte sich um, vergrub das
Gesicht im Kopfkissen und unterdrückte ihre heißen Tränen. Sie liebte ihn so
sehr. Und er verabscheute sie, weil sie eine Devlin war.
    Erschöpft von der unruhigen letzten Nacht und dem entsetzlichen
Tag verfiel sie in eine Art Halbschlaf. Da sie ohnehin einen leichten Schlaf
hatte und aufmerksam wie eine Katze war, wachte sie jedesmal auf, wenn eines
der Familienmitglieder nach Hause zurückkehrte. Ihr Vater kam als erster.
Natürlich war er betrunken, aber ausnahmsweise verlangte er nicht nach einer
Mahlzeit, die er dann ohnehin stehenlassen würde. Faith lauschte, als er in
sein Schlafzimmer torkelte. Nur wenig später hörte sie das gewohnte laute
Schnarchen.
    Jodie kam gegen elf nach Hause. Sie war einsilbig und schmollte.
Ihr Abend war offensichtlich nicht so verlaufen, wie sie es sich vorgestellt
hatte. Faith jedoch lag still unter ihrer Decke und stellte ihr keinerlei
Fragen. Jodie zog das gelbe Kleid aus und warf es in die Zimmerecke. Dann
knallte sie sich auf die Pritsche und drehte Faith den Rücken zu.
    Heute blieb keiner lange fort. Die Jungen kamen nicht viel später,
machten einen Höllenlärm und weckten wie gewöhnlich Scottie auf. Faith aber
blieb liegen, und schon bald war alles ganz still.
    Alle waren nach Hause gekommen, alle bis auf Mama. Faith weinte
lautlos vor sich hin, wischte sich mit dem Laken die Tränen ab und war schon
bald wieder eingeschlafen.
    Ein lauter Knall riß sie vollkommen verwirrt
und erschrocken in die Höhe. Ein grelles Licht schien ihr direkt in die Augen,
so daß sie nichts mehr erkennen konnte, dann riß eine rauhe Hand sie von ihrer
Pritsche herunter. Faith schrie und versuchte sich dem schmerzhaften Zugriff zu
entziehen. Sie sträubte sich, aber wer immer der Angreifer auch war, er hob sie
einfach hoch – sie wog ja kaum mehr als ein Kind – und zerrte sie quer durch
die Baracke. Neben ihrem eigenen Geschrei hörte sie Scotties Schreie, das
Fluchen ihres Vaters, das Gebrüll ihrer Brüder und Jodies

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